Gefühle?

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Schweren Herzens rappelte Tim sich auf. Seine Tränen versuchte er gar nicht erst zu unterdrücken. Es wäre sowieso sinnlos bei all dem Schmerz, der sich gerade in seinem Herzen breit machte. Er fühlte sich gebrochen und leer. Allein der Schmerz beherrschte seinen Körper. Ihm fiel auf, dass er Venis Flasche noch hatte. Jetzt würde er sie sicher nicht zurückgeben können. Veni würde ihn abweisen. Aber vielleicht konnte er das nutzen, um noch mal mit Veni zu sprechen, wenn sich alles ein bisschen beruhigt hatte. Leer und von Schmerz innerlich zerfressen trottete er lustlos nach Hause. Diesen Tag konnte er mit aller Sicherheit als den schlimmsten in seinem ganzen Leben verbuchen. Jetzt stand er ohne Freunde da und hatte buchstäblich nichts mehr. Abgesehen von zwei Menschen. Und zu einem der beiden würde er jetzt gehen und Trost suchen. Die Nummer war schneller gewählt, als er gucken konnte.
„ Tim was ist denn los?", hörte er eine weiche Stimme am anderen Ende.
„ Mama ich glaub ich hab nen ganz großen Fehler gemacht. Kann ich zu dir kommen?"
„ Immer doch Schatz. Beruhig dich erstmal. Ich bin sicher, es ist noch nichts verloren."

Stegi hatte sich am ganzen Körper zitternd in einer der Umkleiden eingeschlossen und hockte nun mit angezogenen Beinen auf der Bank und weinte. Ihm war das alles zu viel geworden da drin. Tim konnte ihn nicht lieben. Nicht so ein psychisch angeschlagenes Wrack, wie er war. Sowas war schlicht unmöglich. Tim war nur ein guter Freund, den er jetzt wohl oder übel verlieren würde. An meisten schmerzte jedoch die Erkenntnis, dass Tobi ihm genau das gesagt hatte. Mehr als deutlich hatte er ihm versucht klarzumachen, dass Tim mehr von ihm wollte, als bloß Freundschaft und naiv wie er war, hatte er dem keinen glauben geschenkt. Auch wenn Tobi mit Sicherheit die letzte Person war, die er gerade um Rat bitten sollte, weil er genau wusste, was dabei raus kam, so wollte er dennoch seinen besten Freund um sich haben. Zumindest mal seine Stimme hören und einfach nur geborgen und sicher sein. Stegi raffte sich dazu auf sein Handy zu greifen und rief Tobi an. Selbst mit tränenverschleierter Sicht brauchte er nicht lange und Tobi ging zu seinem Glück auch sofort ran.
„ Na Stegi? Alles gut so weit, oder gibt's Probleme im Paradies?", kicherte Tobi noch fröhlich. Davon konnte er sich dann direkt mal verabschieden.
„ Mir ist das Paradies vor die Füße gekracht. Du hattest die ganze Zeit recht.", wimmerte Stegi und umklammerte mir einer Hand seine Beine wieder, um sich selbst das Gefühl zu geben nicht alleine zu sein.
„ Ganz ruhig. Womit hatte ich recht? Was ist überhaupt passiert, du hörst dich grauenhaft an." Weg war das fröhliche Ausdruck in Tobis Stimme und da die Besorgnis. Stegi klammerte sich fester um seine Beine, wohl wissend, dass er in Tränen ausbrach, wenn er einen Ton sagte.
„ Stegi was ist los?", fragte Tobi nochmals. Das erste leise Schluchzen brach aus ihm heraus.
„ Tim empfindet für mich.", schluchzte Stegi. Was sollte er denn jetzt machen. Wie sollte er überhaupt wieder irgendwas machen. Er konnte Tim doch nicht mehr unter die Augen treten, ohne dass es komisch werden würde. Wie sollte er zur Schule gehen, oder Basketball spielen, wenn Tim da war?
„ Ich nehm mal an du bist alleine. Du hast Angst, nicht? Auf einmal sind Gefühle im Spiel und damit auch Berührungen, die du zu tiefst ablehnst. So ist Tim aber nicht. Glaubst du er drängt dich zu mehr? Nachdem er immer so umsichtig und langsam mit dir war? Er hat sich in dich verguckt, bevor ihr gesprochen habt. Zwischen euch ist nichts anders Stegi." Tobi machte eine Pause, wohl um ihm Zeit zu geben sein gesagtes zu verarbeiten. Und er hatte schon recht. Mit allem, was er sagte. Trotzdem war ihm nicht wohl dabei. Tim wollte sicher irgendwann mehr. Etwas, was er ihm wahrscheinlich nie würde geben können. Sie würden nie eine normale Beziehung haben, weil es schon an den Kleinigkeiten scheiterte. Tim sollte glücklich sein und das würde er ihm auf Dauer nicht bieten können.
„ Stegi ich bitte dich. Sei ehrlich mit dir selbst. Empfindest du was für Tim?" Darüber hatte er selbst noch nie nachgedacht. Tat er es denn? Tim war nett und er fühlte sich immer wohl bei ihm, aber war das liebe? Eigentlich nicht, denn so fühlte er sich auch in Tobis Gegenwart. Und er konnte keine zwei Menschen lieben. Zumal er Tobi seit Beginn ihrer Freundschaft als Vertrauensperson und Rückzugsort betrachtete. Bei ihm hatte er sich nie unwohl gefühlt. Andererseits hatte er Tim fiel zu schnell erlaubt, ihn zu berühren. Hatte sich gut mit ihm verstanden und ihm vertraut. Hatte aktiv seine Nähe gesucht und konnte teilweise Bilder nur mit dem Gedanken an Tim verdrängen.
„ Stegi ich glaub du merkst selbst, dass da mehr ist von deiner Seite. Allein schon, weil du so lange drüber nachdenkst. Wenn du nichts empfinden würdest, könntest du mir das mit Klarheit in Sekundenbruchteilen sagen. Du willst es dir nur nicht eingestehen Stegi. Nach allem was passiert ist, kann ich das auch verstehen. Aber bitte sei ehrlich mit dir selbst und wirf keine Freundschaft weg, nur weil du Angst hast. Tim bist du genug. Der wartet auch zehn Jahre auf den ersten Kuss, wenn's sein muss. Er tut dir mehr als gut Stegi." Wieso hatte Tobi bloß recht mit dem, was er sagte. Vermutlich würde er sein ganzes Leben warten, nur um einen Kuss von ihm zu bekommen, ohne das er umkippte. Und irgendwo war er auch bereit sich auf Tim einzulassen, aber.
„ Kann ich zu dir kommen?", fragte Stegi schluchzend. Er hatte schneller gesprochen, als er gedacht hatte, aber im Grunde war es genau das, was er gerade brauchte. Wonach er sich wirklich sehnte.
„ Natürlich Stegi. Pack dein Zeug und komm her. Wir reden in Ruhe noch mal. Keine Angst, wir kriegen das schon wieder hin." Was würde er nur ohne Tobi tun.
„ Danke.", schniefte er und wischte sich die Tränen weg.
„ Dafür sind Freunde da Stegi. Komm her und mach dir jetzt nicht zu viele Gedanken. Bis später Stegi."
„ Bis später.", murmelte Stegi noch erstickt, bevor er auflegte und sich die Tränen weg wischte. Würde er eben ein paar Tage zu Tobi fahren. Zumindest ein bisschen Ruhe schien ihm vergönnt worden zu sein.

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