Ich blinzele mehrere dutzend Male, ehe ich die Augen endgültig aufschlage. Die Morgensonne lacht mir froh und munter entgegen und sobald ich einen warmen Körper an mir spüre, kann ich nicht anders, als der Sonne zurückzulächeln.
Oh Gott, wie erbärmlich, sich über eine solche Kleinigkeit zu freuen, wenn sie doch eigentlich noch immer jemand anderem versprochen ist. Wenn sie doch noch immer mit ihrem Freund zusammen ist. Dass ihre Beziehung keine Zukunft hat – nicht haben darf –, ist das Einzige, das meine Erbärmlichkeit mildert.
Also mache ich mir nichts draus und stehe vorsichtig auf – bemüht, Ruby neben mir nicht zu wecken. Leise tapse ich runter, strecke mich einmal gähnend, binde mir die Haare zu einem Zopf und beginne mit dem, was ich für heute spontan – extra für Ruby – angesetzt habe. Da meine Eltern beide heute früh arbeiten müssen, haben wir das gesamte Haus für uns alleine. Auf dem Esstisch sehe ich ein gesamtes Buffet an Brotaufstrichen, Brot und Zutaten zum Belegen eines Brotes. Sogar unser Müsli steht auf dem Tisch, falls Ruby oder ich das bevorzugen würden. Ein breites Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht und ich schicke meinen Eltern ein schnelles ›Danke <3‹ und ›Ihr seid die Besten!‹, um ihre Mühen zu schätzen zu wissen. Ich weiß, dass es für sie kein Problem gewesen ist. Solange die beiden etwas zusammen machen können, dann stört sie kaum etwas – weder aufräumen, noch Abwasch, noch Frühstück machen. Gerade deshalb geben sie beide zusammen die perfekten Geschäftspartner ab und dass sie auch außerhalb der Arbeit gut harmonieren, spricht für sie.
Daher krempele ich die Ärmel hoch und werfe einen kurzen Blick auf die Uhr. Ich weiß nicht, wann Ruby normalerweise aufsteht, aber ich schätze, dass sie nicht vor acht Uhr aus dem Bett kommen wird. Wenn ich großzügig plane und davon ausgehe, dass sie es auch nicht vor neun Uhr wird, dann bleiben mir circa eineinhalb Stunden – mindestens. Das sollte ausreichen.
»Morgen«, gähnt mir Ruby müde entgegen und ich sehe ihren irritierten Blick, als sie sich an unsere Küchentheke setzt, »Was machst du?« Irgendwie mag ich ihr verschlafenes Aussehen. Es wirkt so echt und ungefiltert. Als würde sie sich nicht extra für jemanden herausputzen, sondern als wäre sie einfach ganz sie selbst.
»Guten Morgen. Ich backe«, ich schenke ihr ein sanftes Lächeln, während ich meinen schmutzigen Arbeitsplatz wieder in Ordnung bringe, »Du kannst dich ja schon mal an den Esstisch setzen. Meine Eltern haben unser Frühstück schon vorbereitet. Der Kuchen müsste auch jeden Moment fertig sein.« Erst jetzt bemerke ich ihre Brille mit dünnem, goldenem Rahmen. Der Anblick ist ungewohnt, aber es steht ihr. Als wäre die Brille für sie gemacht worden.
Oh Gott, das war ein echt kitschiger Gedanke. Ich sollte so was besser lassen. Es ist nur so, dass ich in letzter Zeit schon eine ganze Reihe von kitschigen Gedanken bezüglich Ruby hatte.
Auf einmal hebt Ruby das Kinn etwas an, schließt die Augen und scheint den Geruch ausmachen zu wollen. Schlagartig öffnet sie die Augen wieder und in diesen sprühen förmlich die Funken, was mich innerlich zum Lachen bringt. Sie sieht gerade wie ein kleines Kind aus und nicht wie die verletzliche, erwachsene Frau von gestern. »Ist das Apfelkuchen? Oh mein Gott«, fragt sie euphorisch. Hätte sie wie Balu einen Schwanz, könnte ich mir sogar bildlich vorstellen, wie sie aufgeregt mit diesem wedeln würde, während sie auf den späteren Nachtisch warten würde. Ich könnte mich an diesen Anblick definitiv gewöhnen.
»Yep, richtig geraten. Ben und Nora vergöttern den, also schätz dich glücklich, dass ich ihn extra für dich backe.« Unterdessen ziehe ich die Backhandschuhe an und nehme den goldbraunen Kuchen aus dem Ofen. Ich stürze ihn aus der Form und lasse ihn auf dem Backblech abkühlen. Im Anschluss ziehe ich sowohl die Handschuhe als auch meine Schürze aus und drehe mich zu Ruby um, die mich die ganze Zeit über mit geweiteten Augen gemustert hat.
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Unbreakable
RomanceDu kannst mich schlagen, mich aber niemals brechen. Selbst wenn du mit erhobener Faust vor mir stehst, werde ich nicht mehr zurückweichen. Du wirst mich nicht klein kriegen, egal, wie sehr du es auch versuchen magst. Kein Schmerz der Welt wird mich...