Will ich, dass Harry sein Leid mit mir teilt? Verdammt, ja, ich will, dass er sein Leid mit mir teilt. Ich will ihm so viele Probleme abnehmen und ihn glücklich machen, ihn glücklich sehen. Er ist derjenige, in den ich verloren scheine und ich will endlich diesem Menschen zeigen können, dass er jemanden hat, dem er Vertrauen kann und der ihm Liebe schenkt.
"Ja", sage ich leise, halte meine Augen immer noch geschlossen. "Ja, ich will, dass du mit mir dein Leid teilst."
Er hört kurz auf über meinen Kopf zu streichen und scheint inne zu halten.
Ich wünschte, ich wüsste, was gerade alles in seinem Kopf vorgeht, aber zuerst bin ich froh, dass er sich mir öffnet.
Harry ändert seine Sitzposition und ich lege meinen Kopf auf seinen Schoß. Ich kann nicht behaupten, dass ich aufgeregt vor seinen folgenden Worten bin.
Er fängt wieder an leicht durch mein Haar zu streichen und beginnt: "Ich kann mich noch an den Tag erinnern, an dem festgestellt wurde, dass Gemma krank ist. Ich weiß noch, dass es an einem Dienstag war und es war Winter, es hat geregnet. An dem Tag hat mich meine Mutter nicht mit einem Lächeln auf ihren Lippen von der Schule abgeholt. Ich merkte sofort, dass etwas nicht stimmte, denn sie war ein sehr fröhlicher Mensch, aber dass meine Schwester Krebs hat, war mein letzter Gedanke gewesen. Ich hatte eher mit einer kaputten Waschmaschine gerechnet. Am Anfang haben Dad und Mum mir immer erzählt, dass sie traurig sind, weil sie Oma schon so lange nicht gesehen haben. Doch als dann Gemma immer öfter ins Hospital musste, fing ich natürlich auch als siebenjähriger an, zu verstehen, dass es mehr ist, als nur die Sehnsucht nach Oma. Ich fragte sie ständig was Gemma fehlt und wieso sie so oft ins Krankenhaus muss und ich weiß, dass sie mir im Februar gesagt haben, dass sie krank ist. Eigentlich war es sogar mein Geburtstag... Ich wollte unbedingt wissen, wieso sie nicht zu meinem Geburtstag da ist und da sagten sie es mir. Natürlich habe ich die richtige Krankheit Krebs nicht verstanden, aber ich wusste, dass es schlimm war. Der Krebs war zu diesem Zeitpunkt noch nicht stark in ihrem Körper verbreitet, deshalb gab es noch Chancen sie durch eine Chemo zu retten, doch das zerstörte sie zweifellos noch mehr. Nach ein paar Monaten fielen ihr die Haare aus und ich weiß, dass ab dem Tag, an dem wir sie im Krankenhaus besuchten und wir sie das erste Mal ohne Haare gesehen haben, Dad sich an dem Tag das erste Mal betrunken hat. Und ab dem Tag trank er viel, viel über die Monate verteilt, bis Gemma wieder vom Krankenhaus nach Hause kam. Sie schien geheilt und relativ gesund. Doch, dass das erst der Anfang war, hatte an diesem Zeitpunkt niemand erwartet. Als sie wieder nach Hause kam, kümmerten sich Mum und Dad ständig nur noch um sie, ich war nebensächlich. Ich meine, ich kann es verstehen, Gemma war todkrank und ich nunmal nicht, ich brauchte nicht so viel Hilfe. Dad trank nicht mehr und Mum war wieder glücklich. Nur ich... Ich war es irgendwie nicht. Ich hatte früher schon immer geschrieben, ich habe Tagebuch geführt und an Gemmas 12. Geburtstag habe ich etwas geschrieben, wovon ich selbst überrascht war. Aber keines Falls auf eine positive Weise. Sie bekam an diesem Tag so viele Geschenke von Mum und Dad, die ich niemals in meinem Leben bekommen hätte. Ich war so eifersüchtig auf sie und die Zuneigung, die sie ständig von unsren Eltern bekam. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich an dem Tag in mein Tagebuch geschrieben habe, dass ich mir wünschte, ihre Krankheit würde zurückkommen und ich könnte meine Eltern für mich selbst haben. Verdammt, wenn ich so darüber nachdenke, war ich so ein wütendes Kind. Ich war zu dem Zeitpunkt neun, glaube ich. Ich fing Gemma regelrecht an zu hassen, dafür, dass ich ständig allein war und sie all die Liebe von Mum und Dad bekam, die normalerweise für uns beide bestimmt war. Ich habe kaum noch ein Wort mit ihr geredet und habe rigoros Hasstiraden in meine Notizbücher über sie verfasst. Natürlich habe ich wegen meinem sturen Verhalten ständig Ärger mit Mum gehabt, und sie meinte ständig, ich solle mich glücklich schätzen, dass Gemma noch da ist. Aber das war ich nicht. Und dann... Als ich in die fünfte Klasse kam, wurde wieder Krebs in ihren Lungen diagnostiziert. Alles kam, wie es kommen musste: Dad fing wieder an zu trinken und Gemma war wieder ständig im Krankenhaus. Ich hatte dir ja schon damals am Strand erzählt, dass mein Vater meine Mutter, ähm..."
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Hearts Collide
Fanfiction"Ihr Herz war ein geheimer Garten und die Mauern waren ziemlich hoch." - William Goldmann Dann traf sie diesen Schriftsteller auf dem College. Er war gutaussehend, charmant, hatte ein nettes Lächeln und nahm die Welt wie sie war. Sie wusste nicht da...