Hearts Collide

Kapitel 21 - Das ganze mit der Verhü -

Harry und ich  verbrachten noch eine Stunde im Restaurant und sind um halb zwei morgens auf dem Weg zum Campus. 

Gähnend lehne ich wieder meinen Kopf an die Fensterscheibe und schaue den Lichtern und den Straßen beim Vorbeiziehen zu. Das leichte Wackeln des Autos bringt mich immer mehr zum Ermüden. 

"Was hatte es eigentlich mit deinem August zutun?", fragt Harry nach Momenten der Stille. (A.N.:Ich will nur nochmal eindeuten, dass mit 'August' der englische Name gemeint ist und nicht der Monat, also sollte man ihn auch so aussprechen, falls sich welche wundern :D) 

Oh, nein, er weiß es noch. Sofort schäme ich mich wieder und halte mir die Hände vor's Gesicht. "Ich hab gehofft, du hast es vergessen", murmle ich verlegen.  

"Habe ich nicht." Er lacht.

"Das ist wirklich peinlich. Muss das sein?"

"Definitiv, du hast mich wirklich neugierig gemacht."

"Na gut."Ich seufze ergeben und setze mich richtig auf, blicke aber immer noch nur auf die Straße. Schon wieder wundere ich mich, wie leicht es mir fällt, mit Harry so offen über so viele Dinge zu reden. "August ist für mich irgendwie... wie soll ich das sagen? Perfekt? 'Als wir unendlich waren' habe ich schon etliche Male gelesen, einfach nur weil der Autor es geschafft hat eine Figur zu erschaffen, die einfach alles hat."

"Zum Beispiel?"

"Diesen sarkastischen Humor, Mut, Intelligenz und..." Ich werde zum Ende immer leiser. Mir ist das  wirklich unangenehm. 

Harry sieht mich mit erhobener Braue von der Seite an. "Und was?" 

"Er weiß wie es funktioniert. Liebe. August war der erste, der mir gezeigt hat, dass Liebe... existieren kann und wie er in dem Buch um seine Frau gekämpft hat, wie er jede Sekunde, jeden Tages seine große Liebe vermisst hat und..." Ich reibe mir mit der Hand über die Stirn. "Harry, das ist wirklich peinlich."

"Raven, das brauch dir nicht peinlich sein. Ich bin es ja schließlich nur", lächelt er mir aufmunternt zu."Und glaubst du, du findest deinen perfekten August?" 

"Ich weiß es nicht, ich hoffe es." Ich hebe die Knie an meinen Körper und kuschle mich gähnend in den Sitz. 

"Schlaf ruhig, bis wir am Campus sind. Immerhin sind es noch knapp zwanzig Minuten", sagt Harry leise. 

Ich nicke und schließe die Augen. 

Das stoppen des Autos weckt mich auf und ich öffne verschlafen  meine Augen. "Wir sind da", flüstere ich, nachdem ich den Campus erblickt habe. 

"Ja", gähnt Harry. "Dir beim Schnarchen zuzuhören macht wirklich müde."

Ich hab geschnarcht? Oh, Gott. Ich reiße meine Augen auf und starre ihn entsetzt an. "Ich hab geschnarcht?"

Harry wirft den Kopf in den Nacken und lacht laut. "Du solltest aufhören, alles für Ernst zu nehmen, Raven." 

"Du hast echt einen kranken Humor." Augenrollend öffne ich die Autotür und steife aus. Mein Grinsen kann ich trotzdem nicht verbergen. Ich steige aus und beuge mich nochmal ins Auto. "Danke für dein Fahrdienst."

"Danke für diese durchaus interessante Nacht mit interessanten Gesprächen", grinst Harry und startet den Motor.

Ich schließe die Tür und warte noch auf dem Parkplatz bis Harry weggefahren ist. Er winkt mir noch zu und biegt dann um die Kreuzung. Ich atme einmal tief und lasse auf dem Weg in mein Zimmer die letzten Stunden durch meinen Kopf gehen. 

Eigentlich wollte ich ja nur zu einer einfachen Lesung und darauß wurde... ich glaube, die beste Nacht meines Lebens? Ich fange Harry definitiv an zu mögen. Er bringt mich in jeder Sekunde zum Lächeln, egal was er macht. Er hat ständig einen Spruch auf den Lippen und sieht nie etwas zu eng. 

Aber gleichzeitig ist er auch so solidarisch. Harry gibt mir das Gefühl, dass ich mehr bin, als ich von mir denke und das lässt mich gut fühlen. Ja, in seiner Gegenwart fühle ich mich gut. 

Vielleicht brauche ich keine Partys, Drogen oder Alkohol um in meinem Leben Spaß zu haben. Ich denke, das einzige was ich brauche ist Soetwas. Freundschaften.

