Brief

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Tim setzte sich an seinen Schreibtisch, innerlich verwirrt und zutiefst verletzt von diesem plötzliche aus ihrer Freundschaft. Sich noch mal die Tränen weg wischend griff er Stift und Papier und begann sich die Seele aus den Fingern zu schreiben. Jedes seiner Gefühle auf Papier zu bringen und so auf ewig gehen zu lassen. Mit diesem Brief würde er seine Gefühle wegschicken und versuchen zu vergessen. Damit sie beide abschließen konnten.
Hey Stegi,
gib mir bitte die Möglichkeit es dir zu erklären, wenn du schon weg gehst. Tobi hat es mir verraten. Er wollte mir die Möglichkeit geben, dass wir noch mal miteinander reden können. Ich nutze den Abschied in Form dieses Briefes, um es uns beiden nicht noch schwerer zu machen. Denn es tut weh. Ungern lasse ich dich gehen, aber ich habe eingesehen, dass du einfach nicht bereit bist eine Beziehung mit mir einzugehen. Zumindest ist es das, was ich mir gerade erfolgreich versuche einzureden. Ich weiß, ich sollte loslassen, aber ich will nicht. Weil ich dich liebe. Aufrichtig und ehrlich. Mir hat noch nie jemand so viel bedeutet, wie du. Du warst und bist ein großartiger Mensch Stegi. Trotz deiner Probleme und Ängste. Für mich warst du mehr als deine Fassade. Ich liebe den Menschen hinter dieser Fassade. Den Menschen, der du wirklich bist. Auch wenn es nur wenige Momente waren, habe ich jeden einzelnen genossen, in dem es nur uns gab. Da hab ich den wahren Stegi kennengelernt. Einen schüchternen, liebenswürdigen, hilfsbereiten, lustigen und verschmusten Stegi. Nicht den kalten, abweisenden Stegi, den du allen anderen zeigst. Von Anfang an hatte ich das Gefühl, dass du etwas besonderes bist und ich hatte recht. Gerne hätte ich mehr Zeit mit dir gehabt, um dir zu zeigen, dass die Welt auch schön sein kann. Und wenn du mich gelassen hättest, würden wir jetzt kuschelnd auf der Couch sitzen, unsere mit Handschuhen bedeckten Händen verschränkte halten und einfach den Moment genießen. Ich hätte gewartet. Eine Beziehung sind nicht nur Küssen und Sex. Viel mehr sind es die kleinen Momente, die man teilt. Die schönen Dinge, die man gemeinsam erlebt. Die Erinnerungen, die man sammelt. Scheiß doch mal drauf, dass wir keine normale Beziehung in den Augen anderer hätten. Mir wäre es egal gewesen und weißt du warum? Weil du allein zählst. Mir wäre es egal, dass wir zehn Jahre auf unseren ersten Kuss warten und dass wir vielleicht niemals miteinander im Bett gelandet wären. Was gezählt hat warst allein du. Dein Charakter mit all seinen Macken und Fehlern. Ich habe mich in dich als ganze Person verliebt. Ich will alles von dir. Die Guten wie die Schlechten Seiten. Wir wären mit alle dem irgendwie fertig geworden. Für dich hätte ich alles getan Stegi. Ich war noch nie so glücklich mit jemandem, wie mit dir. Aber ich weiß, dass deine Probleme tiefer gehen und du nicht bereit bist, mir zu vertrauen und dieser Beziehung eine Chance zu geben. Denn du wärst mir genug gewesen. Aber du kannst nicht und das respektiere ich natürlich, auch wenn er weh tut Stegi. Ich hätte mir gewünscht, dass das mit uns beiden klappt. Das wir zusammen durch dick und dünn gehen. Wer weiß, vielleicht hättest du mir sogar eines Tages den Grund verraten, warum du so viel Angst vor Berührungen hast. Wenn nicht, wäre das aber auch nicht schlimm gewesen. Das ist nicht, was zählt. Danke für die schöne Zeit Stegi, denn es war die Beste, die ich je hatte. Werd glücklich. Und ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass dir eines Tages die Person über den Weg läuft, der du dein Vertrauen schenkst. Der du dich anvertrauen kannst. Das du denjenigen findest, bei dem du dich fallen lassen kannst und einfach du selbst bist. Gib nicht auf, du bist so ein wundervoller Mensch. Ein einziger Gefallen ist alles, worum ich dich bitte. Gib das Basketball nicht auf. Bitte. Du hast Talent und Spaß. Das ist alles worum ich dich bitte.
Vergiss mich bitte nicht, denn das werde ich auch nicht tun.
In Liebe Tim.

Am Ende seiner Kräfte und innerlich gebrochen sah er auf seinen Brief. Ein paar Worte waren durch seine Tränen verwischt, aber er war hundert Prozent ehrlich gewesen. Das zu schreiben fühlte sich wie ein endgültiger Abschied an, was es ja im Grunde auch war. Das hier war ein Beweis für seine Liebe und die Bestätigung, dass er Stegi ziehen ließ. Tim faltete den Zettel zwei mal in der Mitte und schrieb für Stegi auf die Seite, die oben lag. Besser er gab den heute ab, damit er nicht in Versuchung kam. All zu spät war es ja nicht. Tim wischte sich abermals die Tränen weg und raffte sich zusammen. Das mit Stegi gehörte von jetzt an der Vergangenheit an. Er musste nach vorne blicken, auch wenn es schwer war. Tim schlich sich raus und beschloss geschwind mit dem Fahrrad zu fahren. Mit jedem Meter, dem er Stegis Wohnung näher kam, schmerzte sein Herz umso mehr. Als würde jemand von innen heraus sein Herz zerquetschen und langsam und qualvoll zersplittern lassen, bis nur noch ein tiefes Loch der Einsamkeit und ein Haufen Scherben dort waren, wo einst sein Herz war. Stegis Mutter öffnete ihm die Tür und sah ihn ganz verwundert und besorgt an. Seine Augen mussten vom weinen noch rot sein und vor Tränen glänzen. „ Entschuldige die späte Störung. Ich weiß, Stegi ist nicht da, aber könnten sie ihm den hier von mir geben, wenn er zurück kommt. Das war's auch schon. Tut mir wahnsinnig leid, dass es so enden mussten. Ich hab mir auch was besseres ausgemalt. Machen sie's gut." Tim drückte ihr den Brief in die Hand und drehte sich um. Diesen Brief hier zu lassen schmerzte. Für ihn war es ein endgültiger Abschied von Stegi und der Versuch seine Gefühle zu vergessen. Tim schaffte es kaum seine Haltung zu wahren. Zwei Querstraßen weiter, brach er zusammen und fing bitterlich an zu weinen. Er wollte einfach nur alleine sein. Oder zu seinem besten Freund fliehen und sich von ihm trösten lassen. Veni hatte sicher ein paar Minuten für ihn. Egal was zwischen ihnen passiert war.

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