70. Kapitel

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Leicht lächelnd stand ich im Türrahmen meines Zimmers und beobachtete Mace, der vor den Bildern stand, die in meinem Zimmer hingen.

"Ich weiß noch genau, wie wir all diese Fotos gemacht haben.", sagte ich. Mace zuckte zusammen und schaute erschrocken zu mir. Er schien völlig in Gedanken gewesen zu sein. Ich trat in den Raum und stellte mich neben ihn.

"Ich vermisse sie so sehr Avery." Seine Augen glänzten gefährlich. Ich wusste wie er sich fühlte - kannte den Schmerz, weil wir ihn teilten. "Ich weiß, ich sie auch.", erwiderte ich und schloss meine Arme um ihn. Er drückte mich fest an sich und während wir uns einfach nur hielten, starrten wir still auf die Bilder, in denen so viele Momente festgehalten waren.

Wir hingen der Vergangenheit nach, erinnerten uns und sorgten dafür, dass sie noch immer lebte. In unseren Erinnerungen, Gedanken und Herzen.

"Wie lief euer Gespräch?", fragte er mich nach einer Weile und schaute mich an. "Ganz gut denke ich." Ich zuckte mit den Schultern und löste mich von ihm. "Du hast Angst oder?"

"Eine scheiß Angst.", nickte ich und fing an die Spraydosen einzusammeln und wieder ins Regal zu stellen. Er tat es mir gleich. "Aber haben wir die nicht immer?", fügte ich hinzu und sah ihn mit einem leichten, schiefen Lächeln an.

"Ja und es ist unsere Aufgabe ihr in den Arsch zu treten.", schmunzelte er und stellte die letzte Dose ins Regal. Danach fegten wir die Scherben zusammen und ich hing meinen großen Spiegel ab. "Den kann ich dann wohl wegschmeißen", kritisch sah ich in die vielen kleinen Scherben, die noch übrig waren.

"Den hier auch?", fragte Mace plötzlich und ich drehte mich verwirrt um. Als ich sein grinsendes Gesicht und den schwarzen Spitzen BH in seiner Hand sah, gab ich ein empörtes Geräusch von mir. "Gib den her du Idiot", rief ich und lief auf ihn zu. "Nö" Er hielt ihn lachend in die Luft, sodass ich nicht herankam.

"Der würde mir wirklich gut stehen, findest du nicht?", grinste er. "Ganz sicher nicht.", schnaubend gab ich auf und stellte mich direkt vor ihn. "Stimmt, an dir sieht er sicherlich viel besser aus.", murmelte er und eine gefährliche Spannung baute sich mit einem Mal zwischen uns auf. Ohne Warnung und völlig unerwartet. Unsichtbare Blitze funkten durch den Raum. Langsam kam ich ihm näher und stellte mich auf Zehenspitzen.

"Woher willst du das wissen.", flüsterte ich nahe an seinem Ohr. Mein heißer Atem traf auf seine Haut und eine Gänsehaut bildete sich. Er gab ein undefinierbares Geräusch von sich und plötzlich spürte ich seine Hände an meinen Hüften. "Ich schätze ich habe eine gute Vorstellungskraft. Aber zu einem Blick auf die Realität sag ich nicht nein.", grinste er und bevor ich auch nur ein Wort sagen konnte, spürte ich seine Lippen fest auf meinen. 

Hitze flutete meinen Körper, als ich seinen Kuss erwiderte und meine Hände um seinen Nacken legte. Die Schmetterlinge in meinem Bauch flatterten wild umher und hinterließen ein angenehmes Kribbeln. Fest zog er mich an sich und gerade als seine Hände unter mein Top wanderten, ließ eine Stimme unsere Köpfe auseinanderzucken. Völlig aus dem Konzept gebracht, sah ich zur Tür wo Kyle und Tyler standen und uns perplex ansahen. Genervt seufzte ich und ließ meine Stirn gegen Mace seine Brust fallen. "Was gibt's?", fragte ich schärfer als gewollt.

"Wir wollten eigentlich nur fragen, ob wir unsere  Zimmerschlüssel haben dürfen.", sagte Tyler unsicher und musterte uns mit einem ziemlich überforderten Blick. Ich zog eine Augenbraue hoch, sah Mace entschuldigend an und lief dann zu einer Schublade neben meinem Bett. Ich holte die beiden Schlüssel heraus - Jace hatte seinen ja schon - und drückte sie den zwei Jungs in die Hand. "Frische Bettwäsche liegt unten." Ich zwang mir ein leichtes Lächeln auf und schloss dann meine Tür vor ihrer Nase.

"Tja, ich schätze das ist der Nachteil, sonst hatte ich immer meine Ruhe." Mit einem schiefen Lächeln ging ich wieder auf Mace zu. "Da wirst du dich wohl dran gewöhnen müssen.", lachte er mich aus und legte seine Hände wieder auf meine Hüften - sofort kam die Hitze zurück, die auf die Kälte in mir traf und einen gleichzeitig angenehmen und unangenehmen Wirbelsturm entfachte, der all meine Gedanken durcheinander warf.

"Wo waren wir stehen geblieben?", fragte ich ihn grinsend und wackelte mit den Augenbrauen. "Ich weiß nicht, vielleicht kannst du mein Gedächtnis ja etwas auffrischen.", sagte er. "Tja, das lass ich mir sicher nicht zwei mal sagen Macilein", erwiderte ich und zog ihm am Nacken zu mir runter.

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Spät am Abend fiel die Tür hinter mir ins Schloss. Erschöpft schmiss ich meine Schuhe in irgendeine Ecke. "Hallo?", rief ich, doch erhielt keine Antwort. Verwirrt rieb ich mir über das Gesicht und lief nach oben. Je näher ich meiner Etage kam, desto lauter wurden die Geräusche und das Gelächter, das ich hören konnte. Ich runzelte die Stirn und blickte dann in das blau beleuchtete Zimmer. Ich lehnte mich an den Türrahmen und betrachtete belustigt das Schauspiel vor mir.

Alle vier Jungs - Mace, Kyle, Jace, Tyler - saßen auf dem großen Sofa und spielten Mario Kart. Sie waren so vertieft, dass sie mich gar nicht bemerkten. Plötzlich jubelte Mace laut auf und ich schüttelte grinsend den Kopf. "Ha, gewonnen!"

"Ich kann mich noch wage an Zeiten erinnern, da warst du der Letzte im Ziel Mace.", lachte ich. Ruckartig drehten alle Vier ihre Köpfe zu mir. "Aber auch nur weil du immer geschummelt hast.", verteidigte er sich. "Hab ich gar nicht, das war alles fair.", grinste ich. "Du hast mir den Controller mit den leeren Batterien gegeben. Daran war gar nichts fair.", empört er sich und ich streckte ihm die Zunge raus. "Ich hab dich auch lieb Mace", ich warf ihm einen Kussmund zu und blickte dann die anderen Jungs an, die unser Gespräch leicht belustigt verfolgt hatten.

"Hier, fangt." ich warf ihnen drei Haustürschlüssel zu, die sie mehr oder weniger elegant auffingen.  "Willkommen zu Hause.", lächelte ich leicht und wandte mich ab, um zu gehen.

"Warte Avery, spiel doch mit.", sagte plötzlich Kyle und ich blickte in seine hoffnungsvollen Augen. Ich schüttelte den Kopf. "Wann anders, ich bin müde.", erwiderte ich, drehte mich um, lief in mein Zimmer und schloss die Tür hinter mir. Ich zog mir bequeme Schlafsachen an und fiel in mein kuscheliges Meer aus schwarz.

Langsam kam mein Körper zur Ruhe und meine Gedanken wurden ein wenig klarer. Die Ereignisse der letzten Stunden fanden ihren Weg in meinen Kopf. Ich hatte es also wirklich getan, ich hatte ihnen mehr oder weniger verziehen. Ich hatte das getan, was ich nie tun wollte. Gedankenverloren starrte ich in die endlose Schwärze meines Zimmers.

Es war komisch nicht alleine hier zu sein. Einerseits mochte ich es, andererseits war es verwirrend. Fest kniff ich meine Augen zusammen und vergrub meinen Kopf in den Kissen. Ich brauchte Klarheit. Vielleicht würde mir ein wenig Schlaf diese geben. Gerade als ich langsam wegdriftete, merkte ich wie sich jemand neben mich legte. Allein das Kribbeln auf meiner Haut und der mir so bekannte Geruch, ließen mich Wissen, dass es Mace war, der seinen Arm um mich schlang.

"Ihr scheint euch gut zu verstehen oder?", murmelte ich leise. "Mhm, sie sind echt cool drauf." , nuschelte er und ich konnte seinen Atem an meinem Nacken spüren. "Schön, das freut mich."

"Wo warst du vorhin?", fragte er mich. "Nachdenken, ich brauchte einfach mal ein bisschen Ruhe." "Versteh ich." "Mhm", gab ich bestätigend von mir. Eine Weile war es Still. "Gute Nacht Mace", flüsterte ich irgendwann. "Gute Nacht Avery"

Hold me - Heart of IceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt