Der Himmel im Osten wurde bereits blasser, als er nach Hause kam. Jaz war noch wach, als er eintrat, erhob sich von der Bank in der Küche und sah ihn fragend an. Einen Moment lang zögerte Falrey, hatte beinahe Angst davor, Jaz zu erzählen, was er getan hatte, weil nichts davon abgesprochen gewesen war, weder das Alte Fass noch der Halbe Eber, aber dann berichtete er doch. Er bemerkte den Moment, in dem Jaz ihm am liebsten eine geklatscht hätte, sich jedoch zusammenriss.
Als er geendet hatte, schwiegen sie beide. „Tik", stiess Jaz schliesslich aus. „Gehn wir morgen hin."
„Ich würde nicht direkt morgen", wandte Falrey ein.
„Warum?"
„Was, wenn er für Umairat arbeitet? Dann wird er morgen am ehesten Leute dort positionieren."
„Tut er nicht", sagte Jaz.
„Woher willst du das wissen?"
Jaz zögerte einen Moment. „Ich... nachdem ich das erste Mal dort war, hab ich nachgeforscht. Das ist... nichts, was man tun sollte, aber..." Er brauchte das aber nicht auszuführen. Jaz vertraute nicht einmal seinen Freunden, ohne alles über sie zu wissen. „Der Eber existiert schon ewig. Wirklich lange. Länger als irgendjemand lebt."
„Aber Umairat könnte ihn irgendwann übernommen..."
Jaz schüttelte den Kopf. „Der Wirt, der jetzt drauf ist, ich... hab seinen alten Namen gefunden. Seinen alten Ruf. Er... würde eher sterben, als für jemanden wie Umairat zu arbeiten."
Da war ein seltsames Zögern in Jaz Stimme und sie war so leise, als wollte er es eigentlich gar nicht aussprechen. Als wäre das, was er damit gestand, ein Sakrileg, selbst in seinen Augen. Vielleicht war es das. Der Eber war kein Paradies, aber er war eine letzte Zuflucht für Leute, die sonst überhaupt keine Sicherheit mehr hatten, ein Ort, an dem sie nochmal einige Zeiten vergessen konnten, für einmal keine Klinge im Rücken befürchten mussten und dass sich jeder Atemzug mit Blut füllen konnte. Und Jaz hatte Informationen gesammelt darüber, die Vergangenheit des Wirtes, der selbst niemanden fragte und nichts weitergab, ausgegraben, als wäre er ein Ziel. Vielleicht sogar getötet für dieses Wissen.
Nur eines verstand Falrey nicht. „Warum meintest du dann, du traust ihm nicht?"
„Weil er versuchen könnte, mich für seine Ziele einzusetzen. Mich anzulügen, um mich aufzuhetzen."
„Gegen Umairat?"
Jaz nickte.
Falrey schwieg einen Moment lang. „Wäre das so falsch?", fragte er dann. Hast du ihn nicht selber provoziert, weil du lieber weisst, woran du bist? Und Umairat war ein Arsch.
„Ich ergreif keine Partei", sagte Jaz hart.
Falrey sah, dass er die Fäuste geballt hatte. „Vielleicht bleibt dir am Ende nichts anderes übrig", meinte er. „Es gibt kein Neutral mit Leuten, die sagen Bist du nicht für mich, bist du gegen mich."
„Dann bring ich die Leute um."
„Und wenn du das alleine nicht schaffst?"
Jaz holte aus, um gegen den Schrank zu schlagen, bremste eine Handbreit vor dem Holz ab und bleckte die Zähne. Er starrte ins Nichts. Allmählich kehrte die Maske in sein Gesicht zurück. Seine Stimme war völlig gefühllos, als er schliesslich sagte: „Dann geh ich zu dem, der mir mehr bietet."
Falrey mochte die Antwort nicht. Aber sie war besser als Dann sterbe ich eben.
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Niramun III - Mit Faust und Klinge
FantasyEmila wird bald zu Bodir ziehen. Jaz sucht nach Umairat, obwohl ihm jeder mit Verstand davon abrät. Seniah träumt von einem besseren Leben. Falrey versucht irgendwo zwischen Hochöfen, Lilith's und Puppenspielern er selbst zu bleiben. Aber was bedeut...