Kapitel 33

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Der Abend war so wunderschön, dass es mir glatt die Sprache verschlug. Hisoka war so einfühlsam und liebevoll. Wie er das alles organisieren konnte mit den Spinnen im Nacken war mir ein Rätsel. Trotzdem genoss ich es in vollen Zügen. Denn solange Kichiro nicht Alarm schlug, dass jemand von der Troupe in der Nähe war, konnte ich mich komplett fallen lassen. Begeistert schweiften meine Augen über die Lichter der Stadt. Wollten alles einfangen. Auch wenn York New unglaublich riesig war, erkannte ich das Theater, in welches mich Kasai zu einer Gala geschleppt hatte.
"Woran denkst du?" Hisoka stellte sich neben mich, die Hände in den Hosentaschen vergraben.
"Vergangenes", murmelte ich bloss. Einen kurzen Moment wendete ich meinen Augen von der malerischen Aussicht ab. Mein Freund sah atemberaubend aus. Der leichte Wind spielte mit seinen herunterhängenden Haaren und liess ihn beinahe jugendhaft wirken. Dennoch strahlte seine Haltung eine unbeschreibbare Dominanz aus. Mit einem Seitenblick funkelten mir die goldenen Iriden entgegen. Meine Knie wurden weich. Seine Mundwinkel hoben sich zu einem überlegenen Grinsen.
"An mich?" Ich lachte leise und wandte mich wieder den Lichtern zu.
"Ja... Auch an dich."
"Erzähl mir von dem, was dir gerade im Kopf herumspukt", bat mich der Magier. Ein Seufzen entwich meiner Kehle.
"Als ich vor dir noch auf der Flucht war, bin ich bei diesem Milliardär untergekommen. Kasai Hideo. Ein ekliger Drecksack... Jedenfalls wollte er, dass ich ihn auf eine Gala begleiten, die da stattgefunden hat!" Einhändig zeigte ich auf das Globe Theatre.
"Es war so langweilig, dass ich fast im Stehen eingeschlafen bin", lachte ich und warf dem Zauberer einen Blick zu. Hisokas Laune wirkte, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Wo zuvor diese Heiterkeit herrschte, lag nun eine gewaltige Mordlust in seinen Augen. Während er die Zähne fest zusammenbiss, krallten sich seine Hände so stark an das Geländer, dass seine Knöchel weiss hervortraten.
"Ich hätte es niemals zulassen dürfen, dass dieser Mistkerl Hand an dich legt!", zischte er mit bedrohlichem Unterton. Ich konnte ihm ansehen, dass er meinen ehemaligen Arbeitgeber töten würde, wenn ich das nicht schon getan hätte.

Diese Reaktion ordnete ich seiner unsinnigen Eifersucht zu, weswegen ich meine Hand sanft auf eine seiner legte.
"Hisoka, es ist Vergangenheit... Wenn nur das, was ich durchgestanden habe, zu diesem einen Moment führt, in dem wir uns gerade befinden, dann würde ich es wieder und wieder tun!" Goldene Augen blitzten mir entgegen. Auch wenn mir ihr Blutdurst einen kalten Schauer über den Rücken schickte und sich mein Körper augenblicklich auf eine Flucht vorbereitete, verhinderte mein Verstand die Reaktion. Einen Moment liess ich verstreichen. Er wird mir nie wieder etwas antun! Herr über meine Bewegungen, löste ich seine Hand und drehte ihn zu mir.
"Ich bin Dein! Und ich werde es auch immer sein!" Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe herum. Allmählich veränderte sich der Ausdruck in seinem Gesicht.
"Tu das nicht!", forderte Hisoka abgelenkt und starrte auf meinen Mund. Bewusst langsam liess ich meine Lippe durch die Zähne gleiten. Seine Atmung verschnellerte sich. In einem rasanten Zug befeuchtete er seine Lippen, bevor der Zauberer mich grob an sich zog und mich stürmisch küsste. Sofort drückte er seine Zunge in meinen Mund und begann hektisch mit meiner zu kämpfen. Ich übte ein wenig Widerstand, doch dann überliess ich ihm die Kontrolle.
"Du gehörst mir!", knurrte er, ohne sich weiter als ein paar Millimeter von mir gelöst zu haben.
"Ich gehöre dir!", flüsterte ich ergeben. Wieder küsste er mich. Doch diesmal sanfter. Gefühlvoller. Steckte seine Zuneigung in diesen Kuss.

"Du musst akzeptieren, dass ich ein Leben vor, sprich neben dir hatte", sprach ich das delikate Thema geradewegs an. Denn ich wollte es endlich abhaken. Und gerade schien der perfekte Zeitpunkt. Denn weder meine, noch Hisokas Bekannten konnten uns jetzt gerade unterbrechen. Meinen Kopf gesenkt redete ich weiter.
"So wie du dich mit anderen vergnügt hast, habe ich das mehr oder weniger auch getan. Aber das ist jetzt nicht mehr der Fall. Es ist Vergangenheit. Und wenn du es nicht akzeptieren kannst, dann tolerier es bitte. Für mich..." Langsam sah ich auf. Der Rothaarige musterte mich verschlossen. Leckte sich über die Lippen. Schluckte, sodass sein Adamsapfel nach oben sprang. Ich wartete geduldig auf eine Antwort.
"Ab jetzt nie wieder-"
"Ich will niemanden anderen als dich!", unterbrach ich seine unnötige Forderung. Denn im Gegensatz zu mir, konnte er mich lesen, wie ein offenes Buch. Der attraktive Mann nickte.
"Ich gehe kurz auf die Toilette... mich frisch machen", informierte er mich geistesabwesend und verliess den Balkon. Ich schaute ihm lächelnd nach. Erst jetzt bemerkte ich die Securitas, die die anderen Besucher davon abhielten, den Balkon zu betreten. Sie machten dem Rothaarigen Platz und sahen dann kurz zu mir hinaus. Ich winkte ihnen freundlich zu. Einer der beiden nickte. So drehten sie sich wieder dem Innenraum zu. Hisoka war schon immer Extra, dachte ich grinsend. Meine Augen folgten einem Bus, aus dessen Inneren es blinkte wie von einer Lichtshow. Ich erkannte das Prinzip. Es war einer dieser Strip-Events, welche häufig für Junggesellenabschiede gebucht wurden. In Zaban City hatten wir nie so etwas extravagantes. Trotzdem war der Trend an uns nicht vorbeigegangen. Nur befürchtete der Besitzer des Clubs, in welchem ich gearbeitet hatte, dass ich mich dabei verletzen könnte. Deshalb musste ich wohl oder übel auf diese Erfahrung verzichten.

Forever him... // Hisoka ff HxHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt