Kapitel 57

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Als ich am nächsten Tag das Haus in der Paralleldimension vetrat, platzte ich in die Diskussion, wie sie den Vorfall vor mir geheim halten konnten. Meine Rolle spielte ich nur zu gut. So war es mir ein leichtes überrascht zu wirken, als Hitoshi mir alle Einzelheiten erklärte.
"Bringst du mich zurück... Ich will eine Rauchen." Rikus Blick lag auf dem Tisch, während er sich erhob. Bevor er durch das Portal trat, das Jin ihm wortlos öffnete, wandte er sich noch kurz an Suki. Die Zwillinge sprachen nur selten in ihrer Muttersprache, aber wenn sie es taten, war es umso ernster. Neugierig blickte ich die Dunkelhaarige an. Kopfnickend wies sie mir, ihm hinterherzugehen.
"Passt auf euch auf!" Mit dieser ernst gemeinten Aussage trat auch ich hindurch. In Rikus Zimmer angekommen konnte ich ihn auf die Schnelle nicht finden. Doch als ich mir ins Hirn rief, was er tun wollte, ging ich auf den Balkon. Der Kurzhaarige lehnte bereits am Geländer. Die Augen starr auf den Platz gerichtet, an welchem das Blutbad stattgefunden hatte, zog er an einer Zigarette. Es brauchte keine grosse Gabe um zu erkennen, dass er blasser war. Ich stellte mich neben ihn. Fühlte den kühlen Wind auf meinem Gesicht. Immerhin waren wir in einiger Höhe. Eine Weile standen wir stumm nebeneinander. Ich wollte nicht die erste sein, die sich zu Wort meldete. Nach seiner ersten, zündete der Zwilling eine weitere Kippe an. Tief sog er den Rauch in seine Lungen. Hielt ihn für ein paar Sekunden. Dann blies er ihn nach oben weg, sodass ich den Gestank nicht in der Nase hatte. Seine violetten Iriden wanderten langsam zu mir. Während er mich von oben bis unten musterte, nahm er einen weiteren Zug.

"Du hast uns aus dem Schlamassel geholfen, nicht wahr..." Reumütig wandte ich meinen Blick ab. Für Eingeweihte musste mein Schauspiel zuvor armselig gewesen sein. Schuldbewusst bejahrte ich seine Vermutung.
"Ich wollte euch helfen... In meiner stärksten Form-"
"Danke", unterbrach mich der Kleinere. Überrascht schaute ich ihn an. Doch Rikus Augen waren schon wieder auf den Ort des Grauens gerichtet.
"Ich glaube, ohne dich wäre es hässlich geworden. Vor allem mit der Polizei. Wahrscheinlich wären wir alle der Arena verwiesen worden."
"Kann gut sein", stimmte ich leise zu. Obwohl die Betreiber der Himmelsarena in ihrem Innern grausame Kämpfe abspielen liessen, tolerierten sie es kaum, wenn sich ihre Bewohner ausserhalb duellierten.
"Darf ich dich sehen?" Rikus Augen wirkten matt. Aber ich konnte es ihnen nicht verübeln, dass sie vorübergehend ihren Glanz verloren hatten. Nur mussten wir ihm jetzt beistehen, sodass er sich bald wieder besser fühlte.
"Nicht hier draussen", bestimmte ich.
"Warum?", wollte der Dunkelhaarige sofort wissen.
"Überall hat es Augen und Ohren und ich habe noch nicht mit allem meiner Vergangenheit aufgeräumt. Es gibt Leute, die nicht wissen, dass mein Tod nur vorgetäuscht war-" Diese Unterhaltung stimmte mich nachdenklich. Mit wem sollte ich mich denn noch aussprechen. Fuyume kam mir als erste in den Sinn. Danach Kei. Mit meinem Onkel würde ich bestimmt noch eine ernste Unterhaltung führen müssen. So viele Menschen sind das ja gar nicht...
"Leute die dir nahestehen?" In Rikus Stimme schwang Neugier mit. Immerhin hatten Jin und ich nie viel über unsere Vergangenheit geredet und wenn, war es eh gelogen.
"Damals jedenfalls", zuckte ich die Schultern. Woher sollte ich wissen, ob sie sich nachher von mir abwenden würden.
"Wenn wir reingehen?" Nachgebend nickte ich. Also traten wir zusammen wieder herein. Ich wies ihn an, die Eingangstür abzuschliessen, während ich alle Vorhänge zuzog.

Unter Rikus wachsamem Blick nutzte ich mein Nen. Die Jogginghose mit einer Hand gepackt, damit sie mir nicht herunterrutschte, stand ich nun vor ihm. In schnellen Schwüngen band ich eine enge Schlaufe um meine Hüfte. Mit weit aufgerissenen Augen starrte mich der Zwilling an. Eigentlich war ich mir das Starren ja gewöhnt. Doch je länger er nichts sagte, desto hektischer wurden meine Gedanken. Was er jetzt wohl über mich denkt!? Unsicher biss ich auf meiner Unterlippe herum und flehte ihn innerlich an etwas zu sagen. Äusserlich verstrahlte ich jedoch die antrainierte Ruhe, die ich im Stripclub schon gebraucht hatte. Überrumpelt streckte der Kurzhaarige seine Hand nach mir aus.
"Freut mich, endlich deine-deine Bekanntschaft zu-zu machen", stotterte er. Ich ergriff seine Hand verlegen.
"Wir kennen uns doch schon", schmunzelte ich.
"Es wirkt nur so... als hättest du unterschiedliche Persönlichkeiten." Noch immer sprach er langsam. Wägte jedes Wort sorgfältig ab. Ich legte den Kopf schief.
"Aber es ist immernoch derselbe Verstand! Also verhalte dich mir gegenüber einfach, wie du es mit mir als Yoriko auch tust. Okay?" Der Zwilling nickte.
"Ich brauche aber ein bisschen... um mich daran zu gewöhnen!" Ich schenkte ihm eines meiner umwerfenden Lächeln.
"Nimm dir so viel Zeit wie du brauchst." Noch immer perplex wies er mir, auf einem der Sessel Platz zu nehmen. Beide Hände auf den Armlehnen abgestützt, glitt ich auf das Kissen und schwang ein Bein über das andere. Die violetten Iriden lagen auf mir, als hätten sie Angst, ich würde verschwinden, wenn sie mich aus ihrem Sichtfeld liessen.
"Du hörst das warhscheinlich oft, aber du bist wirklich schön...", murmelte der Kurzhaarige.
"Danke", lächelte ich. In meiner Karriere hatte ich auch gelernt, dieses Kompliment anzunehmen, auch wenn es mir persönlich nicht so viel bedeutete. Immerhin hatte mich dieses Aussehen auch in Konflikte gebracht. Aber wenigstens konnte ich erkennen, dass er es ehrlich meinte.

Forever him... // Hisoka ff HxHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt