Stumm sah ich an die Decke des Zimmers, während ich der Stille lauschte, die ab und zu von der Heizung durchbrochen wurde. Es war 4 Uhr Nachts und ich hatte wieder einen dieser Albträume.
Warum jetzt? Warum konnte mich meine verdammte Vergangenheit nicht einfach in Ruhe lassen und sich verpissen. Einfach weg gehen und mich in Ruhe in Freiheit leben lassen. Seit ich hier in LA bin geht es nur noch Bergab. Einfach alles.
Leise stand ich auf und tapste dann barfuß über den kalten Holzfußboden in Richtung Balkon. Darauf bedacht, möglichst keine lauten Geräusche von mir zu geben, versuchte ich die gläserne Tür zu öffnen.
Die kalte Nachtluft schwang mir entgegen, als ich es schaffte die Tür zur Seite zu schieben. Schnell griff ich nach einer Decke und meiner Jacke, die auf einem Stuhl hing und zog sie mir über.
Dann trat ich nach draußen und zog die Tür bis auf eine kleine Lücke zu, damit ich später wieder rein konnte. Ich beobachtete die Sterne, während ich mich auf eine kleine Bank setzte, meine Beine anwinkelte und mich in die Decke kuschelte.
Früher saß ich oft mitten in der Nacht draußen und beobachtete die Sterne, weil ich wieder einen Albtraum hatte und nicht schlafen konnte. Ich sah wie damals in den Himmel und erinnerte mich daran wie ich jedes Mal gehofft hatte eine Sternschnuppe zu sehen um mir etwas zu wünschen. Damals hatte ich mir gewünscht, dass alles nur ein mieser Albtraum war und ich jeden Moment aufwachen und mich in meiner kleinen perfekten Welt befinden würde.
Leider war meine Hoffnung vergeblich gewesen. Ich wurde enttäuscht Tag für Tag und beobachtete nur die Sterne, die wie Diamanten am Himmel glitzerten.
Meine Mutter hatte mir früher immer erzählt, da oben seien alle Menschen, die von uns gerissen wurden und nun auf uns herab sahen. Auf uns aufpassen und bei uns waren in all unseren Momenten, auch wenn wir sie nicht sehen konnten.
Ich hatte sooft nach ihrem Tod nach oben gesehen und geredet, in der Hoffnung sie würden es hören und könnten mir eine Tages verzeihen. Ich gab mir unfassbar lange die Schuld an allem und das war es was mich innerlich noch immer zerfraß.
Ich griff in meine Jackentasche und holte eine Schachtel mit Zigaretten heraus. Kurz überlegte ich und nahm mir schlussendlich dann doch eine heraus und zündete sie mir an.
Das Feuer leuchtete in der Dunkelheit auf und tauchte meine Hände in oranges Licht. Die kleine Flamme verbreitete eine angenehme Wärme im Gegensatz zu der Kälte die mich hier draußen umgab. Im Grunde beschrieb das ganze genau mein Inneres.
Ich inhalierte den Rauch und blies ihn dann nach oben in den Himmel. Die Rauchwolke stieg langsam auf und verblasste dann. So ging es eine ganze Weile weiter. Ich saß eingekuschelt in der Decke auf dem Balkon, formte Wolken und dachte nach.
Über meinen Traum, über früher und darüber wie es jetzt weitergehen sollte. Ich konnte nicht einfach wieder zu Lizzy zurück und so tun als wäre nichts. Aber ich wollte auch nicht wochenlang bei Mace bleiben.
Er hatte schon so viele Probleme und ich wollte ihn nicht noch mehr belasten. Natürlich wusste ich er meinte es gut mit mir, aber ich konnte das nicht. Ich konnte mich einfach nicht von heute auf morgen ihm öffnen und ihm alles sagen was ich fühlte. Es ging nicht, das war ich einfach nicht.
Ich habe das letzte halbe Jahr alleine verbracht, hab den größten Mist gebaut und jegliche Gefühle einfach nicht an mich ran gelassen. Ich war glücklich, glücklich frei zu sein, glücklich ich selbst zu sein.
Und dann kam dieses beknackte Jugendamt und hat mich hier her verfrachtet. Hier wo einfach alles schief geht, wo ich mit den Dingen konfrontiert werde, die ich Monate und teilweise Jahre lang verdrängt habe.
Ich wollte das nicht und ich wollte wieder nach Malibu. Zurück in meine Villa, die Abende am Strand zusammen mit meinen Partyfreunden verbringen, meine Lehrer ärgern und Mrs. Whitney auf die Palme bringen.
Stattdessen saß ich hier und sah zu wie meine gesamte Vergangenheit sich wiederholt, alles schief geht und ich in ungewolltem, verdrängtem Schmerz lebe.
Hätten sie mich nicht verlassen wäre vieles anders gekommen und ich wäre jetzt nicht hier. Ich würde weiterhin in meiner kleinen perfekten Welt leben und diese rosa rote Brille tragen. Ich würde die Welt noch immer von ihrer schönen strahlenden Seite sehen, statt von der dunklen gefährlichen.
Jedoch hätte ich auch niemals Maci und vor allem Mace kennengelernt und allein der Gedanke daran tat auf eine komische Art und Weise weh. Ich hatte ihn vermisst, das konnte ich einfach nicht leugnen. Trotzdem war da etwas, was mich innerlich zerriss. Ich konnte ihn einfach nicht wegstoßen, aber auch nicht vollkommen an mich heranlassen.
Es wäre zu gefährlich. Für mich und für ihn.
Irgendwann sah ich wie der Himmel sich am Horizont leicht anfing rosa zu färben. Saß ich etwa schon so lange hier? Ich seufzte und beobachtete wie die Sonne langsam auftauchte und immer mehr zum Vorschein trat.
Sie tauchte die Häuser nach und nach in orangenes Licht und spendete Wärme. Nach weiteren 10 Minuten entschied ich mich dazu langsam wieder nach drin zu gehen und mich umzuziehen.
Meine Beine quetschte ich in eine enge Sporthose und dazu mein Top. Ich hatte immer ein paar Notfallsachen in meinem Rucksack und halt alles was ich sonst noch so brauchte. Er war sozusagen mein bester Freund, wenn ich das tat was ich am besten konnte.
Weglaufen.
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Hold me - Heart of Ice
Teen Fiction(Deutsch) 》Trotzt dieser Leere, die mich in diesem Moment und seit Jahren beschrieb, konnte man die Spannung und die Gefühle in der Luft spüren. Sie hingen wie Blitze um uns und bildeten eine Gitter voller Schmerz, Hass und Erinnerungen. Ich war gef...