Kapitel 68 - Armes, kleines Mädchen

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Es ist schön Harry zuzuhören. Immer, wenn etwas Lustiges in der Geschichte passiert, lachen alle. Und wenn etwas Trauriges passiert seufzen alle.

Natürlich bis auf Carl. Der grummelt immer noch vor sich hin.

Schlussendlich kann ich mir niemand anderen zwischen Tammy und mir vorstellen, der diesen kranken Menschen vorliest und es schafft ihnen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.

Ich denke, dass das etwas ist, was Harry zu einem so einzigartigen Menschen macht. Er gibt sich so viel Mühe und steckt so viel Arbeit in seine Geschichten und kümmert sich so liebevoll um diese Leute, dass man meinen könnte, er hätte ein Herz aus Gold. Was er wahrscheinlich auch hat.

".... Ende", sagt Harry und klappt sein Buch zu.

"Das waren bisher meine Lieblingsgeschichten", grinst Tammy und kuschelt sich unter seinen Arm.

"Das sagst du doch jedes Mal, Süße."

"Sie waren heute wirklich gut", lächelt Bronnie und die andren Stimmen ihr zu.

"Was sagst du Carl? Ich könnte schwören, dass ich da ein kleines Lächeln auf deinen Lippen gesehen hab, während ich gelesen habe", sagt Harry und streichelt Tammy über den Kopf.

Carl schnaubt. "Sie waren nichts Besondres."

"Carl, jetzt sag doch einmal die Wahrheit", lacht Bronnie.

Er rollt mit den Augen und verschränkt die Arme. "Sie waren ganz okay...", sagt er mürrisch leise.

"Okay, dann wird's Zeit zu gehen", ruft der Sanitäter und steht von einer Bank an der Wand auf.

Stöhnend stehen die Leute auf, die noch aufstehen können und der Sanitäter will zu Carl gehen und ihm hoch helfen.

"Fassen Sie mich nicht an", knurrt Carl und schlägt seine Hände weg. "Ich bin zwar alt, aber noch nicht halb tot, wie der Rest hier."

Der Sanitäter hebt entschuldigend die Hände und geht von ihm weg. "Aber ich wünschte es", höre ich ihn leise murmeln, während er zu Bronnie geht.

"Das hab ich gehört!", brüllt Carl und stemmt sich mit seinem Krückstock hoch. "Verzogener Bengel."

Da Harry schon dabei ist Elizabeth zu ihrem Rollstuhl zu tragen, hebe ich mit Tammy die Sitzkissen vom Boden auf.

Sie trägt heute wieder das hellblaue Kopftuch, das perfekt zu ihren Augen passt.

"Tammy, bring sie hier rüber", rufe ich ihr zu, als ich gerade die Kiste aufhalte, von der ich weiß, dass Harry das letzte mal die Kissen dort verstaut hat. 

"Okay", ruft sie zurück und kommt mit drei Kissen in ihren Armen zu mir gejoggt.

Schwer schnaufend kommt sie bei mir an und ihr fallen zwei Kissen runter. Sie sieht wirklich sehr blass aus und man könnte meinen, sie würde jeden Moment umkippen. 

Ich hebe die Kissen auf, nehme ihr das Kissen aus der Hand und verstaue sie in der Kiste. "Ist alles okay?", frage ich sie und knie mich vor sie. 

Tammy nickt schwach und ich merke, dass sie leicht hin und her schaukelt. "Ich bin müde", sagt sie leise und lehnt sich an mich.

"Dann bringen wir dich jetzt wieder zurück ins Bett, damit du dich ausschlafen kannst." Ich versuche so gut wie möglich mir nicht anmerken zu lassen, wie besorgt ich gerade eigentlich bin. "Du solltest nicht so rennen, okay?", sage ich, während ich sie auf meine Hüfte setze und aufstehe.

Tammy wiegt fast nichts und das macht mich noch unruhiger.

Sie legt ihren Kopf auf meine Schulter und nickt.

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