Mehrere Blöcke weiter bleibe ich schließlich stehen und mir fällt erst jetzt auf, dass ich noch immer Rubys Hand halte – dass sie sich nicht einmal die Mühe gemacht hat, sie von mir zu nehmen. Stattdessen ist Ruby mir bestimmt eine Viertelstunde stillschweigend und Hand in Hand gefolgt. Hat sie gar keine Angst, dass das jemand gesehen haben könnte, den sie kennt und sie nun für lesbisch hält? Oder dass das jemand ihrem Freund weitersagen könnte? Oder würde sie es einfach als eine Intimität zwischen guten Freundinnen abtun? Funktioniert das nicht normalerweise ziemlich gut, wenn man klarstellt, dass man überhaupt nicht an dem weiblichen Geschlecht interessiert ist?
»Entschuldige. Ich bin eher der Typ, der viel Körperkontakt pflegt – auch unter Freundinnen.«
Vermutlich hat das für sie gar nichts zu bedeuten. Vermutlich verschwendet sie nicht einen einzigen Gedanken damit.
Mit einem Seufzen gebe ich ihre Hand schließlich frei, obwohl ich sie gerne noch länger gehalten hätte, und fasse mir nervös an den Nacken.
Warum mache ich mir überhaupt Gedanken darüber? Es ist nicht einmal so, als hätten wir wirklich etwas am Laufen. Sie würde nur die Wahrheit sagen.
»Tut mir leid, dich als Alibi benutzt zu haben, nur konnte ich in dem Moment einfach nicht anders. Rebecca hätte mir alles andere sowieso nicht geglaubt, also«, ich atme tief durch, »Entschuldige einfach.« Sie schüttelt den Kopf und gibt mir mit einem sanften Lächeln zu verstehen, dass es für sie kein Problem darstellt.
Erleichterung breitet sich in mir aus, aber genauso schnell steigt auch wieder die Panik empor. Erst jetzt realisiere ich so richtig, dass ich ihr damals gar nicht gesagt habe, dass ich eine Ex und keinen Ex habe.
»Sorry, dass ich dir nicht gesagt, dass es kein Er, sondern-«
»Das ist mir egal. Du bist es mir nicht schuldig gewesen, es mir zu sagen. Viel lieber will ich wissen, wie es dir denn geht. Ich meine, nachdem du deine Ex getroffen hast«, unterbricht sie mich und ich sehe in ihren Augen große Sorgen geschrieben. Das wiederum lässt mich schmunzeln.
Ihr ist es egal, dass ich sie angelogen habe, und sie sorgt sich stattdessen vielmehr um mein Wohlbefinden? Wenn sie nicht vergeben wäre, hätte ich sie dafür gerade heiraten wollen.
Ich zucke mit den Schultern. »Besser als gedacht«, ich stoße hörbar laut die Luft in meinen Lungen aus, »Ich dachte, es würde mir viel mehr weh tun, sie irgendwann wiederzusehen – dass ich bemerken könnte, dass ich sie nach einem Monat der Trennung immer noch wollen würde. Dass ich es bereuen könnte, Schluss gemacht zu haben«, ich schüttele den Kopf, »Aber dem ist nicht so. Ich fühle den Schmerz, aber nicht mehr die Liebe. Sie ist mir romantisch gesehen egal. Trotzdem würde ich ihr liebend gerne weiterhin aus dem Weg gehen – bei all dem Mist, den sie abgezogen hat.« Der Teil ist immerhin nicht gelogen gewesen.
Also ist es vielleicht gar nicht mal so schlecht, dass ich Rebecca wiedergetroffen habe – dass mir mein Herz die Bestätigung gegeben hat, die ich so dringend gebraucht habe: Dass ich über Rebecca hinweg bin.
»Das ist gut«, sagt sie sanft und das Lächeln auf ihrem Gesicht wirkt so echt, dass es mein Herz beinahe zum Schmelzen bringt. Wie kann sie sich so ehrlich für jemanden freuen, den sie nicht einmal lange kennt? Wie kann es sein, dass es mich glücklich macht, dass sie so sehr an meinem Leben interessiert ist?
Das sollte alles nicht sein. Nicht so zumindest.
»Ich wollte es wirklich nicht geheim halten.« Ruby schaut mich daraufhin fragend an und ich fahre fort: »Ihr Geschlecht, meine ich. Wir kannten uns nur noch nicht und ich dachte, wir würden uns ohnehin nicht mehr wiedersehen, also-«
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Unbreakable
RomanceDu kannst mich schlagen, mich aber niemals brechen. Selbst wenn du mit erhobener Faust vor mir stehst, werde ich nicht mehr zurückweichen. Du wirst mich nicht klein kriegen, egal, wie sehr du es auch versuchen magst. Kein Schmerz der Welt wird mich...