Sobald wir den Schrottplatz betreten, wird mir Einiges klar. »Nicht dein Ernst, oder?«, frage ich sie lachend.
Daraufhin fängt Zoe an, zu schmunzeln. »Oh doch. Du meintest doch letztens, dass du Stress so schlecht abbauen kannst«, erwidert sie und mir bleibt der Mund offenstehen.
Das hat sie sich gemerkt, nachdem ich das bei einem Telefonat nur beiläufig habe anklingen lassen? Ich hatte nach meiner Schicht auf der Arbeit einfach Dampf ablassen wollen und Zoe hatte sich angeboten, mir dabei beizuwohnen. Also habe ich sie angerufen.
Ich weiß, es ist dumm, aber ich kann nicht anders, als über beide Ohren hinweg zu grinsen. Es ist nicht, weil Zoe plötzlich so nett zu mir ist, weil sie ihren Fehler von damals wiedergutmachen möchte. Dann würde ich ihr vermutlich den Mittelfinger zeigen, weil großzügige Gesten, nachdem man es richtig hart verbockt hat, einen Scheißdreck bedeuten. Das ist aber nicht der Fall. Zoe ist schon immer so gewesen. Wann immer sie gemerkt hat, dass es mir nicht gut geht, hat sie ihr Bestes gegeben, um etwas dagegen zu tun. Sie hat sich immer so aufrichtig bemüht, dass mich das allein schon immer aufgeheitert hat.
Ich kenne diesen Platz. Wir haben hier damals sehr viel Zeit miteinander verbracht. Bei Weitem nicht so viel wie Zoe und ihre Freunde (offensichtlich), aber genug, um unzählige Erinnerungen hervorzuholen. Zum einen wegen Zoes besten Freund Matt – weil der Platz hier seiner Familie gehört –, als auch um seinen Zorn und seinen Stress einfach freien Lauf zu lassen, indem man mit zerbrechlichen Gegenständen um sich wirft und sie in tausend Teile zerschmettert. Wo geht das besser als an einem Ort, an dem früher oder später sowieso alles zu Schrott wird? Auch zum Trinken und Rauchen und einfach nur Abhängen ist der Ort perfekt gewesen. Also für die anderen. Ich war lediglich dabei, weil ich bei Zoe sein wollte.
»Hey, Zoe«, begrüßt Matt sie, sobald er aus dem Wohnwagen steigt. Er hält ihr breit grinsend die Hand hin, in die sie gelassen einschlägt, und sie nimmt ihn schließlich in die Arme, als hätte sie ihn jahrelang nicht mehr gesehen – was vielleicht auch stimmen könnte.
Was denke ich nur? Als ob Zoe mit allen Kontakt abgebrochen hätte. Natürlich hat sie das nicht. Bestimmt hat sie sich bei allen anderen regelmäßig gemeldet.
Ich schlucke den Kloß in meinem Hals runter. Dafür bin ich nicht hier.
Erst, sobald er sich von ihr löst, wirft er einen Blick auf mich. Wenn er verwirrt ist, warum ich hier bei Zoe bin, lässt er sich das zumindest nicht anmerken. »Hallo, Nora«, mehr als ein kühles Nicken und die bloße Ahnung eines Lächelns kann ich nicht von ihm erwarten, »Schön dich wiederzusehen.« Seine meeresblauen Augen mustern mich für einen Moment länger als nötig, was mich sofort steif werden lässt.
Ja, ich habe viel Zeit hier verbracht und habe auch oft mit Zoes Freunden hier herumgehangen, aber sie sind nie zu meinen Freunden geworden. Dafür bin ich denen vermutlich nie cool genug gewesen. Oder nicht genug wie sie. Wobei ich gestehen muss, dass Matt es noch am ehesten versucht hat. Trotzdem hat er mich immer auf Abstand gelassen. Wie alle. Sobald ich versucht habe, ihm näher zu kommen, habe ich sofort gespürt, wie kühl er geworden ist. Ich weiß nicht, ob das an mir lag oder ob das generell immer bei ihm der Fall war. Zoe hat mir versichert, dass er wie sie alle nur schwer jemanden an sich heranlassen kann. Jeder auf seine eigene Art und Weise. Es war schon schwer genug, Zoe aus ihrer Reserve zu locken.
Ironischerweise scheint sie genau das gerade bei mir zu probieren. Wie schnell sich die Rollen ändern.
Plötzlich öffnet sich die Tür des Wohnwagens und ein hochgewachsener, junger Mann stolpert heraus. Sein T-Shirt hat er lässig über seine Schulter geworfen und zeigt somit seine ganzen Muskelansätze. Eines muss man ihm lassen: Er ist gutaussehend. Wenn er sich etwas mehr Mühe geben würde, könnte er es bestimmt als Model schaffen. Es ist ihm nur scheißegal. Genauso, wie es mir scheißegal ist, dass er so gut aussieht. Trotzdem dreht sich mein Magen um, wenn ich ihn sehe.
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Unbreakable
RomanceDu kannst mich schlagen, mich aber niemals brechen. Selbst wenn du mit erhobener Faust vor mir stehst, werde ich nicht mehr zurückweichen. Du wirst mich nicht klein kriegen, egal, wie sehr du es auch versuchen magst. Kein Schmerz der Welt wird mich...