Kapitel 73 - Der Schock meines Lebens

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Ich setze mich an den Esstisch in der Küche und warte auf ein weiteres Spektakel. Ich weiß doch ganz genau, was jetzt passieren wird. Margret wird mir etliche Male sagen, wie sehr ihr alles Leid tut, mir sagen, dass der Alkohol sie zu etwas gemacht hat, das sie gar nicht sein wollte und bettelt nach einer zweiten Chance.

Und ich weiß, dass ich ihr diese nicht geben werde. Ich weiß nicht mal, ob ich ihr - auch wenn sie jetzt die beste Erklärung aller Zeiten auf den Tisch haut - jemals verzeihen könnte. Sie hat meine Kindheit zu einem Höllentrip gemacht und außerdem noch meinen Vater Woche um Woche gekränkt.

Und ich weiß auch, dass Harry wahrscheinlich versuchen wird mir einzureden, dass ich ihr eine zweite Chance geben sollte, denn - wie er sagte - hat jeder Mensch eine zweite Chance verdient. Aber er weiß nicht was er da redet. Er weiß nicht, was Margret mir und meinem Vater angetan hat.

Dennoch wird es spätestens in den nächsten Minuten aufgedeckt werden, denn ich möchte, dass er weiß, was meine Mutter getan hat, damit er endlich anfängt mich zu verstehen und genau die gleiche Person in ihr sieht, wie ich es tue.

Margret und Harry folgen mir in die Küche.

"Setz dich", sage ich zu Margret und deute auf den Stuhl mir gegenüber, während sie immer noch hilflos in der Küche steht.

Sie setzt sich nervös mir gegenüber und scheint den Atem anzuhalten, denn ihr Kopf ist knallrot.

"Ich werde nach oben gehen, damit ihr - ", sagt Harry, ich unterbreche ihn dennoch.

"Nein, geh nicht", flehe ich. "Setz dich zu mir."

Er sieht mich unsicher an.

"Bitte."

Schließlich nickt er und setzt sich neben mich. Harry rückt nahe zu mir ran, damit ich mich nicht so unwohl fühle. Denn das tue ich. Ich fühle mich unheimlich unwohl und würde am liebsten sofort verschwinden.

"Also", seufze ich und sehe Margret an. "Du kannst anfangen."

Kurz sieht sie noch unsicher zwischen Harry und mir hin und her, nickt aber dann und atmet tief ein. "Okay."

Ich spüre Harrys Hand auf meinem Bein. Das beruhigt mich ein wenig und ich bin froh, dass er mir diesen Halt schenkt.

"Du weißt, dass ich viele schlimme Dinge in der Vergangenheit getan habe", fängt Margret leise an und sieht auf die Tischplatte.

"Du meinst die Sache, als du unser ganzes Geld geklaut hast? Oder doch eher die Sache, dass du Woche um Woche dafür gesorgt hast, dass mein Vater keinen Job findet und wir in der schäbigsten Wohnung in Aldbury leben mussten?"

Margret sieht so aus, als würde sie jeden Moment wieder weinen. Aber das ist mir egal. Sie presst die Lippen und sieht schuldbewusst auf ihre Finger.

"Oder die Tatsache, dass du meinen Vater betrogen hast. Ständig. Jahrelang. Mit unendlich vielen belanglosen Typen. Du meinst die schlimmen Sachen?" Ich werde etwas lauter und fühle mich nicht schlecht deswegen. All diese Dinge hat sie getan und sie wird dafür ihren Kopf hinhalten müssen.

Ich höre, dass Harry kurz nach Luft schnappt, als ich all diese schrecklichen Dinge aufgezeigt habe, denn das ist das erste Mal, dass er hört, was Margret wirklich getan hat.

"Ja", sagt Margret mit krächzender Stimme. Die erste Träne fließt ihrer faltige Wange runter und ein schwarzer Strich entsteht, durch ihre Schminke. "Ja, diese Dinge."

"Gut. Also sag mir, was du mir schon die ganze Zeit sagen wolltest." Erwartungsvoll lehne ich mich gegen die Lehne des Stuhl und verschränke die Arme.

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