14. Kapitel

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"Funke! Komm, spiel mit uns Moosball!"

"Lasst die arme Funke doch mal in Ruhe. Sie möchte schlafen, und das solltet ihr jetzt auch tun!", mahnte Himmelsmond.

"Schon in Ordnung. Ich komme, Schattenmond!"
Etwas erleichtert rappelte sie sich auf, trottete nach draußen und blinzelte gegen das blendende Licht der untergehenden Sonne an.

"Wenn du meinst! Ich gehe jagen."

Jagen und spielen konnte man in der Wüste nur bei Sonnenauf- und -untergang, denn am Tag wurde man förmlich verbrannt von der glühenden Hitze und nachts fror jede Katze fürchterlich.

Sie hüpfte auf die Jungen zu, die sich mit leuchtenden Augen auf sie stürzten. Obwohl er gut einen oder zwei Monde jünger war als Funke, war Schattenmond schon fast so groß wie sie selbst und noch dazu deutlich kräftiger gebaut. Gepaart mit der Tatsache, dass sie im Kämpfen etwa so begabt war wie eine Maus, konnte er sie mühelos besiegen.

Seine Schwester war ruhiger, kleiner und freundlicher, sie versuchte stets, ihren Bruder von Dummheiten abzuhalten. Sie kam mehr nach ihrer Mutter.
Sofort schüttelte Funke den Kopf, um nicht an ihre eigene Mutter zu denken.

"Fu-huuunkeee! Jetzt komm endlich!", quiekte Schattenmond ungeduldig.

"Jaja, ich komme!" Etwas genervt war sie häufig von den Jungen, doch insgeheim war sie froh, auf andere Gedanken kommen zu können als diese seltsame "Prophezeiung" oder Falkenfrosts Tod.

Schattenmond schleuderte einen grob zur Kugel gerollten Moosklumpen in ihre Richtung, sie schnappte ihn aus der Luft, packte ihn mit ihren kleinen, spitzen Zähnen und warf ihn hoch in die Luft.

Schattenmond stürzte sich sofort darauf, verfehlte den Moosball aber um eine Mauselänge. Flammenmond kauerte sich in eine beinahe makellose Jagdstellung, beobachtete das Moos und stieß sich ab. Sie hatte in den Beinen nicht die Kraft ihres Bruders, doch die Entfernung hatte sie perfekt abgeschätzt, sodass sie nun auf dem Moosball landete. Beeindruckt nickte Funke dem Jungen zu; ihr Jagdkauern war besser als ihr eigenes, das sie seit fast einem Mond trainierte.

Schon stürzte sich jedoch der dunkelbraune Kater auf seine kleinere Schwester und rupfte ihr die Beute aus den Pfoten.

"Hey! Das war meine!", beschwerte sich Flammenmond und sprang ihrem Bruder auf den Rücken.
Schnurrend beobachtete Funke die Jungen beim Spielen, bis sie sich selbst ins Getümmel stürzte und es schließlich sogar schaffte, Schattenmond zu Boden zu ringen. Sie wollte schon triumphierend schnurren, doch der dunkelbraune Kater schüttelte sie mühelos ab, sie kugelte wie ein Moosball über den Boden und nur einen Herzschlag später hatten beide Geschwister ihre Pfoten auf Funkes Seite gestemmt.

"Ich gebe auf!", winselte sie schnurrend.
Sie lebte erst seit einem Halbmond bei Himmelsmond und ihren Jungen, doch es fühlte sich fast so an, als wären Flammenmond und Schattenmond ihre Wurfgefährten.

Oft machte sie sich Sorgen, ob Falkenfrost es so gewollt hätte. Stets versuchte sie, sich zuzureden, sicher war es ihrer Mutter am wichtigsten, dass sie glücklich war. Und noch immer war der Schleier der Trauer über ihr Herz gelegt, in ihr schien ein Loch zu klaffen, das selbst Himmelsmonds Junge nicht füllen konnten. Doch sie tat ihr Bestes, nach vorn zu blicken. Was nicht hieß, dass es ihr gelang. Im Schlaf wiederholte sich der Tod ihrer Mutter, jede Nacht schien ihre Stimme ihr zuzuflüstern, sie müsse ihre Bestimmung finden.

"Mama! Was ist das?"

Funke blickte auf und sah Himmelsmond über den Kamm des Hügels trotten, in ihrem Maul hing schlaff ein goldenes Fellbündel. Schnell sprang Funke an ihre Seite. Himmelsmond nuschelte etwas unverständliches, stapfte weiter und ließ das Wesen kurz vor dem hohlen Baum in den Sand fallen.

"Das ist ja eine Katze!", rief Funke erschrocken aus.

"Ja", antwortete Himmelsmond knapp, "und sie braucht Wasser. Funke, komm bitte mit zum Fluss und nimm feuchtes Moos mit. Ich jage in der Zeit etwas."

Das ließ sie sich nicht zweimal sagen. Die rote Kätzin preschte über den Hügel, zum Fluss hinunter und kratzte Moos von einem glitschigen Felsen. Funke tränkte das Moos im kühlen Wasser, dann flitzte sie zurück zu der schlaffen Katze. Ihre Ziehmutter war schon in Richtung Oase davongeprescht.

Etwas planlos versuchte sie, der Katze Wasser einzuflößen, da berührte sie etwas an der Schulter. Überrascht drehte sie sich um und sah Flammenmonds große goldene Augen zu ihr aufblicken.

"Darf ich mal versuchen?", quiekte sie.

"N-natürlich." Etwas verwirrt trat Funke zurück und sah verdutzt zu, wie das Junge der fremden Katze geschickt Wasser ins Maul tropfte.
"Wie machst du das?"
Sie bekam keine Antwort.

Schattenmond lief währenddessen um die Kätzinnen herum, tappte den Hügel hinauf und rief plötzlich: "Funke! Komm schnell, die Schlange! Mama, pass auf! Hinter dir!"

Funke erstarrte, als sie realisierte, was der junge Kater meinte. Sofort raste sie los, ihre Pfoten wirbelten im Sand Wolken auf. Ihr Verdacht bestätigte sich, als sie den Kamm erreichte - dieselbe Schlange, die die rote Kätzin selbst angegriffen hatte, schnellte auf Himmelsmond zu. Mit einer Geschwindigkeit, die Funke ihr nie zugetraut hätte, drehte sich die langhaarige Kätzin und schlug der Schlange auf die Schnauze.

Kurz lag sie wie betäubt am Boden, dann hob sie den Kopf und schlängelte sich erneut auf Himmelsmond zu.
Funke erwachte aus ihrer Starre und sprang den Hügel in einem einzigen gewaltigen Satz den Hügel hinunter, Stieß sich erneut ab und prallte mit den Pfoten gegen das braun gemusterte Reptil. Der schlanke Körper flog durch die Luft und landete in einem Busch neben dem Fluss.

"Funke! Geht es dir gut?", rief Himmelsmond alarmiert.

Zitternd nickte die kleine Kätzin.
"Danke", hauchte ihre Ziehmutter.

"Was ist los? Kommt her, sie hat die Augen aufgemacht!", miaute Flammenmond aufgeregt.
Sofort rappelte sich Himmelsmond auf und kraxelte den Hügel hinauf, noch immer zitternd folgte Funke ihr.

Tatsächlich, die Katze - eine Kätzin, wie Funke nun erkennen konnte - hatte ihre großen hellblauen Augem geöffnet, mit denen sie sich nun verwirrt umsah.

"Wie hast du die überhaupt gefunden?", wollte Schattenmond wissen.

"Ich wollte in der Oase jagen gehen, aber auf der anderen Seite des Hügels lag sie im Sand. Natürlich habe ich sie mitgenommen und den Rest kannst du dir denken."
Himmelsmonds Augen waren besorgt geweitet, als sie auf die magere hellgoldene Kätzin hinabblickte.

Diese öffnete nun mühsam die Schnauze und krächzte: "Bitte, ihr... müs-st uns... helfen... sie kommen... und mit ihnen die Finsternis..."

Warrior Cats - Sternenpfade || Band I-IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt