Kapitel 18: Sing für mich

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   »Von eins bis zehn, wie war das Date?« frage ich sie frech grinsend, was sie mit einem Lachen erwidert, das ihre Sommersprossen stärker zum Vorschein bringt.

»Ganz klar eine Elf. Besser als alle Dates, die ich bisher hatte«, antwortet sie, während sie die wenigen Stufen zu unserer Haustür emporsprintet. Ist ja nicht so, als wären wir die letzte Stunde laufen gegangen und sie wäre auch noch auf der Wiese mit Balu um die Wette gerannt – die sie natürlich verloren hat, aber sie hat sich tapfer geschlagen. Und erstaunlich gut. Ruby ist verdammt schnell. Sie hat diesbezüglich wirklich nicht gelogen, als sie mir in einer unserer Nachrichten erzählt hat, dass sie regelmäßig laufen geht. Sie hat ordentlich Ausdauer.

Und sie hat sich auf Anhieb gut mit Balu verstanden. So gut, dass es fast schon gruselig gewesen ist, aber es hat mein Herz erwärmt, als ich die beiden zusammen gesehen habe – wie sehr beide gestrahlt haben. Ich bereue keine Sekunde davon, sie auf einen Spaziergang mitgenommen zu haben.

»Ich tue mal so, als wäre ich nicht verletzt, dass du ihn besser als mich fandest«, erwidere ich gespielt beleidigt und schließe die Haustür auf.

»Das kann man nicht vergleichen«, sie verschränkt ihre Arme hinter ihrem Rücken und grinst verlegen, »Balu ist ein Hund. Und du bist ... du.« Für eine Sekunde vergesse ich das Atmen. Tausende Gedanken und Theorien schießen mir durch den Kopf. In diesem einen Moment hat es sich wie das beste Kompliment angehört, das man jemanden hätte geben können, obwohl Ruby nicht viel gesagt hat. Es ist so was von nichts aussagend gewesen, aber trotzdem kann ich das Kompliment heraushören. Als wäre die Art und Weise, wie sie es gesagt hat, das eigentliche Lob gewesen.

Ich muss mich so was von in den Griff bekommen.

»Was?«, sage ich lachend, »Bekomme ich jetzt sogar meine Menschlichkeit abgesprochen?« Ruby rollt nur mit den Augen, aber ich kann das amüsierte Funkeln in ihrem hellen Grau erkennen. Ich kann sehen, wie sehr sie gerade strahlt, als könnte sie niemand in den Schatten stellen. Als wäre sie gerade unbezwingbar.

Scheiß auf den Moment von eben. Das raubt mir jeden Atem. Erst als ich schlucke, bemerke ich, wie trocken mein Mund eigentlich gewesen ist.

»Willst du-«, beginne ich in demselben Moment, als Ruby sagt: »Ich sollte-«

Sofort verstummen wir beide und müssen beide lachen. »Du zuerst«, meint Ruby und untermalt ihre Worte mit einer passenden Geste.

»Willst du noch kurz reinkommen?«, frage ich. Ich ignoriere, dass mein Großer bereits in den Hausflur stürmt und es sich auf seinem Bettchen bequem macht. Diesmal habe ich nur Augen für Ruby.

Oh, wie verflucht kitschig. Gut, dass ich das nicht ausgesprochen habe.

Ich weiß nicht einmal, warum mein Herz gerade aus meiner Brust zu schlagen droht. Es ist nicht einmal so, als wäre es schlimm, selbst wenn sie es nicht wollen würde. Es ist nur das erste Mal, dass ich sie zu mir Nachhause einlade.

»Wenn es dir nichts-«

»Ru«, unterbreche ich sie, »Ich habe es dir gerade angeboten. Natürlich macht es mir nichts aus.« Zumindest nicht auf die Weise, wie Ruby es meint. Dass sich mein immens hoher Puls und mein Gehirn daran stören, lasse ich außer Acht.

»Na gut«, sagt sie schließlich, »Danke für die Einladung.«

»Ich muss dir ja noch beweisen, dass ich besser als Balu bin«, entgegne ich. Zählt das als Flirten? Zählt es? Ich habe es nicht absichtlich getan. Die Worte sind nur schneller aus meinem Mund gekommen, als ich nur irgendwas dagegen hätte unternehmen können. Ich verfluche den Fakt, dass mein Gehirn in Rubys Nähe viel zu oft aussetzt. Als wäre sie ein gottverdammtes Störsignal.

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