Kapitel 79

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Nachdem Jin die Paralleldimension verlassen hatte, machte auch ich mich auf den Weg zurück in unsere Realität. Ziellos wanderte ich durch die Strassen. Irgendwann im Laufe des Tages musste es geregnet haben, denn der Boden war feucht und kleine Pfützen liessen mich Slalom laufen. Aber das war mir egal. Ich sog die frische Luft ein, die so herrlich nach nassem Beton roch und liess meine Gedanken frei treiben. Wenn ich mich in gestern Abend zurückversetzte, war ich einfach nur verwirrt. Wenn ich etwas negatives an Hisokas Persönlichkeit nennen müsste, dann hätte ich zu jeder Zeit seine Neigung zu Machtspielchen erwähnt. Diese war auch der Hauptgrund, weshalb ich mich so lange dagegen sträubte, mir eine Beziehung mit ihm vorzustellen. Schliesslich machte es einen relativ grossen Teil seines Charakters aus. Zudem hasste ich es, wenn Menschen den Wert eines anderen nicht zugestehen wollen. Mit seinem Verhalten gestern hatte mich der Zauberer gedemütigt. Meinen Willen komplett ignoriert und degradiert. Nur schon der Gedanke daran, machte mir Angst. Hinterliess eine Gänsehaut auf meinem gesamten Körper. Wie einfach seine Aktionen wirkten. Wie mühelos er mich gebrochen hatte. Obwohl er es schon so oft versucht hatte und dabei gescheitert war. Warum hatte er es gestern geschafft? Warum konnte ich dieser Erniedrigung nichts entgegensetzen!?

Gestern war es anders. Es hat mich irgendwie... angeturnt? Auch wenn er mich gedemütigt hat, fühlte ich mich sicher. Ich war zu jedem Zeitpunkt überzeugt, dass Hisoka sofort aufgehört hätte, wenn ich das Safeword ausgesprochen hätte. Und auch wenn ich ihn darum angefleht habe, aufzuhören, verspürte ich diese erniedrigende Erregung nur noch stärker, als er es nicht tat. Denn ich wollte es genauso. Ich wollte, dass er mich von oben herab... wie ein Objekt behandelte. Ich wollte, dass er mich lobte. Ich wollte, dass er mich dominierte und beherrschte. Ich fühlte mich wohl bei dem Gedanken, Hisoka diese Dinge mit mir anstellen zu lassen. Wenn er mir die Tränen wegwischte, die er verursacht hat. Ich vertraue ihm. Und dieses Vertrauen geht so weit, dass ich mich ihm ganz ausgeliefert habe. Dass ich all meine Bedürfnisse hinten angestellt habe, sodass ich durch ihn völlig neue entdecken konnte. Die Intensität schaffte eine neue Verbindung, in welcher sich meine Wünsche von meinen Worten unterschieden.

Andererseits habe ich mich noch nie so verletzlich gefühlt, wie danach. Hisoka war weiterhin dominant. Selbst nachdem ich mein Bewusstsein verloren hatte. Er befahl mir, mich anzuziehen. Ihm zu folgen. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter, als mir der Schwarzhaarige wieder in den Sinn kam. Diese Angst, diese elendige Hilflosigkeit, die ich verspürt hatte. Ich war abhängig von Hisoka. Zu meinem Glück, hatte er darauf reagiert. Ansonsten wüsste ich nicht, ob ich die Kraft- den Willen gehabt hätte, ihm etwas entgegensetzen zu können. Aber das reichte nicht. Auch wenn der Magier in seiner Wohnung auf mich einging, wünschte ich mir, dass er mich gleich danach aufgefangen hätte. Während des Sexes machte es mir nichts aus, aber er hätte sich gleich danach um mich kümmern sollen. Mich in den Arm nehmen, oder wenigstens etwas sagen können, das mich beruhigt. Wahrscheinlich würde ich anders empfinden, wenn er es getan hätte. Nicht so überfordert von den Geschehnissen. Nicht so verwirrt von meinen Gefühlen.

Gedankenverloren starrte ich auf die weisse Linie, die sich knapp vor meinen Schuhspitzen in die Länge zog. Ich wollte mit meinem Verlobten darüber reden. Ich musste es. Aber wie sollte ich das Thema überhaupt aufbringen. Wie konnte ich das, was ich fühlte, in Worte fassen, ohne dass er es als volkommene Kapitulation ansah. Es war ein Erlebnis wert. Doch ich wollte auch nicht, dass alle unsere Intimitäten darauf hinausliefen. Ich mochte es zwar, ihm die Kontrolle abzugeben. Dennoch stand ich ebenso darauf, selbst in Aktion zu treten. Meinen eigenen Willen durchzusetzten. So war ich nunmal. Ich atmete tief ein. Jin hat Recht. Wovor habe ich Angst? Hisoka liebt mich. Nachdem ich so hart für unsere Beziehung gekämpft habe, will ich mich nicht unterkriegen lassen. Ich darf mich nicht unterkriegen lassen. Wir kriegen das hin. Ich werde ihm meine Meinung mitteilen und er wird sie akzeptieren. Er wird sie akzeptieren müssen. Also würde ich auf einen geeigneten Zeitpunkt warten, um es zu thematisieren.

Forever him... // Hisoka ff HxHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt