Sonderwünsche

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Mittlerweile kannte Tim das alles schon in und auswendig. Er hatte es zu oft gehört. Trotzdem hörte er zu, für den Fall, dass es etwas Neues gab, was er noch nicht wusste. Er nahm sich einen der Bögen weg, als er an der Reihe war und reichte ihn dann an Stegi weiter.
„ Wie ihr euch in der Unterkunft und auch auf dem Turnier verhalten sollt, muss ich euch sicher nicht mehr sage. Benehmt euch einfach und räumt am Ende auf. Ihr müsst diesmal nur grob durch fegen. Ansonsten genießt es einfach und habt Spaß. Ach und eins noch. Ich weiß, dass ihr euch freut und das ihr gut seid, aber bleibt bitte fair und auf dem Boden der Tatsachen. Ihr könnt gewinnen, aber es ist nichts sicher, bis der letzte Pfiff ertönt." Als ob sie das nicht wussten. Zwar konnten sie sich über einen Sieg schon mal freuen, aber sie durften sich davon nicht in Sicherheit wiegen.
„ Als aller letztes noch eine Sache, die viele von euch denke ich mal negativ auffassen werden. Wie immer gibt es auch einen Wohn- und Aufenthaltsraum. Ihr könnt dort eure Koffer dort abstellen, die Couch wird dieses Mal allerdings blockiert. Stegi hat mich um eine Art Einzelzimmer gebeten. Ich gebe Sonderwünschen ungern statt, aber da es diesmal an psychischen Problemen liegt und Stegi sonst wohl nicht schlafen könnte, gebe ich dem statt. Ich denke mal, es ist in unser aller Interesse, einen unsere besten Spieler dauerhaft dabei zu haben. Respektiert bitte, dass es eine absolute Ausnahme ist. Ihr würdet alle Einzelzimmer bekommen, wenn es im Budget wäre. Bitte macht jetzt keinen Aufstand deswegen." Ausnahmslos jeder sah mal wieder zu Stegi, der sich unwohl hinter ihm versteckt und sich ganz klein gemacht hatte. Tim nahm seine Hand und drückte sie beruhigend. Hilflos sah Stegi zu ihm und flehte stumm um Hilfe, um aus der für ihn unangenehmen Lage rauszukommen. Beruhigend drückte er Stegis Hand und versicherte ihm stumm, dass er helfen würde.
„ Stegi hat ein Traumata erlitten, was es ihm erschwert andere Menschen zu berühren. Er kann deswegen nicht mit anderen in einem Raum schlafen. Versucht es bitte nicht als Bevorzugung zu sehen. Sonst könnte er gar nicht mit. Und ich glaub das Ziel ist dieses Jahr der große Pott und nicht der achte Platz. Wir brauchen jeden hier, um das zu erreichen.", versuchte Tim das ganze zu erklären, mit dem, was er selbst wusste und weniger. Er wollte nicht alles preis geben, um es Stegi einfacher zu machen.
„ Naja  solange er gut spielt, ist mir das egal. Sonderbehandlung ist das ja eh nicht so wirklich. Mach dir keinen Kopf, das wird schon.", versuchte jemand aus der Gruppe Stegi das schlechte Gewissen zu nehmen. Sie respektierten Stegis Probleme und die damit verbundenen Sonderwünsche.
„ Wie dem auch sei, packt bitte die Zettel weg und dann wird geübt. Wir üben noch mal Pässe und Verteidigung, bevor ihr euch noch mal ne Runde batteln dürft. Danach reden wir über die Aufstellung." Nacheinander erhoben sich alle und brachten ihre Listen in die Umkleiden. Auf dem Weg legte er einen Arm um Stegi, sodass er ihn nicht zu viel berührte und zog ihn dann leicht an sich.
„ Alles gut, keiner wird was sagen, wenn du ablieferst. Außerdem ist das Wohnzimmer nie ein toller Ort gewesen. Da will keiner freiwillig pennen. Selbst wenn er dadurch ein Einzelzimmer haben könnte." Ob er Stegi so sein schlechtes Gewissen nehmen konnte, war schwer zu sagen. Immerhin war Stegi kompliziert und nicht einfach zu hinterschauen. Veni legte von hinten einen Arm um seine Schulter und erschreckte ihn damit zu Tode. Man merkte es ihm wohl an, da er stark zusammen zuckte und damit aus versehen näher an Stegi rückte, der daraufhin sofort von ihm abrückte und sich seinen Berührungen vollständig entzog.
„ Tschuldige Stegi, war keine Absicht. Aber jetzt mach dir echt mal keinen Kopf. Das mit dem Wohnzimmer geht klar für die meisten. Du machst dir zu viele Gedanken. Hör auf deinen Schatz und knuddel lieber noch ne Runde mit ihm. Schonfrist ist bei dir nämlich um." Zwar konnte er es nicht sehen, da Stegi sich abgewandt hatte, aber Tim würde wetten, dass er rot war. Wie gerne er Stegi jetzt über die roten Wangen streicheln und ihn mal so richtig durch knuddeln wollte. Antun konnte er das Stegi allerdings nicht. Daher griff er nur seine Hand und drückte sie beruhigend. Kurz ließ er Stegis Hand wieder los, um den Zettel in seiner Tasche zu verstauen, bevor er wieder versuchte Stegis Hand zu greifen. Allerdings machte Stegi schnell einen Schritt nach vorne, sodass sein Griff ins leere ging. Was war denn jetzt schon wieder.
„ Stegi warte.", bat er und schloss zu Stegi auf.
„ Komm schon was hab ich falsch gemacht? Gerade war doch noch halbwegs alles okay.", versuchte er Stegi eine Antwort zu entlocken und griff nach seinem Handgelenk. Stegi schüttelte ihn sofort wieder ab, blieb aber stehen, sodass er ihn ansehen konnte.
„ Mir ist das alles so unangenehm Tim. Ich steh doch da wie der größte Depp, der von allem nur das beste will." Stegi versuchte krampfhaft die Tränen zurück zu halten, die in seinen Augen glänzten. Eine Träne rollte über Stegis Wange und er wand den Blick ab, um sich über die Augen zu wischen.
„ Stegi sieh mich an. Bitte!", bat er sanft, da er Stegi gerade echt nicht weiter berühren wollte. Stegi hatte viel zu viel Angst vor der Meinung der anderen. Wie gerne er ihm die nehmen würde. Stegi jedoch schüttelte den Kopf und wandte sich weiter von ihm ab.
„ Niemand denkt das Stegi. Du bist keiner derer, die das Beste wollen. Du hast psychische Probleme die dich einschränken und dich dazu zwingen solche Sonderwünsche zu äußern. Stegi begreif doch bitte, dass du mehr bist, als deine Probleme und so ein dämlicher Sonderwunsch, zu dem du gezwungen bist. Du bist ein wundervoller Mensch und ein super Basketball Spieler. Und außerdem ein toller Freund. Bitte kleiner tu dir das selbst nicht an. Wenn du könntest, würdest du." Ein erstes Schluchzen brach aus Stegi heraus und er sank auf den Boden. Um sie herum versammelten sich die restlichen Mitglieder ihrer Mannschaft und sahen mitleidig zu dem Geschehen.

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