Frühzeitige Abreise

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Als Stegi langsam wieder wach wurde, lag er bequemer. Und als er die Augen einen Spalt breit öffnete, wusste er auch warum. Tobi hatte ihn, wahrscheinlich zusammen mit Tim zurück in ihre Unterkunft gebracht, er jetzt auf der Couch lag. Stegi wollte gar nicht aufstehen, geschweige denn zeigen, dass er wach war, aber jemand kam ihm in die Quere.
„ Hey werd langsam wach. Der Rest würde gerne sehen, dass es dir gut geht und du noch am Leben bist.", wisperte eine Stimme, die er sofort Tobi zuordnen konnte. Er wollte aber noch nicht aufstehen. Stegi drehte sich schwerfällig auf der Couch rum und vergrub das Gesicht im Kissen, um sich von der Außenwelt abzuschirmen. Ziemlich schnell verteilten sich jedoch mehrere Leute um ihn herum und durch das Gemurmel konnte er eh nicht schlafen. Also öffnete er gequält seine Augen und richtete sich etwas auf.
„ Du bist soweit okay Stegi?", hörte er ihren Trainer über das Gemurmel der anderen hinweg fragen und nickte einfach nur. So weit an sich schon. Ihm tat zwar immer noch alles ein bisschen weh, aber der Schwindel und die Übelkeit waren weg, wofür er schon sehr dankbar war. Mit dem bisschen Schmerz konnte er schon umgehen, seit Tobi angefangen hatte ihn zu therapieren.
„ Das sah schon ziemlich heftig aus, wie du einfach so umgekippt bist. Ich hab mir erlaubt dem Jungen zu erklären, dass du Berührungsprobleme hast. Er war total verängstigt, als du vor ihm umgekippt bist." Was hatte er auch groß erwartet? Irgendwann machte das eh die Runde und erschwerte ihm das Spiel, doch das war okay. Dafür hatte er sich bewusst entschieden. Er musste einfach besser aufpassen.
„ Schon gut. Rausgekommen wäre es so oder so. Ich dachte halt einfach, dass ich so Berührungen mittlerweile abkann. Aber dem ist nicht so. Tut mir leid.", entschuldigte Stegi sich zerknirscht. Ohne sein Drama hätte Tim das Spiel mitspielen können und sie hätten nicht verloren. Stattdessen hätten sie wichtige Punkte gesammelt, damit es nachher nicht wieder so knapp wurde.
„ Dafür entschuldigst du dich bitte nicht. Du bist ein guter Spieler. Mit dem kleinen Problem werden wir schon fertig. Mach dir keinen Kopf wegen heute. Es ist noch alles in Ordnung.", wurde er direkt beruhigt und es half ihm wirklich. Das war jetzt ein verpatztes Spiel von fünf. Sie hatten noch alle Chancen hier was zu erreichen. Anders rum wäre es trotzdem besser gewesen.
„ Ruh dich noch einen Moment aus. Und der Rest geht jetzt fünf Kilometer joggen, damit ihr heute Abend auch mal ausgelastet seid." Mit einem seufzen verzogen sich nacheinander alle von der Couch und warfen sich in Sportklamotten, um draußen joggen zu gehen. Bei dem Wetter hätte er keine Lust dazu, aber er musste ja auch nicht. Fünf Kilometer hatten ihn außerdem noch nie umgebracht. Selbst Tim schleppte sich mit der Gruppe mit, um die fünf Kilometer abzuarbeiten. Nur Tobi blieb neben ihm hocken.
„ Ich kann euch zwei alleine lassen? Ich geh mit joggen.", meinte ihr Trainer und erhob sich, um dem Rest zu folgen, als sie beide nickten. Somit saß er alleine mit Tobi auf der Couch in einer leeren Unterkunft, in der er sich einfach nur unwohl fühlte. Das hier war nicht seine Welt. Das Basketball generell war nicht sonderlich gut für ihn, aber er wollte unbedingt wieder spielen und irgendwie musste das doch gehen. Er musste im Grunde nur aufmerksamer werden und sich eher zurück halten und nicht so riskant spielen. Für den Anfang zumindest. Vielleicht bekam Tim es auch hin ihn so weit an Berührungen zu gewöhnen, dass sowas für ihn erträglich wurde, ohne das er umkippte. Auf jeden Fall brauchte er wesentlich mehr Zeit dafür. Tobi schien da der selben Meinung zu sein.
„ Ich würde vorschlagen, du packst deine Sachen zusammen und fährst nach Hause. Ihr fahrt nicht vor morgen Früh heim. Es ist besser so. Ist auch schon abgeklärt." Widerstandslos stimmte Stegi dem zu. Was sollte er auch noch groß dagegen sagen. Er war umgekippt, hatte sich leicht verletzt und war am Ende seiner Kräfte. Das ganze Wochenende hatte ihn einfach viel zu sehr strapaziert. Sich daheim auszuruhen klang echt nach der besten Entscheidung, die er im Moment treffen konnte. Stegi stand langsam auf, kniff aber aufgrund der Schmerzen die Augen zusammen und klammerte sich an der Lehne und an Tobis Hand fest, um nicht umzufallen, als er leicht nach vorne stolperte. Sein Kreislauf machte es noch nicht ganz mit und auch sein Gleichgewicht schien nicht ganz zu funktionieren. Recht schnell wurde der Schmerz jedoch erträglich, sodass er die Augen wieder öffnen konnte und langsam zu seinen Sachen gehen konnte. Stegi hatte eh nichts aus seiner Tasche raus gekommen, außer seinen Schlafsachen, die er jetzt schnell holte und in die Tasche stopfte. Gemeinsam räumten sie die Kammer wieder auf und liefen dann Musik hörend zum Bahnhof. Tobi fuhr ein paar Stationen mit ihm und stieg dann an seiner Haltestelle auf den Bus um, während er weiter fuhr. Stegi machte sich Kopfhörer rein, um die Fahrt zu überstehen. Zwischenzeitlich tauschte er kurz mit Tim zwei Nachrichten aus. Mit ihm hatte Tobi das wohl auch abgesprochen, denn er war keinesfalls überrascht, dass er nicht mehr in der Unterkunft gewesen war. Er hatte nur geschrieben, dass sie sich Montag in der Schule sehen würden und war dann offline gegangen. Mit ein bisschen Verspätung kam Stegi daheim in ihrem kleinen Ort an und lief die letzten paar Meter bis zu ihnen nach Hause, wo seine Eltern, vor allem aber seine kleine Schwester ihn freudig erwarteten. Tobi hatte sie wohl auch in Kenntnis gesetzt, denn sie wussten grob über alles Bescheid, was während dem Turnier passiert war. Zumindest das, was er Tobi auch erzählt hatte. Er war froh, dass er es nicht erklären musste. Seine kleine Schwester hatte ihn dann mit spielen abgelenkt, bis es Abendessen gab. Während seine kleine Schwester danach zusammen mit seiner Mutter im Bad verschwunden war, da sie laut ihrer Mutter dringen mal wieder ein Bad brauchte, hatte er sich in sein Zimmer verkrochen und hatte ein weiteres Buch angefangen, bis er schließlich mit dem Buch in der Hand eingeschlafen war.

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