In dieser Nacht träume ich von grünen Augen und vorbeiziehenden Lichtern. 

Ich werde von meinem Handyklingelton geweckt und stöhne genervt auf. Mit geschlossenen Augen greife ich auf mein Nachttisch und nehme den Anruf an, ohne meine Augen zu öffnen. "Ja?", krächze ich ins Telefon. 

"Ravely? Hast du noch geschlafen?", fragt mich die Person an der anderen Leitung, wo sich nach kurzem Überlegen rausstellt, dass es mein Vater ist. 

"Ganz offensichtlich."

"Tut mir Leid, Mäuschen." Er lacht. "Sieht dir gar nicht ähnlich bis halb zwei zu schlafen."

Sofort reiße ich meine Augen auf und schaue auf die Uhr auf meinem Handy. 1.34 PM. Tatsächlich, ich habe den halben Sonntag geschlafen. "Oh, ehm, ja", stottere ich. "Ich hab letzte Nacht einfach zu lang geschrieben." Mein Dad muss nicht wissen, dass ich letzte Nacht solange mit Harry unterwegs war. Ich hab keine Ahnung, wie er reagieren würde. 

Mein Dad seufzt in die Leitung. "Ravely..."

"Ja?"

"Ich finde es ja gut, dass du viel lernst und schreibst, aber... meinst du nicht, dass du - wenn du schonmal auf einem College bist - eventuell ein paar neue Leute kennenlernen möchtest?" 

Ich runzle verwirrt die Stirn. Selbst mein Dad sagt, dass ich Freundschaften knüpfen sollte. Kurz schweige ich, entschließe mich aber, ihm zu liebe, die Wahrheit zu sagen. "Um ehrlich zu sein, war ich letzte Nacht mit jemandem aus."

"Wirklich? Das freut mich wirklich, Schatz. Ist es deine Zimmerkameradin?"

"Ehm, nein, eigentlich", sage ich unsicher, "war ich mit einem Jungen aus meinem Kurs unterwegs. Harry." 

"Oh." Er ist unverkennbar überrascht. "Na ja, du bist alt genug und ich hoffe du weißt, dass ganze... mit der Verhü - " 

"Oh, Gott, Dad, ja!", unterbreche ich ihn. Darüber will ich mit meinem Vater wirklich nicht reden, "Es ist auch eher nur eine Freundschaft." Ich betone das Wort Freundschaft extra, damit auch keine Missverständnisse aufkommen. 

"Gott sei Dank! Du fehlst mir hier ganz schön. Ohne dich ist die Wohnung so leer."

"Ich vermisse dich auch, Dad. Aber weißt du, wie du nicht mehr so einsam sein würdest?" 

Dad stöhnt genervt ins Telefon, "Schatz, bitte nicht scho -"

"Richtig, wenn du dir eine Frau suchst. Du bist doch noch ein attraktiver Mann. Wenn du einmal alt und runzlig bist, werden die Frauen dir nicht mehr hinterherrennen." Ich grinse breit.

"Ravel - "

"Ich meine, allein schon unsre Nachbarin. Die schmachtet dich doch schon seit Jahren an."

"Ravely!", ruft Dad lachend. "Ich hab dich verstanden."

"Gut, dann solltest du die Chance nutzen und dich endlich mal wieder verlieben."

Ich merke durch das Handy, dass er die Augen verdreht. "Ist ja gut, ich überlege es mir." 

Dad hatte nach meiner Mutter keine Frau mehr an sich rangelassen. Als ich noch klein war, habe ich ihn immer gefragt, wieso er sich keine Frau sucht und er meinte, dass er seine 'Prinzessin' noch nicht gefunden hat. Mit den Jahren merkte ich immer wieder, dass er einzig und allein Angst hat noch einmal so verletzt zu werden, wie Mum es gemacht hat. 

Ich meine, er ist wirklich - für sein Alter - noch ein gutaussehender Mann und ich kenne auch viele Frauen, die sich oft verzweifelt an ihn rangemacht haben. Sogar meine Mathelehrerin aus der Grundschule hat sich damals Hals über Kopf in ihn verliebt, aber er hat ihnen jedesmal nach ein paar Wochen gesagt, dass er für Beziehungen nicht bereit ist und endet am Ende jedes Mal wieder allein. 

"Ich weiß, dass du es nicht tust, aber das solltest du wirklich machen", sage ich. 

"Schatz, ich muss jetzt wieder auflegen. Oma und Opa kommen gleich zu Besuch und mir verbrennt sonst die Lasagne im Ofen. Aber es feut mich, dass du Freunde gefunden hast."

"Ist gut, Dad. Grüß die beiden von mir. Ich hab dich lieb!"

"Dito."