»Und? Bleibst du hier?«, frage ich, sobald ich mich zu ihr auf die Couch setze – versuche, nicht zu neugierig zu klingen.
»Ja, meine Eltern hatten nichts dagegen«, antwortet sie und ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen – bis ich ihren unruhigen Ausdruck auf dem Gesicht sehe.
»Alles okay?« In meiner Stimme schwingt unverkennbar die Sorge mit. Ist es wegen mir oder wegen-
»Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich es getan habe. Das mit Tobi, meine ich.« Sie fährt sich bekümmert durchs Gesicht und ihr Blick ist starr nach vorne gerichtet. Als wäre sie in Gedanken bei dem Anruf von vorhin.
Sie hat noch nicht einmal etwas Negatives gesagt und trotzdem zieht sich etwas in mir drinnen schmerzvoll zusammen. Was, wenn...?
»Bereust du es?«, frage ich leise. Ich will die Antwort vielleicht gar nicht erst hören, aber ich muss es wissen, bevor ich einen weiteren dummen Fehler begehen werde. Im einen Moment halten wir uns noch für stark und mutig, aber im nächsten könnten wir bereits all unsere Entscheidungen verfluchen, weil uns die Realität immer einholen wird. Ob wir wollen oder nicht. Ob wir dafür bereit sind oder nicht.
»Ein bisschen«, ich ignoriere den aufkommenden Schmerz, ignoriere, wie sehr das meinem Körper widerstrebt, »Nicht, weil ich ihn noch liebe«, stellt sie sofort klar und ich merke, wie sich mein Körper allmählich entspannt, »Ich habe nur einfach so unglaubliche Angst vor ihm. Und vor dem, was er jetzt tun wird. Allein bei dem Gedanken, später Nachhause zu müssen und nicht zu wissen, wo er sein und was er vorhaben wird. Was, wenn er mich irgendwann vor meinem Haus abpassen wird? Er wird bestimmt nicht nur bloß reden wollen. Es wird unweigerlich zu mehr kommen. Ich glaube irgendwie kaum, dass er es einfach auf sich sitzen lassen wird, dass ich mit ihm Schluss gemacht habe«, gesteht sie – ihre Worte hastig gesagt – und ich höre heraus, wie sehr ihre Stimme zittert. Wie viel Angst sie eigentlich hat. Nur weil sie sich letztlich getraut hat, den Schlussstrich zu ziehen, bedeutet das noch lange nicht, dass sie nicht die Konsequenzen fürchtet – dass sie sich deshalb nicht wünschen könnte, sie könnte alles rückgängig machen. Unabhängig von mir. Es geht nur um Tobias und die Macht, die er noch immer über sie ausübt. »Ich will ihn nie wieder sehen müssen«, setzt sie flüsternd hinzu und ihre Stimme ist so voller Schmerz bepackt, als hätte sie all ihre Qualen der Zeit, in der die beiden zusammen gewesen sind, dort hineingesteckt.
»Du kannst hierbleiben«, entgegne ich mit fester Stimme, »Schließlich habe ich dich erst in dieses Schlamassel reingebracht. Er sollte doch nicht wissen, wo ich wohne, oder? Und selbst wenn, wärst du nicht alleine. Ich wäre bei dir. Die ganze Zeit.«
»Ich müsste dann trotzdem kurz Nachhause. Meine Sachen holen.« Es klingt wie ein leiser Protest, aber insgeheim will sie es. Sie will nicht an einem Ort bleiben, an dem ihr Exfreund jederzeit auf sie warten könnte. Verständlicherweise.
»Ich kann dich fahren. Oder ich hole sie für dich. Du musst das nicht allein durchmachen und du musst auch nicht zu dir Nachhause, wenn du nicht magst. Erst dann, wenn du dich wieder traust. Selbst wenn es eine Weile dauern wird.«
»Und was soll ich meinen Eltern sagen? Ich kann nicht einfach tagelang grundlos wegbleiben.« Weitere Bedenken und alle haben ihre Daseinsberechtigung.
Natürlich. Sie wird wohl kaum mit ihren Eltern über Tobias geredet haben. Also schon, aber nicht darüber. Und sie wird auch jetzt nicht mit ihnen darüber reden wollen.
»Dass mein Freund sich von mir getrennt hat und ich dich deshalb bei mir brauchen werde. Weil du so eine gute Freundin bist. Oder du sagst ehrlich, dass ihr beiden nicht mehr zusammen seid und dass du damit erst mal klarkommen musst. Ich kann auch mal bei dir schlafen, damit deine Eltern nicht vor Sorge umkommen werden. Ru, wir werden das zusammen schaffen.«
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Unbreakable
RomanceDu kannst mich schlagen, mich aber niemals brechen. Selbst wenn du mit erhobener Faust vor mir stehst, werde ich nicht mehr zurückweichen. Du wirst mich nicht klein kriegen, egal, wie sehr du es auch versuchen magst. Kein Schmerz der Welt wird mich...