51. Kapitel

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Gemeinsam nahmen wir an einem Tisch Platz. Dieser Laden machte die wahrscheinlich besten Burger der ganzen Stadt. Ich liebte die altmodische, gemütliche Atmosphäre, die netten Mitarbeiter und ganz besonders das Essen. Maci, Mace und ich waren oft hier. Sehr oft sogar, beinahe jede Woche.

Die Kellner kannten uns schon so gut wie persönlich und waren sicherlich verwirrt als wir nicht mehr hierherkamen. Nach Macis Tod gab es auch keinen Grund mehr dazu. Ich ertrug es nicht hier zu sein, denn alles erinnerte mich an sie. Umso größer war die Überwindung, die es mich und Mace kostete, hier her zu kommen und uns an unseren Stamtisch zu setzten.

"Guten Tag und herzlich Willkommen in unserem Diner. Was darf ich euch bri-" Als die ältere Dame aufblickte und uns zum ersten Mal ansah riss sie die Augen auf. "Träum ich?" Sie kniff sich geschockt in den Arm und betrachtete uns als wären wir Geister. Dann zog sie sich einen Kollegen zu sich. " Siehst du die beiden da auch?" Misstrauisch musterte sie die Situation, während der junge Mann neben ihr ein wenig unbeholfen nickte.

Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. "Hallo Martha. Ich freue mich auch dich zu sehen." "Oh Liebes, ich dachte schon ich sehe euch nie wieder." Mace und ich tauschten zwei amüsierte Blicke aus. "Wie kannst du nur sowas sagen, wie könnten wir ohne das tolle Essen hier überleben?"

"Das ist echt lieb von euch. Los erzählt mal, wie geht es euch so?" Ich lehnte mich zurück und unterdrückte die aufkommende Trauer. Ich wusste was sie meinte. Seit Maci's Beerdigung waren wir nie wieder hier. Es war ihr Wunsch gewesen, dass wir hier, nachdem sie von uns gegangen war, essen gehen und das taten wir auch. Ein letztes Mal und dann nie wieder. Bis heute.

"Ganz ok, es wird besser.", mit einem müden Lächeln schaute Mace zu Martha hoch. Sie versuchte es zu verstecken, aber man sah ihr an, dass auch sie Maci vermisste.

"Das ist schön zu hören." Dann nahm sie einen kleinen Block und einen Stift heraus. "Lasst mich raten. Zwei Mal das Burgermenü mit extra Käse und dazu Cola?" Schmunzelnd sah ich sie an. "Dass du das noch weißt."

"Das durfte ich ja auch fast ein ganzes Jahr lang wöchentlich aufschreiben." Grinsend schüttelte ich den Kopf. "Du bist echt der Hammer Martha." Es war schwer zu glauben, aber wir waren früher fast jede Woche hier. Natürlich nicht, wo wir quer durch das Land gereist waren, aber solange wir in der Nähe waren, war dieses Diner ein Rückzugsort für uns. Wie eine Tradition, die verloren gegangen war und die wir nun wieder zurückholten.

"Es ist echt unglaublich, dass wir uns noch nicht verdoppelt haben, soviel Essen wie wir hier schon zu uns genommen haben." Ich schmunzelte, erwiderte aber nichts.

Mace war der Erste und auch der Einzige, der es nach allem was passiert war schaffte, ein ehrliches Lachen in mir hervorzubringen. Entweder war es künstlich einstudiert oder ich ließ es einfach gleichbleiben. Kein Mensch außer er schaffte es mich auch in den schlimmsten Situationen zum Lachen zu bringen.

Und ich wusste ehrlich nicht, ob das gut oder schlecht sein sollte.

"An was denkst du?" Wenn man vom Teufel spricht, naja oder eher dachte. "Willst du das wirklich wissen?", grinste ich ihn an. Ich versuchte meinen Gesichtsausdruck locker zu lassen. "Klar."

"Ich habe nur daran gedacht, dass du der Erste und Einzige bist, der mich in jeder Situation zum Lachen bringen kann." Möglichst lässig versuchte ich mit den Schultern zu zucken, um ihm zu zeigen, dass mir das Thema relativ beiläufig erschien. Niemals durfte er erfahren, dass es mir wichtiger war als es durfte, dass er mir wichtiger war, als er überhaupt durfte. Denn das würde alles zerstören. Ich würde ihn mit in den Abgrund reißen und das durfte niemals geschehen. Das hatte er nicht verdient.

"Dafür sind beste Freunde doch da." Mein Lächeln verrutscht für einen kleinen unscheinbaren Moment, doch er schien es nicht bemerkt zu haben. Warum ging es mir plötzlich so nah, wenn er mich als beste Freundin bezeichnete? Das war es doch was wir waren. Beste Freunde, die sich halfen und gegenseitig hielten. Da war doch nie mehr, oder? Wir waren immer nur Freunde.

Warum merkte ich dann das Ziehen in meiner Brust - gefährlich nah an meinem Herzen? Warum fühlte ich mich dann als würden mir seine Worte die Luft abschnüren?

"Was ist los?" Mace, der meine kurze Abwesenheit natürlich bemerkt hatte sah mich mit gerunzelter Stirn an. So gut wie es ging setzte ich ein Lächeln auf. "Alles gut, ich war nur in Gedanken." Er nickte, doch ich merkte, dass er wusste, dass das noch nicht alles war. Es war beängstigend wie sehr er in mich reinsehen konnte. Er war der Einzige, der es schaffte meine hochgezogenen Mauern einzureißen und auch wenn ich sie viel zu oft, so schnell wie es ging wieder aufbaute und zwanghaft versuchte sie aufrecht zu erhalten, konnte er in dem Moment tief in mich blicken. Es schien mir, als könnte er meine Gedanken lesen, was ganz und gar nicht gut war.

Eine Weile lang schwiegen wir. Jeder hing seinen Gedanken nach, solange bis Martha uns unsere Bestellungen brachte. Sie stellte die herrlich duftenden Bürger vor uns auf den Tisch. Allein bei dem Geruch und Anblick lief mir das Wasser im Mund zusammen.

Mace musste es wohl so ähnlich gehen, denn er stürzte sich gierig darauf, nachdem Martha mit einem "Guten Appetit" zu ein paar anderen Gästen gegangen war.

"Oh mann, hab ich das vermisst" sagte ich genüsslich, als ich einen großen Bissen vom Burger nahm. Das besondere war, da waren nicht nur eine Scheibe Fleisch und ein Salatblatt drauf, sondern noch Speck, verschiedene Kräuter und die wohl besten Soßen, die es gab. Ich könnte mich mein ganzes Leben lang davon ernähren.

"Da kann ich dir nur zustimmen. Ich war schon in so vielen Dinern, aber keiner ist so gut wie dieser." Ich gab ein zustimmendes Geräusch von mir.

Während Mace sich im Raum umsah, nutze ich seinen kleinen Moment der Unaufmerksamkeit und klaute mir einen seiner Pommes. "Hey" Leider war ich nicht ganz so unauffällig wie gedacht, denn schneller als ich reagieren konnte, schlug mir eine Hand auf meine Finger und die Fritte landete auf dem Tisch. Erschrocken und ertappt schaute ich ihn an. Dann sah ich traurig auf die Pommes auf dem Tisch. "Ey, die wollte ich essen", sagte ich und zog einen Schmollmund. "Du hast doch genau dasselbe Essen." Ich zuckte mit den Schultern, bevor sich ein fettes Grinsen auf meinem Gesicht abbildet und ich laut lachen musste.

Währenddessen erklang hinter mir das Läuten der kleinen hellen Klingel. Ich dachte mir nicht viel dabei, aber als ich Mace's Blick sah der sich auf einen Punkt hinter mir fixierte und zu einer kalten Maske überging, wusste ich wer gerade durch diese Tür getreten war.

Hold me - Heart of IceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt