Er behielt recht. Es dauerte keine zwei Tage, bis sie das erste Mal wieder jemanden auf den Fersen hatten. Der Typ war zurückhaltend, vorsichtig, liess sich kaum blicken und lief auch nicht in Jaz Falle. Sie durchkreuzten das Westviertel mehrmals, um ihn loszuwerden, bevor sie nach Hause zurückkehrten. Als sie in der Morgendämmerung ihre Stiefel auszogen, um sich schlafen zu legen, bot Falrey Jaz leise an, wie letztes Mal den Spiess umzudrehen, sich versteckt zu halten, um den Verfolger seinerseits zu verfolgen. Ihm stand noch gut vor Augen, wie das das letzte Mal geendet hatte, aber er biss die Zähne zusammen gegen die aufkeimende Übelkeit. Wer sich mit Jaz anlegte, wusste, was ihn erwartete, wenn er verlor.
Jaz dachte nach. „Wenn sichs ergibt", sagte er schliesslich. „Aber ich denk nicht, dass sie nochmal so bescheuert sind."
„Hängt davon ab, ob nur Moiszas dahintersteckt oder Umairat", schätzte Falrey. „Ob er mit mir rechnet."
Jaz nickte.
In der nächsten Nacht schlich ihnen niemand hinterher, trotzdem waren sie vorsichtig. Jaz ergatterte einen Auftrag für Namon, einen Puppenspieler, an den – respektive dessen Rekrutierer – Falrey sich vage erinnerte, weil sie im Sommer, vor Wirjad, bereits für ihn gearbeitet hatten. Namon war kein kleiner Fisch, beinahe der gesamte Handel mit Dampfer lief unter seiner Kontrolle und wann immer in den letzten Jahren jemand versucht hatte, ihm etwas davon streitig zu machen, hatte er den betreffenden erfolgreich zurückgedrängt oder ausgeschaltet. Er besass Häuser in mehreren Strassenzügen im mittleren und äusseren Min, einschliesslich zweier Bordelle, und irgendwie indirekt gehörte ihm wohl auch das Alte Fass, das Lokal, in dem sie damals Poss getroffen hatten und in dem auch Kreon verkehrte.
Das war zumindest, was Jaz zusammenfasste, als Falrey ihn fragte, während sie auf einem Dach kauerten, unweit des Häuserblocks, in dem ihr Ziel normalerweise lebte.
„Umairat?", fragte Falrey zuletzt knapp. Hat er etwas mit ihm zu tun?
Jaz schüttelte den Kopf. „Denke nicht." Er zog an seinem Schilf. „Zumindest hat Tersavell bisher nie was gegen ihn versucht, und er hat handelt nicht mit Moiszas oder dem ganzen Rest. Im Gegenteil, Asren und er waren verfeindet. Und von dem was ich bis jetzt gesehen hab... Umairat koordiniert viele kleinere und mittlere Spieler. Aber niemanden von Namons Kaliber."„Wie viele gibt es davon überhaupt?", fragte Falrey.
„Nicht viele", entgegnete Jaz. „Stessa. Er hat eine Menge wichtiger Deals mit Schmarotzern, Schutzgeld, Bewachung. Hilas, er kontrolliert den halben Het. Tersavell gehört mittlerweile auch dazu. Baraves kratzt vom Einfluss her vielleicht daran, aber er spielt mehr in der Liga der Diebe mit als bei den Jägern und Kämpfern. Aviret sicher, aber er beschränkt sich auf das Arbeiterviertel. Dann gibts noch einige Kartelle, die genügend zusammenspannen, um als gemeinsame Kraft grossen Einfluss zu haben. Eigentlich ist Umairats Netz vielleicht eines davon, einfach das am weitesten verzweigte. Und mit jemandem in der Mitte, der es kontrolliert."
„Woher wusstest du eigentlich sicher, dass Moiszas zu Umairat gehört?"
„Nicht sicher", meinte Jaz schulterzuckend. „Aber er hatte zumindest Mal was mit Wirjad zu tun. Und er hat mir gedroht."
„Pliss hat dich auch gewarnt."
„Ich erkenn den Unterschied zwischen einer Warnung einer Drohung."
Falrey zweifelte es nicht an.
Sie kletterten vom Dach und schlichen auf das Haus zu, vorsichtig. Der Mann, den Jaz diesmal beseitigen sollte, war kein Laufbursche, sondern selbst Jäger. Er hatte direkt für Namon gearbeitet, ihn aber hintergangen. Gemäss Namons Informationen war er seit mehreren Tagen nicht mehr zuhause gewesen, sie erwarteten ihn daher nicht anzutreffen und tatsächlich zeigte sich die Wohnung leer, als die Türe aufschwang.
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Niramun III - Mit Faust und Klinge
FantasíaEmila wird bald zu Bodir ziehen. Jaz sucht nach Umairat, obwohl ihm jeder mit Verstand davon abrät. Seniah träumt von einem besseren Leben. Falrey versucht irgendwo zwischen Hochöfen, Lilith's und Puppenspielern er selbst zu bleiben. Aber was bedeut...