Hearts Collide

Kapitel 25 - Nicht so spießig sein

Jetzt heißt es also nur noch Harry und ich, denn Cate ist mindestens noch hundert Meter hinter uns. 

Ich sehe das Ziel schon von Weitem und Harry und ich sind immer noch gleich auf. Mir kommt ein Tipp von meinem Dad in den Sinn, den er mir mal verraten hat, als ich noch klein war, wie ich locker jeden aus dem Konzept bringen kann. 

Ohne viel nachzudenken gebe ich Vollgas und trete gleichzeitig ein wenig auf die Bremse. Ich rieche schon den Rauch, der um mich rum steigt und tue so, als wüsste ich nicht, was hier gerade passiert. "Scheiße, Harry!", schreie ich und zeige hektisch auf mein Kart. 

"Du rauchst!", ruft Harry zu mir, deutet auf meine Hinterreifen und verlangsamt sich. Ich wusste, dass er drauf reinfällt. 

Ich fahre ebenfalls langsamer, halte aber immer noch die Bremse, damit der Rauch immer mehr wird. 

"Raven, du musst von dem Ding runter!" Er verlangsamt sein Kart.

Ich nicke und passe mich seiner Geschiwindigkeit an. 

Cate kommt uns immer näher und da ich es nicht riskieren kann, dass sie erster wird, trete ich kurzerhand voll aufs Gas und düße vor Harry's Augen einfach davon. Mir entging währendessen auch nicht sein verdutztes Gesicht. 

Im Ziel angekommen stelle ich mich an den Rand und warte auf die andren. Cate kommt nach mir und danach Harry. 

Niall ist vierter, dann Liam und Louis ist immer noch am Fahren. Jo kämpft immer noch mit dem Ast. 

"Wow, ich wusste gar nicht, dass du das so gut kannst", sagt Cate erstaunt, während sie neben mir hält und ihren Helm abzieht. 

Ich ziehe meinen Helm auch ab und grinse stolz. "Ich sagte doch, dass ich früher oft mit meinem Dad gefahren bin."

Harry kommt jetzt ebenfalls angefahren, hält neben Cate und zieht sich den Helm ab. "Ich kann nicht glauben, was gerade passiert ist." Er lacht und schüttelt seine Haare zurecht.

"Rave hat dich fertig gemacht, das ist passiert", meint Niall, der neben mir hält und klopft mir auf die Schulter. 

Ich setze mein breitestes Gewinnerlächeln auf und zeige es stolz Harry. 

"Okay, sofort eine Revanche!", schreit Liam, der gerade angefahren kommt. "Diesen Verlust lasse ich auf keinen Fall auf mir sitzen. Mich haben zwei Mädchen überholt!" 

"Mach dir nichts drauß, man, sie haben uns alle überholt", lacht Niall und steigt aus seinem Kart. 

Wir setzen uns auf eine Bank in der Nähe und beobachten Louis, der gerade noch mit der Strecke und den Kurven kämpft und lachen uns alle halb tot. 

Nachdem Jo und Louis auch endlich ins Ziel gekommen sind, sind wir noch ein paar Runden gefahren und stehen jetzt in der Abenddämmerung vor dem Gebäude. 

"Danke, Leute", seufzt Cate und schließt ihr Auto auf. "Das hab ich wirklich heute gebraucht."

"Wissen wir doch", sagt Liam und nimmt Cate zum Abschied nochmal in den Arm. 

"Ich würde dir ja anbieten deinem Ex-Lover ein paar zu verpassen, aber er ist auch mein Matheprofessor. Ich denke nicht, dass das besonders intelligent wäre", lacht Niall und nimmt Cate auch in den Arm.

Ich wusste gar nicht, dass Niall soetwas tun würde.  

"Nein, ist schon in Ordnung", kichert Cate. 

