Unbreakable

Kapitel 6: Eine Ahnung

   In diesen zwei Wochen bis zum Wiedersehen schreiben wir viel miteinander – sogar mehr, als ich eigentlich gedacht hätte. Ich hatte die Angst, es könnte unangenehm zwischen uns werden, nachdem wir uns als Fremde unsere Probleme und Gedanken anvertraut haben, weil wir uns ursprünglich dazu entschlossen hatten, uns nie mehr wiederzusehen. Ruby hat sich allerdings als Erste einen Ruck gegeben und mich angeschrieben – nachdem sie mich beim letzten Mal zum Essen eingeladen hat. Es ist ihr auch wirklich gut gelungen, weil ich seit dem jeden Tag an meinem Handy sitze und mit genau dieser Person schreibe statt mit all den anderen Freunden, die ich noch habe. Meistens weiß ich am nächsten Tag gar nicht mehr so genau, worüber wir uns eigentlich unterhalten haben. Ich weiß, dass es Spaß gemacht hat und wir gut zusammen harmoniert haben. Es sind oftmals nur einfache Nachrichten. Wie der Tag gewesen ist. Ob irgendetwas Interessantes passiert ist. Ein Witz, den irgendwer der anderen unbedingt erzählen muss. Irgendein TikTok oder Instagrambeitrag. Manchmal artet der Chat zwischen uns auch aus, wenn eine von uns mit irgendwelchen süßen GIFs beginnt und die andere darauf anspringt. Oder dass einer meiner Arbeitskollegen (ja, ich gehe wieder zur Arbeit) mir letztens netterweise eine Brezel mitgebracht hat, die er in einer freien Minute beim Bäcker gekauft hat. Es ist nicht die Welt, aber es sind die Kleinigkeiten, die mich an mein Handy halten und mir ein Lächeln auf das Gesicht zaubern.

Eingebildete Zicke😝🤍: Jungs in meinem Alter sind echt noch Kinder

Eingebildete Zicke😝🤍: Manchmal hab ich das Gefühl, die sind zu verblödet, um überhaupt zu verstehen, dass sie nächstes Jahr ihren Abschluss machen...

Ich muss grinsen. Typisch. Ruby scheint sich ziemlich gern über Dinge zu beschweren.

›Was ist passiert?‹, frage ich. Während sie ihre Antwort tippt, decke ich schon mal den Tisch für das Abendessen. Heute sind wir zu fünft, weil Nora und Ben wie so oft mit uns zusammen essen, was ich herzlich begrüße.

Eingebildete Zicke😝🤍: Sie fanden es scheinbar ziemlich lustig, sich gegenseitig anzufurzen und anzurülpsen

Ew. Okay, das ist definitiv kindisch. Und vor allem ekelhaft. Da vergeht mir glatt die Lust auf das Essen.

Ich kann gar nicht anders, als das Gesicht verziehen, aber zugegeben, ich habe schon Schlimmeres mitbekommen.

Ich: Boah, das ist abartig

Ich: Aber das ist noch gar nichts

Ich: Bei uns haben die damals nach dem Aufklärungsunterricht über Sex in der Sportkabine die geschenkten Kondome für Wasserbomben benutzt

Ich: Fand unsere Sportlehrerin nicht so lustig, als alles unter Wasser stand

Eingebildete Zicke😝🤍: Wtf

Eingebildete Zicke😝🤍: Manchmal wüsste ich echt gerne, was durch deren Köpfe durchgeht

Eingebildete Zicke😝🤍: Als Mädchen machst du eigentlich nie eine solche Phase durch

Ich: Nein, dafür schmieden wir irgendwelche Pläne, wie wir unseren Liebesrivalinnen das Leben möglichst zur Hölle machen können

Ich: Das ist echt sooo viel besser

Ich: Wenn ich es mir aussuchen könnte, wäre ich am liebsten weder jemals Junge noch Mädchen

Denn um fair zu sein: Frauen können genauso scheiße sein. Zicken kann auch niemand leiden und manchmal sind die deutlich schlimmer als Männer, die nur Unsinn im Kopf haben.

Unterdessen höre ich, wie die Haustür aufgeht, aber störe mich daran nicht. Es ist unhöflich, ja, aber ich will dieses Gespräch noch zu Ende bringen.