11. Kapitel

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"Wo hin des Weges Fräulein?" Meine Tante stand im Türrahmen, mit dem Küchenhandtuch und einem Topf in den Händen. Mahnend, als wäre ich ein ausgebrochener Verbrecher, sah sie mich an. Genervt verdrehte ich die Augen. 

"Weg!", sagte ich und knallte die Tür hinter mir zu, bevor sie noch auf die Idee kam mir den Topf über den Kopf zu hauen. Nachdem der Tag so scheiße gelaufen war, war es für mich Zeit Dampf abzulassen und einfach zu vergessen. Und diesmal meinte ich nicht mit dem Alkohol. 

Ich schwang meinen Allerwertesten auf mein Motorrad, welches ich mir gestern aus Malibu hatte liefern lassen, weil ich einfach kein Bock hatte es selbst abzuholen. Denn warum schwer, wenn auch einfach?  

Ich lies es anspringen und fuhr los. Mein Helm befand sich netterweise auf meinem Kopf.

Der Fahrtwind wirbelte meine Haare auf, als ich durch die Straßen LA's fuhr. Vorbei an großen Villen, Hochhäusern und heruntergekommenen Blöcken. Es war wie das Autofahren, nur in einer freieren und aufregender Weise. 

Mit dem Motorrad war man nicht umschlossen von Metall, Plastik und Glas, dort war einfach nur Luft, und Luft hieß ja bekanntlich Freiheit. Auch wenn es gefährlich war, würde ich nichts auf der Welt riskieren, meine Freiheit zu verlieren. 

Freiheit war eines der kostbarsten Dinge der Welt. Man konnte sie nicht kaufen, aber leichter als fast alles andere verlieren. Und sie war unglaublich schwer wiederzubekommen. 

Während ich durch LA fuhr und darüber nachdachte warum man sich über Ananas auf Pizza stritt, erinnerte ich mich an meine erste Motorrad fahrt. Ich war so unglaublich aufgeregt, dass ich mir vorher noch am liebsten 10 Pizzen oder Burger reingestopft hätte. 

Und dann war da dieses Kribbeln im Bauch. Das Kribbeln, welches ich vorher nie so gespürt hatte und welches bis heute nicht verschwunden ist. Seitdem hatte ich mich in das Motorrad fahren verliebt und ich wollte es nie mehr loslassen.  

Ein  sehr guter Freund von mir, hatte mir auf meinen Wunsch hin eine Adresse, oder mehr einen Ort rausgesucht. Es war ein Ort, an dem ein paar Mal pro Woche ein besonderes Event stattfand. Naja mehr oder weniger Legal. Eigentlich eher weniger oder noch besser gar nicht. Aber wen interessiert es. Richtig, mich nicht.  

Die Landschaft wurde immer unbebauter und verlassener. Ich wusste, dass ich mich am Rande der Stadt befand und diese Gegend nicht ungefährlich war. Mein Weg führte mich zu einer scheinbar verlassenen Lagerhalle, umzingelt von zerrissenen Stacheldratzäunen, Schutt und allerlei anderer Dinge. Leise hörte ich immer lauter werdendes Gebrüll, als ich auf eine Metalltür zu lief, nachdem ich mein Motorrad versteckt zu den anderen Fahrzeugen gestellt hatte. 

Meine Finger umgriffen die kalte Türklinke, als ich diese runterdrückte und sich die schwere Tür öffnete. Der gewohnte Duft von Schweiß, Deo, Alkohol und Gras kam mir entgegen und umhüllte meinen Körper. Schnell trat ich durch die Tür und sah mich um.  

Massen an jungen Männern waren in der gesamten Halle verteilt. Und wenn ich sage, dass es Massen waren, dann meine ich das auch so. In der Mitte erstreckte sich ein großer Ring, wo gerade zwei Männer gegeneinander kämpften. 

Mein Blick war eiskalt, obwohl ich in mich hineingrinste und mir wie der Teufel höchstpersönlich die Hände rieb. Wenn man in dieser Gegend überleben wollte, dann durfte man eines auf keinen Fall sein. Schwach. Wenn du schwach bist, dann hast du dir dein Todesurteil schon so gut wie selbst gesprochen. 

Ein breitgebauter Schrank stellte sich mir in den Weg und versperrte mir somit meine Sicht. "Was willst du hier?", fragte er mich kalt und sah mich genervt an. "Mit Puppen spielen oder was denkst du?" Abgefuckt zog ich meine Augenbrauen nach oben und sah ihm ununterbrochen in die Augen. "Verschwinde, kleine Mädchen wie du gehören nicht hier her.", sagte er und deutete zu der Tür. "Träum weiter du Idiot. Mace Duro. Sagt dir der Name was?" Misstrauisch blickte er mich an. Dann holte er ein Handy heraus und hielt es sich ans Ohr. 

Hold me - Heart of IceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt