[Vergangenheit]
»Warum rauchst du eigentlich?«, fragte ich neugierig, als sie sich gerade eine neue Zigarette anzündete und einmal kräftig daran zog. Sofort wurden ihre Gesichtszüge leichter. Ich saß neben ihr und hatte mich an sie gelehnt, während wir uns zu fünft – Matt, Leon, Florian, Zoe und ich – um das kleine Lagerfeuer auf dem Schrottplatz gesetzt hatten. Zumindest waren wir fünf anwesend. Florian war schon lange durch seinen übermäßigen Alkoholkonsum eingeschlafen, wofür ich ziemlich dankbar gewesen war.
»Weil es mir hilft, mich zu entspannen. Ähm... Es ist ein bisschen wie mit einer guten Serie nach dem Feierabend oder ein Treffen mit Freunden, um Spaß zu haben. Rein theoretisch braucht man es nicht, aber es hilft einem«, antwortete sie ehrlich und schenkte mir ein sanftes Lächeln. Mit keiner Sekunde hatte sie mir zugetraut, dass ich ihre Art und Weise, zu leben, verurteilen würde. Nein, stattdessen hatte sie mir vertraut und meine Frage als einfache Neugierde – was es auch gewesen war – abgetan.
»Kann ich auch mal daran ziehen?«, fragte ich dann und schaute ihr tief in ihre dunkelbraunen Augen, die mich augenblicklich tief in ihren Bann gezogen hatten. Diese Wirkung würden sie immer auf mich haben.
Zoe hingegen warf mir einen skeptischen Blick zu. »Ich glaube, es wäre besser, wenn du die Finger davon lässt. So was kann schnell zur Sucht werden und ehrlich, ich weiß, ich erzähle dir nichts Neues, aber das ist ziemlich schädlich für den Körper«, widersprach sie mir und ich fand es fast schon süß, wie sich langsam eine Sorgenfalte auf ihrer Stirn bildete, je mehr sie redete, weil sie nicht wollte, dass ich etwas tat, was nicht gut für mich war. Es war süß, wie sie mich vor allem Schlechten beschützen wollte.
»Jetzt werde nicht noch zur gleichen Spielverderberin wie deine Kleine. Wenn sie schon endlich erwachsen werden möchte, dann lass sie doch endlich mal lockerer werden«, warf Leon hämisch grinsend ein, woraufhin Zoe ihm einen bösen Blick zuwarf, der bestimmt getötet hätte, wenn das möglich gewesen wäre.
»Halt dein scheiß Maul, Leon. Nur weil du dein Leben nicht mehr im Griff hast, heißt das nicht, dass du andere auch noch dazu ermutigen solltest«, fuhr sie ihn scharf an. Ihre Augen, in denen die Wut brodelte, schienen eine Spur dunkler – kälter – zu werden, sobald sie mit ihm sprach.
»Ist ja schon gut«, murmelte er trotzig vor sich hin und nahm einen weiteren Schluck von seinem puren Wodka, als wäre es reines Wasser. Er hatte sein Leben sichtlich nicht mehr im Griff.
Dann wandte sie sich wieder mir zu und umfasste mein Gesicht mit beiden Händen – die Zigarette noch immer zwischen ihrem Zeige- und Mittelfinger –, als müsse sie damit sichergehen, dass es mir auch wirklich gut ging. »Bist du dir wirklich sicher?«, wollte sie besorgt wissen und schien in meinen Augen die Wahrheit lesen zu wollen – als hätte sie Angst, ich könnte es unfreiwillig tun wollen. Aus Gruppenzwang zum Beispiel.
Das fand ich schon immer unglaublich liebenswert an Zoe – wie sie nicht auf Zwang heraus die taffe Frau spielte. Sie hatte keine Angst davor, auch ihre verletzliche Seite in einer Beziehung zu zeigen – zu zeigen, wie weich ihr Kern eigentlich war und wie sehr sie sich um die Person, die sie liebte, sorgte.
»Ja, sehr«, antwortete ich mit fester Stimme – wich ihrem durchdringenden Blick aus. Ich war mir nicht hundertprozentig sicher, aber ein großer Teil in mir wollte Zoe – ihrem Leben – näherkommen. Er wollte wissen, wie es sein musste, sie zu sein – ihre Entscheidungen und Fehler zu treffen. Er wollte wissen, wie diese Droge schmeckte, die ihr half, die Last – ihre Ängste und Probleme – auf ihren Schultern für wenige Augenblicke vergessen zu können.
Ich wollte sie einfach besser verstehen lernen, ohne dass sie es mir zu sagen brauchte.
Daraufhin hauchte mir Zoe eine Rauchwolke ins Gesicht und ich verzog sofort das Gesicht. »Du magst nicht einmal den Geruch oder den Rauch von Zigaretten«, stellte sie aufmerksam fest, »Du musst dich nicht dazu zwingen, wenn dein Körper dir eigentlich schon sagt, dass es keine gute Idee werden wird.« Wenn sie es bloß nicht selbst tun würde! Dann hätte ich ihr vermutlich zugehört und es sein gelassen.
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Unbreakable
RomanceDu kannst mich schlagen, mich aber niemals brechen. Selbst wenn du mit erhobener Faust vor mir stehst, werde ich nicht mehr zurückweichen. Du wirst mich nicht klein kriegen, egal, wie sehr du es auch versuchen magst. Kein Schmerz der Welt wird mich...