"Niall und ich gehen aber jetzt, ich muss noch zu meiner Freundin", bemerkt Liam, "Haut rein!". Niall nickt und sie fahren davon. 

"Louis und ich machen uns jetzt auch vom Acker", meint Jo, umarmt Cate und flüstert ihr noch etwas undeutliches ins Ohr. "Normalerweise umarme ich nie jemanden so viel, also gewöhn dich besser nicht an den Anblick." Sie klopft mir kumpelhaft auf die Schulter.

Ich lache und verabschiede mich von Louis und Jo. 

Ich hätte niemals gedacht, dass ich mich so schnell in so kurzer Zeit mit ihnen allen dermaßen gut verstehen werde. Und ich muss zugeben, dass ich unheimlichen Spaß mit ihnen hatte, am liebsten würde ich soetwas jeden Tag machen. 

"Harry", seufzt Cate und sieht ihn betroffen an. Ihre Laune scheint sich im Minutentakt zu ändern. "Kannst du Rave vielleicht zum Campus fahren? Ich will jetzt noch in die Bibliothek." 

Mein inneres Ich macht Luftsprünge und schreit: JA JA JA! Äußerlich jedoch lasse ich  mir nichts anmerken, sondern warte nur auf Harry's Antwort. 

"Klar, kein Problem", meint er und nimmt Cate ebenfalls in den Arm. "Na dann los, Raven." 

"Bis später, Cate." Ich winke ihr zu und folge Harry zu seinem Auto.

Cate lächelt und steigt in ihr Auto. 

"So schnell landest du also wieder in meinem Wagen", bemerkt Harry und startet den Motor.

"Ganz offensichtlich."

"Ich weiß auch schon, wo wir hinfahren werden."

"Zum Campus?"

"Später, ja. Wir haben gerade mal sieben Uhr."

"Na und? Morgen ist Schule."

Harry verdreht die Augen und biegt in eine Einfahrt. "Raven, was hab ich dir gestern noch gesagt?"

"Nicht so spießig sein", murmle ich und sinke weiter in den Sitz. 

"Richtig, also lass dich einfach überraschen. Übrigens war das eine reife Leistung auf der Bahn."

"Mein Dad hat mir den Trick gezeigt, als ich noch klein war", erkläre ich grinsend. 

Harry lächelt leicht und hält an einer roten Ampel an. "Du bist aufregender als du denkst, Raven."

Ich lächle nur zurück und schaue aus dem Fenster. Ich hab keine Ahnung was das zwischen Harry und mir ist, aber ich wünschte, ich wüsste es. Es ist komisch zu wissen, dass ich bei Harry ständig Herzrasen bekomme und es macht mir, um ehrlich zu sein, tierische Angst. 

Ich bin unheimlich froh, dass Harry und ich uns so gut verstehen, aber ich weiß nicht, wie weit ich das gehen lassen möchte. Auch, wenn meine Meinung sich zum Leben und den Menschen verändert hat, habe ich dennoch Angst, dass ich so ende wie mein Vater. Oder Cate. Ich möchte nicht schreien und weinen müssen, weil mich die Person, die ich eigentlich mag, verletzt hat. 

Man kann es auch in den Büchern lesen. Menschen lernen einander kennen, sie verlieben sich, tuen sich weh und enden am Ende mit gebrochenem Herzen.

Es ist schon komisch, darüber nachzudenken, weil ich Harry, an sich, kaum kenne. Ich weiß nur das Grundlegende, ich kenne keine Geheimnisse, die vielleicht mehr von ihm verraten, von seiner Persönlichkeit und seinem Handeln. Ich hab keine Ahnung, wieso er so ist wie er ist und vielleicht sollte ich Angst haben, es herauszufinden. 

"Woran denkst du?", unterbricht Harry stirnrunzelnd meine Gedanken. 

Ich atme einmal tief ein und schaue wieder nach vorne. "Ich hab mich nur gefragt, wo du mit mir hinwillst", lüge ich.