Kapitel 80

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Hisoka stampfte wütend den Gehweg entlang. Ich war ihm bis ausserhalb der Stadt gefolgt. Anscheinend suchte er nach einem Ort, an welchem wir alleine waren. Und das angrenzende Waldstück eignete sich hervorragend dazu. Er wartete mitten unter den Bäumen, als ich ihn endlich einholte. Die Hände in die Hüften gestützt und mit abschätzigem Gesichtsausdruck plusterte er sich vor mir auf. Sein Zorn konnte ich ihm nur allzu gut ansehen.
"Mir gehst du aus dem Weg!?" An seinen Fingern begann er abzuzählen.
"Du distanzierst dich von mir. Ziehst ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Du sagst kein 'Ich liebe dich auch'. Du sprichst nicht mehr mit mir und wenn dann antwortest du mir nicht ehrlich!? Hast du dich von mir ferngehalten, damit du ihn sehen kannst? War das der alte Bekannte, den du so unbedingt treffen wolltest!?", grollte seine sonst so verspielte Stimme, ohne ein Funken seines belustigten Selbst.
"Nein! Wir haben uns nur zufällig-"
"Ja genau", spottete er und warf verächtlich die Hände in die Luft.
"Genau so zufällig wie du hier bleiben willst, wenn er in der Stadt ist!" Sprachlos schloss ich meinen Mund. Ich atmete tief durch und kämpfte gegen die Angst an. Hisoka liebt mich!
"Ich bin doch nicht seinetwegen hier!"
"Sondern?"
"Weil ich bei dir sein will-" Hisoka lachte. Ein düsteres, ungläubiges Lachen. Kopfschüttelnd verschränkte ich meine Arme vor der Brust.
"Wenn du mir nicht glaubst, ist das dein Problem", erwiderte ich gekränkt. Der Magier kam auf mich zu. Ich starrte ihm unbeeindruckt in die Augen. Funkelte ihn widerspenstig an. Sein Ausdruck änderte sich leicht. Als wäre er erleichtert, dass ich wieder zu mir gefunden hatte.
"Du willst mir weismachen, dass du meinetwegen hier bist..." Die goldenen Iriden betrachteten mich. Teils hungrig. Teils enttäuscht.
"Aber vor mir läufst du davon. Seit du hier bist, willst du irgendwie an den CEO der Myaguchi Corporation herankommen, bei Fuyume abhängen oder deinen Ex treffen-"
"Ich will meinen Ex nicht treffen! Wenn ich gewusst hätte, dass er bei Fuyume ist, dann wäre ich nicht reingegangen!", wiederholte ich mich. Diesmal lauter, in der Hoffnung, dass sein eifersüchtiges Spatzenhirn es endlich verstand.

"Ach, wenn das so ist...", verdrehte er die Augen. Langsam ging er mir ebenso auf die Nerven.
"Und wen hast du dann gemeint!? Welchen alten Bekannten hast du hier noch!"
"Meinen Onkel: Sano Kei!", erklärte ich ein weiteres Mal. Starrte ihn selbstsicher an. Er würde mich nicht mehr herumschubsen können. Und wenn, dann nur, wenn ich das will...
"Ich will wieder Kontakt mit ihm aufnehmen. Wenigstens um uns auszusprechen. Er gehört zu meiner Familie. So wie Kazu es tat..." In Gedanken an den Langhaarigen entstand ein Kloss in meinem Hals. Schnürte mir grausam die Luft ab. Er hat mich behandelt wie eine Tochter und ich habe ihn verraten. Hisokas Blick veränderte sich. Wurde ruhiger. Abgeklärter. Wind liess mich frösteln und blies mir die Haare ins Gesicht. Ich strich sie hinter meine Ohren, was nicht wirklich half. Ich wusste nicht, was ich sagen konnte, um die Situation zu entschärfen. Hisoka wirkte so wütend. So verletzt...
"Ich liebe dich-"
"Geh mir aus den Augen!", knurrte der Rothaarige und sah sich aufgebracht um.
"Was?", verwirrt ob ich richtig gehört hatte, fragte ich nach. Seine Hand schnellte so rasant an meinen Hals, dass ich nicht reagieren konnte. Mit unbeugsamer Kraft stiess er mich rückwärts bis ich hart auf einen Baum traf. Die Kollision presste mir die Luft aus den Lungen.
"Ich sagte, geh mir aus den Augen!" Seine Stimme entwich zischend. Ein bedrohlicher Unterton hatte sich in sie geschlichen. Die Augen abwertend zusammengekniffen, wirkte er extrem gefährlich.
"Ausser du willst es darauf ankommen lassen!" Ich wollte nicht, dass er so mit mir umging. Aber ich schluckte meinen Stolz herunter und nickte. In diesem Zustand würde er sich nicht beruhigen lassen. Selbst von mir nicht.

Ich wartete, bis sein Griff nachliess. Die Zähne zusammengebissen starrte ich ihn missbilligend an. Dann drehte ich mich um. Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, ging ich aus dem Wald. Dabei spürte ich ganz genau, wie sich seine Aura auf die Jagd vorbereitete. Ein kalter Schauer überkam mich, wenn ich daran dachte, dass er selbst vor mir nicht Halt machen würde. Noch immer nicht... Dunkle Wolken türmten sich über meinem Kopf. Regen lag in der Luft. Ich verringerte mein Tempo, je weiter ich mich von meinem Verlobten entfernte. Kopfschüttelnd spatzierte ich die altbekannten Strassen entlang. Aber ich wusste nicht wo ich hin sollte. Zu Fuyume konnte ich noch nicht zurück. Nicht solange die Möglichkeit bestand, dass Ian noch da war. Und in Hisokas Appartment wollte ich nicht. Gedankenversunken entschied ich mich für den einzigen Ort, an welchem ich in Ruhe nachdenken konnte.

Forever him... // Hisoka ff HxHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt