5. Kapitel

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"Mhm", grummelte ich, als mich mein dämlicher Wecker aus meinen Träumen riss. Ich sags euch, bald gibt es tote Wecker! 

"Welcher Vollidiot hat sich ausgedacht, um 8 Uhr die Schule anzufangen?", nuschelte ich schlecht gelaunt in mein Kissen. Während mein Kopf wie verrückt hämmerte, fragte ich mich welcher Pfosten meinen Gehirnzellen einen Minihammer ohne Bedienungsanleitung gegeben hatte. 

"Fuck" Mein Kopf fühlte sich an als würde er gleich explodieren. Langsam richtete ich mich auf, doch leider brachte das herzlich wenig, denn meine Welt oder besser gesagt mein Zimmer drehte sich in alle Richtungen. 

"Warum muss ich mir auch immer die Kante geben?", verfluchte ich mich selbst und wusste jetzt schon, dass es bei der nächsten Party wieder so sein würde. Es machte einfach viel zu viel Spaß und zum Zeitpunkt der Tat würde ich nicht mal im geringsten an die Folgen denken. 

Mein Blick fiel auf das offene Fenster neben meinem Bett. Wie hatte ich es denn da hoch geschafft ohne die ganze Nachbarschaft aus ihren Träumen zu reißen? Ein Wunder, dass das Fenster noch ganz war, Lissy hätte mich umgebracht. 

Nachdem ich gestern wie ein aufgeschrecktes Reh aufgesprungen war, hatte ich es irgendwie geschafft zusammen mit den bekifften und angetrunkenen Jungs im Meer, am späten Abend, im arschkalten Wasser, baden zu gehen. Ach du scheiße. Dabei hatte ich für meine Verhältnisse nicht mal viel Intus. Zumindest konnte ich mich auch wenn ich mich komplett weggeschossen hatte am nächsten morgen noch an alles Erinnern. Obwohl ich mir manchmal wünschte ein paar Dinge zu vergessen um sie einfach aus meinen Lebenserfahrungen streichen zu können. 

Quälend langsam richtete ich mich auf, um ins Badezimmer zu gehen. Meine Kopfschmerzen ließen jeden Schritt zur Qual werden und als ich mich im Spiegel sah, bestätigte sich meine Vermutung wie ein Zombie auszusehen. Tiefe Augenringe zierten mein Gesicht, meine Schminke war bis zum geht nicht mehr verschmiert und meine Haare waren schlimmer als ein zerruptes Vogelnest. 

Genervt stieg ich unter die Dusche, um erstmal mein äußeres halbwegs in Ordnung zu bringen, bevor ich nach Grapefruit duftend und im Handtuch bekleidet zu meinem Kleiderschrank tappste. Mhm, was zieh ich denn heute wieder schönes an. Eine schwarze Cargohose fiel mir ins Auge, dazu ein weinrotes Croptop und meine Lederjacke. Jap, das war es, das Outfit des Tages. 

Meine Uhr zeigte mir an, dass ich noch eine halbe Stunde Zeit hatte um mich anzuziehen, meine Haare zu machen, mich zu schminken und zur Schule zu fahren. Es war kurz vor Acht als ich meinen Allerwertesten in mein Auto schwang und in einem gemütlichen Tempo zur Schule fuhr. Den Bonus der Neuen musste man ja schließlich ausnutzen! Auch wenn ich das öfter als nötig tat. 

Der Schulhof des Höllenhauses war Menschenleer, als ich auf den Parkplatz fuhr. Oder besser gesagt fahren wollte, denn irgendein Idiot war der Meinung mir die Vorfahrt schnippeln zu müssen und auf MEINEN Parkplatz zu fahren. Okey es war nicht meiner, aber egal. Wen juckts. 

Angepisst fuhr ich 10 Meter weiter in eine Parklücke und stieg mit meiner Sonnenbrille auf den Augen aus um wütend auf den Fahrer des Autos zuzustampfen. "Ey du Arschloch, geht's noch!? Du kannst mir doch nicht einfach die Vorfahrt schnippeln!", schnauzte ich irgend so ein groß gewachsenen, schwarzhaariger Spaten an. Auch er trug eine Sonnenbrille, was es mir schwerer machte ihn zu provozieren. "Süße, chill mal. Ist ja nicht so, dass du, außer einem Kratzer an deinem Stolz einen Schaden davongetragen hast. Und wenn du mich jetzt bitte durchlassen würdest. Ich bin schon ziemlich spät dran, der Unterricht ist nämlich sehr wichtig, weißt du das?", sagte er ironisch, schubste mich zur Seite und lief dann gemütlich, ohne mir auch nur noch einen Blick zu würdigen Richtung Schulgebäude. 

"Fick dich du Arschloch!", schrie ich ihm wütend hinterher. Was ein arroganter Kerl. Wieso liefen die Mädchen ausgerechnet den Herzensbrechern hinterher. Ist ja krank. Liebe ist krank. Noch schlechter gelaunt als zuvor und immer noch mit Kopfschmerzen überquerte ich den Schulhof und lief dann auf meinen schwarzen Blockabsatzboots die Treppe nach oben ins Sekretariat. Wenn man so oft wie ich die Schule wechselte, wusste man irgendwann auch ohne Schilder wo das Sekretariat war. Im Grunde war doch jede Schule gleich aufgebaut. 

Ohne zu klopfen riss ich die Tür auf und wollte meine Schulunterlagen abholen, als ich geschockt die Augen aufriss und wieder gradewegs durch die Tür aus dem Raum verschwand. Entsetzt und definitiv traumatisiert starrte ich auf die Tür. Ach du Scheiße, ich hatte gerade die Sekretärin und vermutlich den Direktor knutschend auf dem Schreibtisch erwischt. Eww, wie ekelhaft. Ich schüttelte mich, bevor ich anklopfte und solange wartete bis ein "Herein" erklang. 

Vorsichtig und mit bedachten Schritten öffnete ich die Tür, wobei ich mir noch kurz die Hand vor die Augen hielt, und ging in das Zimmer rein. Eine blondhaarige zierliche Frau mit Rock, Bluse und High Heels saß an ihrem Schreibtisch und sah mich mit knallrotem Kopf und völlig aus dem Konzept gebracht an. Ihre Schminke war komplett verschmiert und ihre Haare standen in alle Richtungen vom Kopf ab. Ihre Bluse war völlig falsch zusammengeknöpft und ihre Hände zitterten wie verrückt. Im Moment tat mir aber nur eins Leid und das war ich selbst, die so einen Anblick ertragen musste. Hilfe, ich brauch einen Psychologen! 

"H-Hallo, wie kann ich di- , ich meine Ihnen weiterhelfen?", stammelte sie vor sich hin. "Avery Collin, die Neue. Ich würde vorschlagen Sie geben mir meine Unterlagen und dann bin ich schon weg.", sagte ich zuckersüß. "Ähm ja, warte-, ich meine warten Sie eine Sekunde.", erwiderte sie und gab mir nach ein paar Minuten meinen Zugang zu einer Schuleigenen App für Stundenpläne und Nachrichten von Lehrern, meine Bücher und meine Spind Nummer. Wow, die erste Schule, die den ersten Schritt aus der Steinzeit wagte, ich staunte. "Ähm, der Direktor wollte noch mit Ihnen reden. Einfach die Tür dort rechts. Aber bitte Klopfe an!", sagte sie fast schon panisch. Genervt verdrehte ich die Augen und klopfte dann, natürlich aus Sicherheitsgründen meiner eigenen Psyche an der Tür an und trat nach drinnen. 

"Hallo Miss Collin, ich rede nicht lange um den heißen Brei und sage es gleich direkt. Ich habe von Ihren kleinen Streichen an den anderen Schulen gehört. Sie sollten wissen, dass Sie nicht mehr so viele Chancen haben ihre Schulzeit erfolgreich abzuschließen, deshalb rate ich Ihnen dringendsten ihre kleinen kindischen Streiche zu lassen, sonst wird das Konsequenzen für Sie haben." Mein Augenbrauen wanderten in die Höhe und ein teuflisches Grinsen bildete sich auf meinen Lippen, als ich den Ehering an seinem Finger sah. Aha, eine kleine Affäre mit der Sekretärin also. Was ein Klischee. 

"Wissen Sie Herr Direktor. Ihre Frau, wird sicher nicht sehr erfreut sein, wenn sie von Ihrer kleinen Affäre weiß, nicht wahr?", sagte ich ruhig, während seine gefasste Miene in sich zusammenfiel. "Wenn das unter uns dreien bleiben sollte, würde ich Ihnen dringendsten raten, sich nicht mit mir anzulegen. Das könnte fatale Folgen für Ihre kleine Familie haben. Sie wollen doch sicherlich nicht, dass Ihre Tochter mit geschiedenen Eltern aufwachsen muss. Wie traurig wäre das denn." Provozierend und zugleich wie ein Engel, sah ich ihn an und deutete auf das Bild auf seinem Schreibtisch. Eine kleine perfekte Familie strahlte dort in die Kamera. Eine hübsche junge Frau hielt ein etwa drei Jahre altes Kind auf dem Arm. Wie süß. Eine kleine perfekte Welt, die mit einem Satz auseinander brechen könnte. 

"Das würden Sie nicht wagen.", knurrte er bedrohlich, doch ich konnte die Angst und Panik in seinen Augen sehen. Ich teuflisches Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. "Dann schätzen Sie mich wirklich schlecht ein Herr Direktor. Sorgen Sie dafür, dass ich nicht von dieser Schule fliege und ihr kleines Geheimnis kommt nicht ans Licht. Und beenden sie das gefälligst Sie widerlicher Kerl. Ihre Frau und Ihr Kind, haben was besseres verdient, als einen solchen Ehemann und Vater." 

Ich drehte mich um und lief schnurstracks aus dem Zimmer zurück auf den Schulflur. Ein super erster Schultag!

Hold me - Heart of IceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt