Kapitel 101 - Es ist soweit

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Mir stockt der Atem.

Sie redet von dem Versprechen, dass ich ihr damals in der Umkleide gegeben habe, als wir ihr das Kleid gekauft haben. Hat sie Harry auch danach gefragt? Und das Allerwichtigste ist: Wie zur Hölle kommt sie darauf zu sagen, dass sie in den Himmel geht? Ich dachte immer, dass sie noch zu jung ist, um zu verstehen, dass sie... sterben wird.

Ich sehe überfordert zu Harry.

Ihm ist jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen und er scheint genau so wenig, wie ich, zu wissen, was er sagen soll. Aber ich kann nicht sagen, ob er so geschockt ist, weil Tammy will, dass wir heiraten, oder die Tatsache, dass sie weiß, dass sie sterben wird.

Ich sage als erster was, weil ich sie nicht traurig machen möchte. "Schatz, ich habe es dir doch versprochen", sage ich und schiebe den Stuhl, der am Fenster steht, neben ihr Bett, um mich darauf zu setzen. Ich sehe zu Harry und sage: "Und anscheinend hat es Harry dir auch versprochen."

Er lächelt mich an, aber seine Augen sind immer noch traurig.

Ich frage mich, wann sie ihn danach gefragt hat.

"Raven hat recht", sagt er und streicht ihr leicht über den Kopf. "Versprochen ist versprochen, das weißt du doch." Seine Stimme ist traurig.

Tammy schließt die Augen und ihre Mundwinkel gehen leicht nach oben. "Gut", wispert sie. Sie öffnet wieder langsam die Augen und sieht mich an. "Ich wünsche mir, dass dein Kleid so schön wird, wie meins."

Ich schürze die Lippen und muss schlucken. O, Tammy...

"Kein Kleid wird so schön sein, wie deins", sage ich leise.

"Aber wir werden unser Bestes versuchen", sagt Harry. Er lächelt leicht.

Dieses Gespräch ist so schmerzhaft.

"Und ihr müsst euch immer lieben. Ich will, dass ihr nie böse aufeinander seit...", meint Tammy mit gebrochener Stimme.

Der Kloß in meinem Hals wird immer größer und mir fällt das Sprechen immer schwerer.

"Versprochen", sagt Harry und beugt sich zu ihr, um ihre Stirn zu küssen.

Tammy sieht jetzt wieder mich an und ich sage: "Versprochen."

Sie schließt wieder schwach die Augen. "Doktor McQueen kann jetzt wieder reinkommen."

Harry grinst und seine Grübchen stechen heraus.

Ich stehe auf und hole Robert wieder rein.

"Alles Geheimnisse ausgeplaudert?", fragt er, als er wieder reinkommt.

"Ja, alles geklärt", sage ich und setze mich wieder auf den Stuhl neben Tammy's Bett.

Wir waren ungefähr noch eine Stunde bei Tammy im Zimmer und haben mit ihr geredet. Sie wurde schnell müde und immer schwächer, deshalb schlief sie auch schnell ein.

Robert verabschiedete sich von uns mit einer festen Umarmung und er sagte noch: "Es ist jetzt so weit."

Als er das sagte, hat Harry nur genickt und hat seitdem kein einziges Mal gelächelt, die ganze Autofahrt nicht.

Wir haben beide von der ersten Sekunde an gemerkt, dass Tammy's Leben in den nächsten Tagen aufhören wird. Auch die Tatsache, dass sie sagte, sie würde in den Himmel kommen, hat uns noch mehr die Augen geöffnet. Es macht jetzt keinen Sinn mehr, sich selbst Hoffnung einzureden. Es ist jetzt so weit.

"Ich fahre dich zurück zum Campus, ich muss noch für morgen schreiben", sagt Harry, als er an der Ampel hält, die noch eine Straße vom Campus entfernt ist.

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