Epilog

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Fahles Dämmerlicht flutete durch die knorrigen Äste der Baumkronen, wob verschlungene Muster wie Licht auf Wasser. Der Himmel lag dunkel und gleichförmig da, wie ein samtener Teppich, der sich tief zum Waldboden herabsenkte.
Dünne Schleier aus Nebel und Frost waberten in Schwaden über den modrigen Boden, wo hier und da flimmernde Lichter durch die Schatten glühten.
Wie bleiche Schatten ragten die uralten Stämme der Bäume in den dunklen Himmel, warfen ihre tanzenden Schatten auf die schimmernden Pelze der vier Katzen, die dort zwischen den Wurzeln einer Eiche kauerten.

Leises Fauchen hallte als ewiges Echo an den Stämmen wider, wurde vom frostigen Wind davongetragen.
Eine der Katzen erhob sich, schimmerte im verschleierten Wald wie ein Vollmond mit seinem reinweißen Fell mit den mondgrauen Flecken, in seinen Augen spiegelte sich das zersplitterte Eis in seiner Seele.

Er beugte sich zu einer kleinen Kätzin herunter, deren Pelz ein Ebenbild des Seinen zu sein schien, doch ihre Augen waren verdunkelt durch die Schatten, die über ihrem Herzen lagen.
Der Mondfarbene legte ihr die breite Schnauze auf den Kopf und zuckte dann schnell zurück.

Ein grellweißer, gezackter Blitz schoss über den sternenlosen Himmel und fuhr mit gewaltiger Wucht in den Körper der Kätzin. Das gleißende Licht erhellte die Gesichter der anderen Katzen. Die Silberweiße krümmte sich qualvoll und stieß einen grausigen, animalischen Schrei aus. Nur einen Herzschlag lang erstrahlte das Blitzlicht den finsteren Wald, dann herrschte wieder dieses schwache Dämmerlicht.

Keuchend und mit bebenden Flanken kauerte die Kätzin auf dem modrigen Boden, bis sie sich langsam aufrichtete und einen Blick mit den anderen Katzen tauschte.
In ihren azurblauen Augen loderte ein neues, kaltes Feuer, das alles und jeden verschlingen würde, der es wagte, sich ihr in den Weg zu stellen.
Äußerlich hatte sich an der Kätzin nicht allzu viel verändert, doch tief in ihr war sie nun eine andere Katze. Eine Anführerin. Statt einer ehrwürdigen Zeremonie war die Kraft aller Leben mit diesem Blitzschlag in sie geschossen und erfüllte nun jeden ihrer angespannten Muskeln.

»Es ist soweit«, grollte ein dritter Kater, der alle anderen Katzen um viele Krallenlängen überragte. Sein Fell war weiß wie Schnee, nur an der Brust verdunkelt von Blut, das dick und heiß an seinem dichten Pelz klebte.
»Heute Nacht wird für unseren Clan eine neue Ära anbrechen. Eine neue Chance, endlich unser Ziel zu erreichen.«

»Mache mich stolz«, fügte der Mondfarbene mit einem Blick auf die noch immer zitternde Kätzin, die entschlossen den Blick nach oben richtete, hinzu.

Nun erhob der vierte Kater die Stimme. Sein dunkles Fell verschmolz auf seltsame Weise mit den Schatten und nur ein gelbes Auge blitzte durch den Nebel, denn wulstige Narben entstellten sein Gesicht.
»Doch bevor du zurückkehren kannst, musst du schwören, dass du zuende bringst, was wir angefangen haben. Du bist die Vierte und du wirst die Letzte sein.«

Die Kätzin unterdrückte ein weiteres Beben ihrer Flanken und sprach mit entschlossener, fast schon feierlicher Stimme.
»Ich werde es beenden«, schwor sie.
»Nie wieder wird unser Clan derart leiden. Derartig verachtet werden und sich in den Schatten von Zweibeinerbauen verkriechen müssen.
Ich spreche keine leeren Drohungen aus. Und ihr habe ich gesagt, ich werde dafür sorgen, dass sie alle sich wünschen, niemals geboren worden zu sein!
Niemand lässt Eis brechen. Auch nicht die ach-so-besonderen Auserwählten des SternenClans.«

Der Riesige wisperte durchdringend: »Trage deinen Namen in Ehren, Schwester. Ich selbst habe versagt, doch du wirst das nicht tun, verstanden?«

»Ich habe dir doch gesagt, du solltest diesen erbärmlichen Schüler töten!«, fauchte sie.
»Dann wäre das alles nie passiert und wir müssten uns nicht einmal Gedanken machen, was passiert, wenn sich die Prophezeiung erfüllt, weil ein Auserwählter tot wäre!«

»Dafür ist es jetzt zu spät«, grollte der Vernarbte. »Er lebt nunmal und dagegen können wir nichts tun. Du aber, Eisstern.«

Beim Klang dieses Namens jagten Schauer über den Rücken der Kätzin, hallte durch den Wald und füllte die Luft.
»Eisstern.
Eisstern.
Eisstern!«, schienen selbst die Bäume zu wispern und wirkten so noch lebendiger, wie sie ihre knorrigen Äste mit dem Wind tanzen ließen und nach ihr griffen.

»Deine Zeit ist gekommen. Uralte Schulden wirst du begleichen und diese Clans lehren, dass wir unbesiegbar sind. Dass sie uns nicht einfach unterdrücken und wie Streuner oder Hauskätzchen behandeln können.«

Eisstern nickte nur, spürte, wie ihre Pfoten zu Nebelschleiern zu verblassen schienen, wie nur noch ihre Silhouette am sternenlosen Ort zu sehen war.
Und bevor sie erwachte, stand für sie nur noch eines fest:
Niemand ließ Eis brechen.

Warrior Cats - Sternenpfade || Band I-IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt