Fünf:Vier

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Stegi ließ Tim nicht so weit kommen. Er schnappte nach dem Ball, den Tim plötzlich ohne zu sehen hinter sich spielte und dann rückwärts lief und den Ball wieder annahm. So hatte er sich Zeit und Raum geschafft, den Ball von seinem Korb weg zu bekommen. Jetzt hieß es sprinten. Stegi rannte hinter Tim her und versuchte noch irgendwie den Ball zu erreichen, doch da warf Tim ab. In allerletzter Hoffnung machte Stegi die letzten Schritte zum Korb und sprang dort hoch. Der Ball prallte gegen das Brett und dann auf den Ring, ehe er runter fiel, ohne durchs Netz zu gehen. Stegi witterte die Chance und holte sich den Ball nur knapp vor Tim. Er versuchte ohne Tricks und viel Schnickschnack an Tim vorbeizukommen, lediglich durch antäuschen. Wahrscheinlich klappte es wegen der Anspannung so gut. Stegi sprintete so schnell es ging zum Korb. So konzentriert merkte er Millisekunden zu spät, dass er zu weit für nen Korbleger war. Daher entschied er sich an der Seite vorbeizurennen und im letzten Moment wo er den Korb noch treffen konnte zu springen, sich halb zu drehen und den Ball von hinter dem Korb über das Brett durchs Netz zu werfen. An dem Applaus konnte er nur erahnen, dass er getroffen hatte. Damit hatte er wirklich gegen Tim gewonnen. Auch wenn es mit das knappeste Match war, was er bis jetzt gespielt hatte. Spaß hatte er jedenfalls ne Menge.
„ Gut gemacht Stegi. Hättest ihn ruhig weniger knapp abziehen können.", meinte Tobi und kam sofort zu ihm, um ihn kurz zu umarmen. Als er sich löste, stand er Tim gegenüber. Auf den Lippen ein Lächeln, in den Augen die Anerkennung für sein gutes Spiel.
„ Ich würd ja einschlagen, aber ich will nicht, dass du umkippst. Belassen wir es bei einem gut gespielt. Hast echt was drauf Stegi." Hätte er was langärmliges an, würde er es zumindest probieren. Aber so nicht. Dann kippte er nur wieder um und darauf konnte er verzichten. Man es nervte schon, dass er nicht einfach mal normal mit den anderen umgehen konnte. Nicht mal sowas einfaches bekam er hin.
„ Willst du ne Jacke? Du guckst wie sieben Tage Regenwetter.", fragte Tobi und musterte ihn dabe8 prüfend. Wahrscheinlich sogar eine gute Lösung. Nur gab es ein Problem. Er wollte das nicht vor allen tun. Damit erweckte er wieder nur ein falsches Bild.
„ Kriegt Tim wieder Sonderrechte im dich berühren?" Rafi hatte sich, wie auch die anderen näher zu ihnen bewegt. Woher wussten die das? Wie viel wussten sie überhaupt? Er hatte das diskret halten wollen. Im Vertrauen nur zwischen ihnen und nicht zwischen allen. Als er zu Tim sah, rollte dieser gerade mit den Augen. Also doch nicht einfach ausgeplaudert.
„ Bitte Rafi. Erstens solltest du das nicht einfach so rum erzählen. Zweitens hat Stegi mir klar gemacht, dass wir es langsam probieren. Und langsam heißt langsam. Wirklich langsam und vor allem in Stegis Tempo. Drittens ist Stegi heute schon einmal zu viel in seine Vergangenheit versetzt worden. Also nein, ich hab kein Sonderrecht und ich will Stegi das auch nicht antun, ihn dauernd in seine schlimmen Phasen zurück zu versetzen." Gut also war es wirklich nur Rafi, der alles wusste. Wahrscheinlich quetschte er die eine Hälfte aus Tim heraus, dachte sich den Rest dann anhand seiner Reaktionen und formte ein Gesamtbild daraus. Sicher nicht all zu schwer und bei dem was Tobi behauptete, konnten ihn scheinbar alle besser lesen, als Stegi selbst. Tim hatte er nämlich als zurückhaltend und diskret kennengelernt. Das er es einfach so weiter erzählte, passte werde zu ihm, noch würde er es machen. Aber gerade wenn Tim ihm diesen Freiraum gab und Rücksicht nahm, fühlte er sich wohler, wenn er Tim berühren würde. Und wenn er ehrlich war, wollte er das mit Tim auch ein bisschen voran treiben. Einfach um neben Tobi jemanden zu haben, der ihn auch mal beruhigen konnte, oder wusste, wie er richtig mit Panikattacken und Bewusstlosigkeit umgehen musste. Und natürlich einen guten Freund an seiner Seite, mit dem er ein bisschen mehr machen konnte, als Basketball spielen und in der Schule ein paar Worte wechseln. So jemanden wie Tobi einfach, der nur nicht so weit weg wohnte.
„ Gib schon her Tobi. Einmal bringt mich nicht um." Gott was tat er hier. Auf einer Skala von eins bis dämlich, war das hier wohl super dämlich. Wenn nicht sogar darüber. Da konnte man sich doch nur an den Kopf greifen.
„ Du musst nicht Stegi.", meinte Tim sanft. Von Tobi bekam er da schon die Jacke gereicht. Tat er sich das gerade ernsthaft an? Scheinbar. Da der Wind sowieso ein bisschen zugig war, zog er sich die Jacke gerne über. Einen Ärmel behielt er über seiner Handfläche. Er durfte nicht zu viel drüber nachdenken, sonst machte er es nur noch schlimmer.
„ Mach einfach schnell.", bat er ein klein wenig angestrengt, aber dennoch irgendwie erwartungsvoll. Bevor er überhaupt reagieren konnte, schlug Tim bei ihm ein. Die Berührung war so klein und unbedeutend, dass er sie fast nicht wahrnahm. Nicht mal ein Bild kämpfte sich seine Gedanken hoch. Vor Freude könnte er heulen. Endlich ging es mal Berg auf. Gerade wollte er sein Hirn schon loben, dass es endlich mal nicht diese schrecklichen Bilder hoch brauchte. Sekunden später merkte er allerdings, dass es doch nicht so toll war. Denn er hatte -und beim besten Willen wusste er nicht, wieso er auch nur darüber nachgedacht hatte- Tim in den Arm genommen. Zumindest so halb. Ein Arm war um Tim geschlungen und er berührte Tim mit der Hälfte seines Oberkörpers. Lösen war nicht mehr. Die Berührungen würde reichen, um ihn umzuhauen und ehrlich er konnte sich auch kaum mehr bewegen. Ein deutliches Anzeichen einer nahenden Panikattacke mit anschließender Ohnmacht. Leider brachte sein Hirn nun doch wieder diese Bilder hoch, die er einfach nicht verdrängen konnte. Das wenige, was er noch von damals wusste, hatte sich umso mehr eingebrannt.
Alles was er noch hörte, bevor seine Welt verschwamm, war ein panisches :„ STEGI!", von Tobi, bevor seine Welt verschwamm und er bewusstlos aufgefangen wurde. Trotzdem fühlte sich diese Umarmung schön an und Stegi wusste jetzt schon, dass er sie jederzeit wiederholen würde. Egal, wie es auch ausgehen mochte.

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