Kapitel 37: Der Sturm legt sich (nicht)

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   »Was ist eigentlich mit Tamara?«, frage ich sie, nachdem ich sie Nachhause gebracht habe, »Lief da nicht etwas zwischen euch?« Elenas Worte habe ich trotz all der Freude noch immer nicht vergessen.

Daraufhin zieht Zoe ungläubig eine Augenbraue empor – schaut mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Wie kommst du darauf?« Irgendwie freut mich das innerlich, obwohl es dumm ist.

»Elena hat erzählt, dass ihr ein paar Dates hattet.«

»Ah das«, sie scheint sich ernsthaft – ernsthaft – erst jetzt bewusst zu sein, was ich meine, »Unser allererstes Treffen ist, uhm, tatsächlich ein Date gewesen, aber wir haben ziemlich schnell festgestellt, dass es, naja, zwischen uns nicht wirklich funkt. Die Verabredungen danach sind nur noch freundschaftlich gewesen, weil wir uns trotzdem gut verstanden haben«, erklärt Zoe bereitwillig – als wäre sie bereit, mir jedes noch so intime Geheimnis mitzuteilen, solange es mich beruhigen würde. Und das tut es. Nicht die Tatsache, dass wirklich nichts Ernstes zwischen den beiden lief – beziehungsweise dass sie für sich erkannt hatten, dass es zwischen ihnen nicht funktionieren sollte –, sondern dass Zoe mich mit diesem Blick ansieht, mir mit dieser Stimme antwortet, die mir allesamt sagen, dass sie mich wirklich liebt, dass ich die Einzige für sie bin und dass ich mir keine Sorgen zu machen brauche. Und sie wirkt nicht ansatzweise wütend über meine Eifersucht.

Jetzt tut es mir fast schon leid, Zoe auf Distanz gehalten zu haben, nachdem ich von Tamara und ihr erfahren habe. Aber nur fast. Ohne das wäre es vermutlich nicht so schnell dazu gekommen, dass wir jetzt zusammen sind. Oder überhaupt. Vielleicht hätten wir uns auch nie ausgesprochen? Wären niemals ehrlich zueinander gewesen?

»Okay, Frage«, sage ich entschlossen, nachdem ich ihre Worte zur Kenntnis genommen habe und wippe auf meinen Fußballen hin und her.

»Antwort?«, erwidert meine Freundin mit einem fragenden Unterton. Zur Untermalung dessen legt sie den Kopf etwas schief, aber segnet mich noch immer mit diesem warmen Lächeln, das ihre Grübchen offenbart. Es ist, als würde sie mir stets ein Zuhause damit bieten wollen.

Oh Gott, wie ich das vermisst habe. Wie ich Zoe vermisst habe.

»Wann wusstest du, dass du mich wieder liebst? Oder noch.« Es wundert mich nicht, dass die erste Regung, die ich in ihren Gesichtszügen wahrnehmen kann, Überraschung ist. Dieser weicht allerdings ein sanftes Lächeln.

»Als ich dich vor der Feier im Auto gesehen habe.«

Warte.

»Das war doch ganz am Anfang gewesen!«, stelle ich fassungslos fest und ich kann nicht anders, als meinen Mund offenstehen zu lassen.

Zoe zuckt unbeeindruckt mit den Schultern. »Sieht so aus.« Als wäre es das Selbstverständlichste gewesen. Sie drückte es so aus, als wäre das völlig selbsterklärend, wie dass Äpfel und Orangen beides Früchte sind.

Daran ist aber rein gar nicht selbsterklärend.

»Aber warum warst du dann mit Tamara auf einem Date gewesen, wenn du es bereits zu Beginn wusstest?«

»Weil ich dachte, unbedingt über dich hinwegkommen zu müssen. Ich war der festen Überzeugung, dass ich nicht das Recht hatte, wieder etwas von dir zu wollen – es überhaupt bei dir versuchen zu dürfen. Deswegen hatte es aber zwischen ihr und mir nicht funktioniert.« Sie wirkt nicht einmal beschämt. Ihr macht es ernsthaft nichts aus, so gnadenlos die Wahrheit auszuspucken.

Stille. Weil ich nicht weiß, was ich dazu sagen soll. Falls ich gedacht habe, mir könnte meine Kinnlade nicht noch viel weiter runterfallen, habe ich mich definitiv getäuscht.

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