Kapitel 66 - Das Wesen der Menschen

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„Meine Informationen stimmen noch", begrüsste Tersavell sie gutgelaunt. „Heisst, wir müssen nicht unser altes Hauptquartier stürmen. Er hat früher regelmässig ein bestimmtes Bordell besucht, und scheinbar tut er es immer noch."

Jaz entfuhr ein Schnauben und Tersavell sah ihn fragend an. „Was? Nicht gut?"

Jaz schnaubte erneut. „Er ist Spieler und so ein Idiot?"

„Willst du etwa behaupten, du trinkst nie zweimal in der gleichen Schenke?", fragte Tersavell mit einer gehobenen Augenbraue.

Jaz gab keine Antwort.

„Es sollte nicht schwierig sein, dort an ihn heranzukommen", fuhr Tersavell fort. „Er nimmt immer eine Gruppe von Wachen mit, aber nicht mit auf sein Zimmer, und zufällig konnte ich Kontakt herstellen mit jemandem, der dort arbeitet und dafür sorgen kann, dass, zum Beispiel, ein Fensterladen nicht sauber schliesst." Tersavell grinste selbstgefällig.

„Wann?", fragte Jaz nur.

„Übermorgen", antwortete Tersavell. „Also hast du einen Tag, dich vorzubereiten." Er zeichnete einen schnellen Plan des Hauses, erklärte, in welchem Raum Fadre sich aufhalten würde, wo seine Wachen lassen, und welches Fenster der Kontaktmann präparieren würde. „Die Aktion sollte kein Problem für dich alleine sein, aber wenn du willst, kann ich dir jemanden als Wache mitgeben", schloss er.

Jaz dachte kurz nach und schüttelte den Kopf.

„Gut, aber triff dich vorher noch mit Farka an der Kreuzung hier die Gasse runter." Er zeigte die Richtung auf dem Plan. „Falls es irgendwelche Änderungen gibt. Um Ore."

Jaz nickte und damit entliess sie Tersavell.

„Soll ich Wache halten oder mit rein kommen?", fragte Falrey, als sie die Katakomben verlassen hatten.

„Wache halten", antwortete Jaz.

Falrey nickte. Er zögerte, doch dann fragte er: „Was, wenn er ein Mädchen auf dem Zimmer hat?"

Jaz seufzte, als hätte er die Frage bereits erwartet. „Ich kann nicht riskieren, dass sie die Wachen alarmiert."

„Kannst du nicht einfach rein, ihn umbringen und direkt wieder durchs Fenster abhauen?"

Jaz schwieg. Falrey sah ihn an. Ich habe einen Ruf zu verlieren. Aber verdammt, war das wirklich wichtiger. Vielleicht ist es an der Zeit, sich einen anderen Ruf zuzulegen? Er sprach es nicht aus.

„Ich kanns versuchen", sagte Jaz schliesslich genervt. „Aber nicht garantieren."

Falrey verzog das Gesicht, aber er sagte nichts. Fadre umzubringen war eines. Er war ein Puppenspieler, er hatte sich mit Umairat eingelassen, und war damit selber Schuld. Aber irgendeine Prostituierte, nur weil sie das Pech hatte, mit ihm schlafen zu müssen? So hätte es auch Ezali treffen können. Oder Seniah. Er fragte sich, ob Jaz das nicht kümmerte. Ob er die Parallele überhaupt sah, oder ob er schlicht nicht darüber nachdachte.

Reichte es denn nicht, das Mädchen einzuschüchtern? Sie würde kaum schreien, wenn Jaz ihr mit einem Messer in der Hand befahl, die Fresse zu halten, oder? Bei Yainil, vielleicht wäre sie sogar froh, wenn Fadre abkratzt. Und dann Wenn die Wachen später reinkommen und sehen, dass er tot ist, ohne dass sie sie alarmiert hat? Denkst du, dann kommt sie gut weg? Am Ende würden sie ihr womöglich den Mord anhängen, oder zumindest Mithilfe. Oder sie legen sie um, nur weil sie davon weiss. Verdammt, warum gab es nie eine saubere Lösung?

„Wir gehen jetzt dahin?", fragte er nach einer Weile.

Jaz nickte.

Sie näherten sich dem Bordell über die Dächer, kundschafteten jeden Ort in der Nähe aus, an dem sich ein Beobachter verstecken konnte, suchten einen Weg, um ungesehen auf das Dach des Gebäudes zu kommen und Jaz prüfte, ob er seinen Haken an einem der Schornsteine einhängen konnte.

Niramun III - Mit Faust und KlingeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt