Kapitel 32: Die Erkenntnis

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   Ich blinzele. Einmal. Dann zweimal. Beim dritten Mal behalte ich die Augen geöffnet und versuche, meine Orientierung zurückzugewinnen. Heute hält sich die Sonne bedeckt und versteckt sich hinter zahllosen Wolken, die den heutigen Tag ziemlich traurig gestalten. Sobald ich mich an letzte Nacht zurückerinnere und den warmen Körper neben mir spüre, der mein Herz schmerzhaft zum Pochen bringt, schieße ich augenblicklich in die Höhe und setze mich an den Bettrand – bestürzt über meine eigenen Gefühle, lege ich sogar die Hände in den Nacken, nachdem ich mir überfordert durch das Gesicht gefasst habe.

Ich hatte gehofft, dass diese Empfindungen in mir drinnen nur sexueller Natur gewesen sind – dass ich nur auf ein paar wilde Nächte mit meiner Exfreundin aus wäre, weil sie nun mal ziemlich heiß ist. Tief in meinem Inneren ist es mir vermutlich klar gewesen. Dieses Gefühl in meiner Brust ist nicht verschwunden, nachdem wir miteinander geschlafen haben. Ganz im Gegenteil, es scheint eher so, als hätte ich mit der letzten Nacht erst den Startschuss dafür gegeben und jetzt fühlt es sich an, als würde mein schneller Herzschlag mich umbringen wollen.

Fuck‹, schießt es mir durch den Kopf, als ich mir mit verzerrtem Gesicht durch die Haare fasse.

Es kann nicht sein, dass ich Zoe doch noch liebe. Das darf einfach nicht sein. Sie wieder zu lieben, würde sich so anfühlen, als würde ich sie nur ein zweites Mal verlieren, und ich ertrage keine Verluste mehr. Ich kann das nicht mehr. Ich kann dieses Auf und Ab nicht mehr.

Aber die Gefühle sind noch da. Die Liebe ist noch da. All das zwischen uns ist noch da und ich hasse es, dass Zoe gerade so friedlich weiterschlafen kann, während bei mir eine Welt zusammenbricht – als würde sie all das hier nicht im Geringsten mitnehmen.

Natürlich nicht. Vermutlich ist das hier für sie wirklich nur ein Spaß gewesen. Schließlich bahnt sich zwischen Tamara und ihr gerade etwas Ernstes an.

Was mache ich eigentlich inmitten dieses Chaos? Was hab' ich da zu suchen?

»Was hatten Elena und du eigentlich gestern besprochen, als ihr zusammen weggegangen seid? Also, wenn es mich was angeht«, fragt Zoe plötzlich und ich erschrecke beinahe, weil ich in diesem Moment nicht damit gerechnet habe, dass sie bereits wach ist.

Aber immerhin glaubt sie mir wirklich und geht auch davon aus, dass wir nur miteinander geredet haben und dass wir keinen Sex hatten. Nicht so wie Ben und vermutlich der ganze Rest.

»Sie hat mir ihre Liebe gestanden und ich wollte sie nicht vor allen Leuten zurückweisen. Deshalb bin ich mit ihr verschwunden«, antworte ich ehrlich, weil ich keinen Grund sehe, ihr das verschweigen zu müssen. Vermutlich würden sich die beiden ohnehin nie mehr begegnen, weil Zoe und ich sehr wahrscheinlich erneut den Kontakt verlieren werden.

Irgendwas in mir drinnen, sträubt sich dagegen, das wirklich zu glauben, aber in meinem Kopf komme ich einfach nicht umher, so zu denken. Wer das einmal getan hat, wird es auch wieder tun können – ohne Skrupel. Warum sollte Zoe da eine Ausnahme darstellen? Ich weiß, dass sie ihr Versprechen bisher gehalten hat, aber das heißt nicht, dass es nicht noch gebrochen werden kann.

Auf einmal weiten sich Zoes Augen und sie richtet sich ungläubig auf. »Das hast du?«

Ich nicke und versuche nicht zu viel in ihre Mimik hineinzuinterpretieren. »Ich kann ihre Gefühle nun mal nicht erwidern. Was blieb mir also anderes übrig?« Es wäre rücksichtslos und egoistisch gewesen, wenn ich es nicht getan hätte. Es erscheint mir noch immer als das einzig Richtige, ihr eine klare Abfuhr erteilt und das zwischen uns beendet zu haben, selbst wenn es mir noch immer schwer im Magen liegt, Elena verletzt zu haben. Ich hoffe, sie kommt darüber gut hinweg.

Es ist egoistisch, aber ich hoffe, Elena geht nicht – hoffe, sie bricht den Kontakt nicht mit mir ab. Es würde mich nicht sehr hart treffen, weil ich dafür zu penibel darauf geachtet habe, dass sie mir nicht allzu sehr ans Herz wächst, aber sie ist trotzdem eine Freundin für mich. Ich will sie nicht verlieren. Es würde mich trotzdem traurig stimmen.

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