19. Kapitel

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"Wie hast du geschlafen?", fragte Mace beiläufig während er das Rührei brat. Ich machte derzeit Kaffee und klaute mir nebenbei immer mal wieder einen der fertigen Bacon Streifen. Aber im Ernst wer machte das nicht. "Hey, du sollst nicht alles schon vorher aufessen." Er schlug mir meine Hände weg. Schmollend beobachtete ich ihn, wie er mir den Teller vor meiner Nase weg schnappte und ihn weit weg von mir stellte.

"Deine Hundeblicke ziehen bei mir nicht, das weißt du.", lachte er und ich setzte mich halb beleidigt auf den Küchentisch. "Und jetzt nochmal zu meiner Frage." Ich zögerte, sollte ich ihm die Wahrheit sagen? "Gut", log ich. Kurz sah er mich an, dann schüttelte er den Kopf. "Und jetzt noch mal die Wahrheit bitte." Wie konnte er nur so leicht merken, dass ich log? "Wie gesagt, ich hab gut geschlafen.", widerholte ich mich. Er lies die Schultern fallen, nahm das Rührei vom Herd und drehte sich zu mir um. 

"Warum lügst du mich an?" Ich wich seinem Blick aus. "Ich lüge dich nicht an." Ich wusste dass er nicht locker lassen würde, solange bis ich ihm die Wahrheit sagen würde. "I-ich-", setzte ich an, doch stockte "Ich kann das nicht.", flüsterte ich und sprang schon fast panisch von der Platte. "Ave bitte, warte doch." Schnell rannte ich ins Bad, schloss die Tür ab und lies mich an ihr hinuntersinken. Zitternd winkelte ich meine Beine an und stütze meine Stirn darauf ab. Ich wollte weinen, doch ich konnte nicht. Zu viel Tränen hatte ich vergossen, der See war zu gefroren, es waren einfach keine mehr da. 

Ich hörte wie er leise an der Tür klopfte. "Ave, bitte mach die Tür auf.", ich reagierte nicht und blieb einfach so sitzen, verdrängte meine Gefühle und schloss meine Augen. "Avery, ich bitte dich. Du kannst nicht immer nur weglaufen und alles verdrängen." Tief atmete ich durch. "Und wie ich das kann.", versuchte ich mit fester Stimme zu sagen, doch gelang es mir nur zur Hälfte. "Du machst es dadurch doch nur noch schlimmer.", tat ich das? Warum hatte ich dann nicht das Gefühl, dass es passierte? Es wurde doch besser. 

"Ave, wir haben doch so viel durchgestanden, du kannst mir doch vertrauen. Was ist los?" ich merkte wie auch er sich an der Tür sinken lies. Wir waren uns so nah, doch trennte uns diese Tür. Und diese Tür sorgte dafür, dass ich mich meilenweit von ihm entfernt fühlte. Es war als befänden wir uns beide in zwei verschiedenen Welten. 

"I-ich hab geträumt. Von ihnen. So wie damals.", sprach ich es aus und lehnte meinen Kopf nach hinten an die Tür an. "Was ist passiert.", fragte er leise "Wir haben zusammen eine Videospiel gespielt, ich hab gewonnen. Ich hab mich gefreut, dann befand ich mich plötzlich in der Schule. Mitten auf dem Gang und jeder hat mich angesehen. Verachtend, überheblich, belustigt. Sie haben über mich geredet, über mich gelästert. Ich bin mit gesenkten Kopf und Tränen in den Augen einfach weitergelaufen und dann gegen jemanden gestoßen. Aus Reflex hab ich nach oben gesehen und hab dann in meine Augen geblickt. Ich hab soviel Ekel und Hass in ihnen gesehen. Dann bin ich aufgewacht. Es hat sich so echt angefühlt, ich hab gedacht ich bin zurück in dieser Zeit." Ich hörte nichts, nur mein Atmen, nur das Klopfen meines Herzens. Das Kühle Holz der Tür berührte meinen Kopf und würde ich nicht hocken, wüsste ich nicht ob meine Beine mich noch halten könnten.

"Machst du die Tür auf? Bitte.", Tief atmete ich durch, dann stand ich langsam auf und drehte den Schlüssel im Schloss um. Ich trat zurück und wartete. Ich wartete dass sich die Tür öffnete und Mace den Raum betrat. Die Tür schwang auf und zwei grüne Augen starrten mich an. Kaum merklich öffnete er seine Arme. Ich zögerte. "Na komm schon her." Ohne noch groß darüber nachzudenken ging ich einfach auf ihn zu und schloss meine Arme um ihn. Und so standen wir einfach so da, umarmten uns. 

Auch wenn es mir schwer fiel musste ich zugeben, dass ich mich gut in seinen Armen fühlte. Und genau das war es was mir seit unserem Widersehen Sorgen machte. Ich hatte Angst, Angst wieder so verletzt und gebrochen zu werden. Angst vor dem was kommen könnte. Angst vor dem bekannten Unbekannten.  

Ich atmete Tief durch und löste mich dann von ihm. "Essen wir dann? Ich hab Hunger.", sagte ich wieder völlig normal und schob mich an ihn vorbei um die Tür zu öffnen. Natürlich hörte ich sein Seufzen und natürlich war mir bewusst, was er dachte. "Avery, bitte. Hör damit auf." Ich ignorierte seine Aussage und nahm mir in der recht modernen Küche die beiden Pfannen um sie in eine Schüssel abzufüllen, bevor ich sie zusammen mir dem Kaffee auf den Tisch stellte.

"Bitte!", verzweifelt raufte er sich die Haare. "Mir geht es gut okey!?", sagte ich ruhig und setzte mich an den Tisch. "Das tut es nicht, das sehe ich doch und das weißt du auch!" Tief in meinem Inneren wusste ich es, aber ich wollte es mir nicht eingestehen, redete mir ein dass alles gut wäre und es mir gut ging.

Ich antworte ihm nicht, sah ihn nur stumm an. Mein Inneres zitterte mehr als alles andere, aber von außen ließ es mich kalt. Ich hatte meine Mauern wieder aufgezogen, ich hatte das aufgetaute Eis wieder gefroren und ich wusste, dass das genau das war, was er nicht wollte.

Nur leider konnte ich es nicht verhindern. 

Die Kontrolle lag nicht in meiner Hand. 

Hold me - Heart of IceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt