»Du wolltest reden?«, fragt mich Zoe – nicht anfeindend, sondern liebevoll. So, wie sie es schon immer getan hat, und so, wie sie gegenüber allen ist. Sie ist einfach ein unglaublich toller Mensch und ich hasse mich dafür, dass mir dieses Detail gerade jetzt wieder auffällt.
»Ja«, presse ich schwer hervor, ehe ich mir innerlich einen Ruck gebe, »Und bitte hass mich dafür nicht.« Ich halte das rostige Geländer der Brücke fest umgriffen, als würde mein Leben davon abhängen. Ich weiß nicht, warum ich mich gerade für diesen Ort entschieden hatte, aber ich wusste, dass wir das weder bei ihr noch bei mir Zuhause regeln könnten. An dieser steinalten Brücke, an deren Geländer unzählige Schlösser mit Liebesbotschaften gekettet sind, sind wir unzählige Male bei unseren damaligen Spaziergängen vorbeigegangen. Obwohl mich dieser Kitsch rund um die Schlösser nie sonderlich interessiert hat, ist mir dieser Ort immer in Erinnerung geblieben. Vielleicht ist es auch nur mein Kopf, der mir sagt, dass ich bei einer Abfuhr direkt springen könnte. Was ziemlich geschmacklos wäre. Und ich auch niemals tun würde.
Daraufhin legt Zoe den Kopf schief. »Hast du jemanden ermordet?«
»Nein?«, antworte ich irritiert.
»Jemanden krankenhausreif geschlagen?« Ich schüttele den Kopf. »Irgendwen ausgeraubt?« Erneut verwirrtes Kopfschütteln. »Jemanden vergewaltigt?«
»Heilige Scheiße, nein!«, rufe ich vor Entsetzen aus und schlage gegen das Geländer, doch Zoe muss nur schmunzeln und lehnt sich dagegen, während sie mich keine Sekunde aus den Augen lässt.
»Dann weiß ich nicht, warum ich dich hassen sollte.« Obwohl es so lächerlich ist, muss ich breit grinsen. Ich weiß, meine Bedenken sind unnötig gewesen, aber dennoch hatte ich die Sorge, meine Gefühle könnten Zoe dazu veranlassen, mich zu hassen, weil sie eventuell das Gefühl bekommen könnte, dass ich mich ihr zu sehr aufdränge.
»Auch wenn ich dir sage, dass ich dich immer noch will?«, frage ich leise, doch ihren geweiteten Augen zu urteilen, hat sie mich verstanden.
Hat sie nicht mit einem Geständnis gerechnet und reagiert daher so oder wünscht sie sich gerade innerlich, ich hätte ihr das niemals gesagt?
Fuck, ich hatte längst vergessen, wie nervenaufreibend es sein konnte, jemandem die Liebe zu gestehen. Seit Zoe hatte ich das nie mehr getan. Ich war nie mehr in Beziehungen gewesen, selbst wenn es die ein oder andere Person gab, die mein Interesse geweckt hatte oder die mir ihr Interesse nur allzu gut kund getan hat – sie so sehr beteuerte, wie sie Gefühle für mich entwickelt hätte, die ich niemals habe erwidern können. Hatte ich nach Zoe die Angst, mich erneut so verletzlich machen zu können? Mich wieder auf jemanden einzulassen, der mir mein Herz so sehr zerschmettern könnte, wie es Zoe einst getan hat? Sie ist die Eine für mich gewesen, aber wie ich für die anderen Personen die Richtige war, bin ich das denn jemals für Zoe gewesen? Oder bleibt sie bei vergangenen Aussagen, dass wir keine Zukunft zusammen hätten?
Kann die Zeit solche Ansichten überhaupt ändern? Wenn etwas nicht passt, passt es dann nicht einfach nicht? Kann man es überhaupt passend machen, egal, wie sehr man es versucht? Egal, wie viel Zeit auch vergangen sein mag? Egal, wie sehr man sich selbst verändert hat?
Mein Lächeln von vorhin verschwindet und ich spüre nur zu deutlich, wie sich die beklemmende Furcht in mir ihren Weg emporkriecht. Ich könnte wetten, dass mein Gesicht kreidebleich wird.
Vielleicht wird sie mich dafür nicht hassen, aber könnte sie mich danach nicht trotzdem mit anderen Augen sehen? Trotzdem auf Distanz gehen? Sich trotzdem entfremden? Oh Gott, kann ich das überhaupt verkraften?
»Entweder du riskierst es, dein Herz gebrochen zu bekommen, oder du wirst nie glücklich werden können.«
Ich versuche mir verzweifelt, diese Worte immer und immer wieder vor Augen zu führen, um mein schnell klopfendes Herz und die Angst, die mir im Nacken klebt, zu besänftigen.
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Unbreakable
Roman d'amourDu kannst mich schlagen, mich aber niemals brechen. Selbst wenn du mit erhobener Faust vor mir stehst, werde ich nicht mehr zurückweichen. Du wirst mich nicht klein kriegen, egal, wie sehr du es auch versuchen magst. Kein Schmerz der Welt wird mich...