"Ich bin ehrlich Mace, irgendwann lasse ich diese Idioten noch verschwinden. Und selbst wenn ich sie dafür in den dunkelsten Ecken eines Waldstücks vergraben muss." Frustriert biss ich von meinem Burger ab.
"Ich hoffe das hast du mit mir nicht vor.", ehrfürchtig sah er mich an. "Du bist der Erste.", murmelte ich und blickte ihn böse an. "Was hab ich denn jetzt schon wieder gemacht?" "Weiß nicht, das überleg' ich mir noch.", lachte ich leicht.
"Du bist doof.", sagte er schmollend. "Nö, ich bin die schlauste, netteste und schönste Person auf der ganzen Welt.", grinste ich selbstverliebt, während Mace einen ironischen Ton von sich gab. "Du bist ja noch schlimmer als ich."
"Dass das möglich ist, bezweifle ich." sagte ich scherzhaft und nahm mich vor seiner fliegenden Serviette in Acht. "Nicht mal treffen kannst du." lachte ich ihn aus. Es fühlte sich gut an zu lachen. Nach all den Jahren in denen ich es nicht getan hatte, war es zu etwas besonderem geworden. Etwas alltäglichem, das nun so ungewohnt geworden war.
Doch so schnell wie der Moment gekommen war, verschwand er auch wieder. Mit einem mal wurde Mace seine Miene völlig ernst und eine unangeneheme Kälte breitete sich in mir aus. Ich wusste was jetzt kam, doch so sehr ich auch versuchte mich darauf vorzubereiten, ich konnte es nicht.
"Du weißt in 4 Tagen wirst du 18 Ave." Betreten sah ich auf meinen Teller hinunter. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, meine Gefühle zu verstecken, doch allein bei dem Gedanken daran wurde mir unfassbar übel. Ich spürte förmlich wie das Eis und das Feuer in mir aufeinandertrafen. Wie in einem Machtkampf stritten sie sich und entfachten damit ein furchtbares Chaos.
Für andere war der Geburtstag ein schöner Tag, für mich war er die reinste Hölle. Während andere vor allem ihren 18ten feierten, Spaß mit ihrer Familie und ihren Freunden hatten, ging es mir an diesem Tag so schlecht wie das ganze Jahr nicht.
Dieser Tag war nichts schönes für mich. Er war nicht nur mein Geburtstag, sondern der Tag mit dem ich am meisten Schmerz verband. Früher haben die Jungs dafür gesorgt, dass er der schönste Tag des ganzen Jahres wurde. Jeder Geburtstag war etwas besonderes, eine Erinnerung bestehend aus einem dauerhaften Lachen, keiner Träne, die nicht mit Freude verbunden war und einem großen Haufen Geschenke.
Das einzige Geschenk was ich heute bekam, war Schmerz. Purer Schmerz. Gedanken an früher, Wut und Entäuschung gegenüber mir selbst und anderen.
Ich würde nie den Morgen vergessen, an dem sie einfach weg waren. Sie mussten noch an meinem Geburtstag gegangen sein, ohne sich zu verabschieden. Ich wusste bis heute nicht was ich falsch gemacht hatte. Warum sie einfach weg waren. Jeden verdammten Tag fragte ich mich was der Grund war und immer kam ich auf die selbe Antwort. Ich wusste es nicht.
Doch der weitaus schlimmere Grund war der Unfall. Der Unfall, der einfach alles verändert hatte. Wie sollte ich einen Tag feiern, an dem meine Eltern gestorben waren. Ein Tag der Schuld daran war, dass ich keine Familie mehr hatte? Ein Tag an dem ich glaubte alles verloren zu haben?
"Du weißt, dass ich an diesem Tag allein sein möchte Mace. Und daran wirst weder du noch irgendjemand anderes etwas ändern." ich versuchte meine Stimme so neutral wie möglich zu halten. Er wusste wie emfndlich ich bei dem Thema war und doch lies er es nicht sein.
"Ich dachte nur, dass du deine Meinung vielleicht geändert hast und wir zusammen irgendwas unternehmen.", murmelte er. Seine Augen blitzen mir unsicher entgegen. Schon komisch, dass er in meiner Gegenwart soviel anders war, als bei anderen Personen.
"Es tut mir leid, aber das ist meine Sache. Ich kann dich da nicht mit reinziehen." Ich wollte nicht, dass er sah wie schwach und zerbrechlich ich eigentlich war. Wie schlecht es mir ging, wenn niemand dabei war, der etwas bemerken konnte.
"Warum?", fragte er leise und wollte nach meiner Hand greifen, doch ich zog sie weg. Allein diese kleine Geste reichte aus um den verletzten Ausdruck auf seinem Gesicht hervorzurufen. Ein schmerzvolles Stechen breitete sich in mir aus.
"Warum können wir nicht einmal einen schönen Tag haben, ohne dass du das Thema ansprichst Mace. Du weiß doch, dass das die ganze Stimmung zerstört.", sagte ich mit brüchiger Stimme und versuchte meine Gefühle mit Wut zu verstecken.
"Weil ich will, dass du endlich redest Avery." Verzweifelt lehnte er sich zurück. "ICH KANN ABER NICHT MACE! Ich kann es einfach nicht, verstehst du? Jede Faser in meinem Körper wehrt sich, jede Zelle, alles tut weh. Ich kann nicht reden, es geht einfach nicht. Alles was ich sonst fühle ist Schmerz. Schmerz, den ich nicht fühle wenn ich schweige. Das alles zu verdrängen, meine ganze Vergangenheit, alles Erlebte, ist die einzige Möglichkeit für mich jeden Tag aufzustehen, jeden Tag zu leben, ein paar Stunden ohne Schmerz zu verbringen ohne ständig an das kaputte Mädchen denken zu müssen, dass ich eigentlich bin. Ich kann nicht mehr kämpfen Mace. Und deshalb verdränge ich." traurig sah ich ihn an. Meine Stimme war eine Mischung aus wütenden Geschrei und verzweifelten Worten.
"Ich bin schon vor Jahren ertrunken Mace, du kannst mich nicht mehr retten. Das kann niemand.", ich legte das Geld auf den Tisch, nahm meine Sachen und lief so schnell es ging aus dem Raum hinaus. Ohne Ziel setzte ich mich in den nächsten Bus und starrte gedankenverloren aus dem Fenster. Früher hätte ich jetzt geweint und verdammt nochmal, wie gerne würde ich es jetzt tun. Doch es ging nicht, ich konnte nicht.
So sehr ich es auch wollte.
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Hold me - Heart of Ice
Teen Fiction(Deutsch) 》Trotzt dieser Leere, die mich in diesem Moment und seit Jahren beschrieb, konnte man die Spannung und die Gefühle in der Luft spüren. Sie hingen wie Blitze um uns und bildeten eine Gitter voller Schmerz, Hass und Erinnerungen. Ich war gef...