Endlich

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Ihr Spiel wurde offiziell abgepfiffen und lauter Jubel und Applaus brachen aus. Stegi realisierte erst da, was ihm gerade gelungen war. Sein Ball hatte über ein Dreiviertel Feld getroffen. Sie lagen einen Punkt im Voraus. Sie hatten die Nachwuchs Landesmeisterschaft im Basketball gewonnen. Bevor er irgendwas tun konnte, wurde er hoch gezogen und ihm fiel seine gesamte Mannschaft um den Hals und jubelte. Sicher verdankte er es dem Adrenalin und der Euphorie, die sich in seinem Körper breit machten, dass er nicht umkippte und sich mit den anderen freuen konnte. So richtig nahm er gar nicht wahr, was ihm da für Freuden und Glückwünsche entgegen gebracht wurden. Es war einfach noch so unwirklich, ungreifbar, was er da getan hatte. Dieser Moment entwickelte sich jedoch zum schönsten in seinem gesamten Leben. Langsam löste sich das Knäul um ihn wieder und ihm gegenüber stand nur noch Tim, der ihn breit anlächelte und über den Lärm hinweg ein stummes ich liebe dich mit den Lippen formte. Stegi sah ihn mindestens genauso freudestrahlend an und erwiderte stumm, da sie in dem Lärm eh nichts hören konnten. Tim legte seine Hände an Stegis Taille und lehnte sich zu ihm runter, um ihm etwas über den Lärm hinweg ins Ohr zu flüstern, doch Stegi hatte nur noch Augen für eins. Und so nahm er Tims Gesicht in seine Hände, schloss die Augen und legte einfach seine Lippen auf Tims. Noch lauterer Applaus und Pfiffe ertönten in der Halle, doch das blendete Stegi vollkommen aus. Es zählte nur Tim und dieser Kuss. Mit aller Vorsicht und Bedacht erwiderte Tim den sanften Kuss und zog ihn an der Taille näher an sich, wohl auch um ihm halt und Sicherheit zu geben. Das sie tausende Leute an ihrem Kuss teilhaben ließen, war ihnen egal. Für den Moment war ihre Welt perfekt. Als Stegi sich langsam löste, blickte er schüchtern zu Tim hoch. In Tims Blick sah er immer noch die Überraschung, die der plötzliche Kuss in ihm ausgelöst haben  musste und die pure Freude. Stegi war sich nicht mal wirklich bewusst, dass er nicht umgekippt war, dass ihn nicht ein einziges Bild verfolgt hatte. Der Kuss schien losgelöst von diesem Abend in der Vergangenheit, wo sich sein ganzes Leben verändert hatte.
„ Hab ich dir schon gesagt, wie unglaublich sehr ich dich liebe Stegi? Ich hab nur auf diesen Moment gewartet. Darf ich?", wisperte Tim und kam ihm dabei immer näher. Stegi nickte lediglich und ließ zu, dass Tim ihn erneut küsste und sanft an sich drückte. Stegi konnte sich wirklich in dem Kuss fallen lassen. Alles, was er noch wahrnahm, war sein schnell schlagendes Herz, das Rauschen in seinen Ohren, was durch seinen Regen Herzschlag angeregt wurde, Tims Hände an seiner Taille und Tims Lippen auf seinen. Kaum das sie sich lösten, wurden sie auch schon wieder getrennt. Die Gruppe hatte Stegi hoch gehoben und warf ihn jetzt nach oben, um ihn wieder zu fangen und somit seinen Treffer zu feiern. Stegi jedoch sah sich im Publikum nach der Person um, die ihm immer noch mit am wichtigsten war. Tobi. Dieser hatte den Blick bei ihm und lächelte glücklich. Sein Blick sagte ihm nur endlich. Bei seinen Eltern war es nicht besser. Sie fingen schon fast an zu heulen vor Glück. Schließlich hatte er soeben das getan, was alle für unmöglich gehalten hatten. Er hatte jemanden geküsst und das auch noch ohne umzukippen. Für Stegi war das der größte Erfolg dieses Abends. In Erinnerung bleiben würde er ihm auf jeden Fall. So viel konnte er sich sicher sein. Nachdem er noch zwei mal hochgeworfen worden war, ließen sie ihn runter. Sie schienen fast alle vergessen zu haben, dass er sich normal nicht berühren ließ. Aber das hier war eben auch keine normale Situation. Heute würde ihn keiner zum umkippen bringen. Tim nahm ihn wieder in Beschlag und legte seine Arme um Stegis Taille, um ihn daran bei sich zu behalten. Mit einem Grinsen und einem vielsagenden Blick kamen Basti und Veni zu ihnen. Er kannte diesen Blick und er wusste, dass es definitiv noch nicht so weit dafür war.
„ Fehlt ja nicht mehr viel, bis ihr eine normale glückliche Beziehung mit kuscheln, knutschen und Sex habt. Exzellenter Treffer Stegi. Du warst wirklich unsere Rettung. Keiner von uns hätte den in der Lage getroffen, da bin ich mir sicher." Basti umarmte ihn kurz, um das zu unterstreichen. Langsam flachte das Adrenalin ab und er merkte wieder, dass ihm Berührungen was ausmachen sollten, aber er konnte es ignorieren. Es war nur dieses komische Gefühl, keine Bilder, die ihn quälten, wie zuletzt bei allen.
„ Ja das dauert erstmal noch. Und der Treffer war reiner Zufall. Ich Treff zwar recht gut, aber auf die Distanz und in der schnelle war es mehr Glück als Verstand." So wirklich viel nachdenken und zielen hatte er eh nicht gekonnt. Er hatte in dem Moment, wo er den Korb gesehen hatte werfen müssen, sonst wäre es zeitlich nicht gegangen.
„ Trotzdem hast du den gut getroffen. Das kannst du nicht leugnen. Auch von mir Glückwunsch zu beidem.", meinte Veni und umarmte ihn ebenfalls. Gleich darauf nahm ihm Tim wieder in Beschlag und küsste ihn sanft auf die Wange, wohl um ihn zusätzlich zu belohnen und das neue Gefühl auszukosten. Stegi lehnte sich nach hinten gegen Tims Brust und schloss einfach die Augen. Im Moment könnte er wirklich nicht glücklicher sein. Lange hielt diese Ruhe nicht an, denn natürlich waren noch lange nicht alle fertig ihm zu gratulieren. So auch ihr Trainer, der ihn jetzt gesondert ansprach und Stegi dazu brachte, die Augen zu öffnen.
„ Ein wirklich herausragender Treffer Stegi. Auf die Distanz versuchen es die allerwenigsten, selbst wenn es ihre einzige Chance ist zu gewinnen. Ich glaub, du hast heute ziemlich viel Aufmerksamkeit auf dich gezogen." Mit schief gelegtem Kopf sah Stegi ihren Trainer an, der vage in Richtung Spielfeldrand nickte, wo ein Mann mittleren Alters saß. Zuerst fiel ihm nichts besonderes auf. Doch dann sah er das Klemmbrett. Es dauerte, bis Stegi eins und eins zusammengezählt hatte und verstand, was er dort sah. Das war nicht einfach irgendwer. Dieser jemand suchte junge Nachwuchsspieler für größere Vereine. Mit professionellen Spielen, Bezahlung und Vertrag und Stegi klappte wirklich bald der Kiefer runter, als der Mann zu ihm hoch sah und anerkennend nickte. Schlimmer noch, er stand auf und kam in ihre Richtung.
„ Kann ich mich noch schnell zwischen rein drängen? Glückwunsch Stegi. Auch von deinen Eltern. Die versuchen gerade noch runter zu kommen. Und lass dir eins gesagt sein, sie sind mindestens so stolz auf dich, wie ich.", lächelte Tobi und wuschelte ihm durch die verschwitzten Haare. Auch Tims beruhigende Berührung verschwand und er stand da in einer Gruppe und doch irgendwie alleine und sah diesen Mann immer näher auf sie zukommen. Stegi wurde fast schon erschreckend klar, dass er nicht zu Tim, oder ihrem Trainer wollte. Er wollte zu ihm.

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