38. Kapitel

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S C H A T T E N P F O T E

Höllischer Schmerz explodierte in seinem Kopf, Blut spritzte auf seine Brust und durchtränkte sein silbernes Fell. Panisch röchelnd spürte er, wie langsam das Leben aus seinem Körper sickterte, der Blutstrom schien nicht mehr aufzuhören. Was tat dieser Schüler? Sonnenpfote oder wie er hieß?
Wehrlos lag der verblutende Heilerschüler in einer immer größeren Blutlache und während seine Sicht erneut verschwamm, formte sich die Blutlache in seinem Kopf zu einem blutgetränkten Teich und der Strom, der unaufhaltsam aus seiner Kehle drang, wurde zum Mondfall, der Blut statt Wasser spuckte.

Verzweifelt presste er mit letzter Kraft die Pfoten auf seine Kehle, wand sich in Krämpfen und wollte jaulen, doch nur ein grausiges Gurgeln entwich ihm. Immer schneller sickerte das Leben aus ihm heraus und immer schwächer schlug er um sich, bis der Schmerz langsam abflaute und unendlich tiefe Finsternis ihn umfing.

***

Bin ich tot?

Das war sein erster Gedanke, als ihn ein winziger Grashalm an der Nase kitzelte, als Sonnenstrahlen seinen Pelz wärmten und der schwere Geruch von Beute in der Luft hing. Es war Blattleere, das alles war viel zu... perfekt! Ja, das musste das SternenClan-Territorium sein. Er war gestorben.
Vor Panik traute er sich nicht, seine Augen zu öffnen, aus Angst, sich beim SternenClan wiederzufinden.
Feigling!
Wieder diese unerträglich fiese innere Stimme! Doch das Schlimmste daran war, dass sie recht hatte. Er war ein Feigling. Nichts weiter als ein nutzloser, verweichlichter Feigling, der nicht einmal Beute töten konnte!
Er zwang sich, die Lider zu heben und fand seine größte Angst bestätigt. Um ihn herum standen Katzen mit Sternen in ihren schimmernden Pelzen, die heller zu strahlen schienen als tausend Himmel. Bildete er sich das alles vielleicht nur ein? Halluzinierte er und hockte eigentlich noch immer - unglücklich, aber lebend - in der stinkenden Gasse des EisClans?

»Schattenpfote.«
Die Stimme war sanft wie eine kleine Welle und schien von überall und nirgends herzukommen, er sprang überrascht mit allen vier Pfoten hoch in die Luft.

»B-bin ich... tot?«, wagte er zu fragen und hoffte doch, keine Antwort zu bekommen.

»Das bist du, mein Lieber.«
Nun kam die Stimme eindeutig von einer Katze, die ein paar Schritte vortrat.
Panische Angst packte ihn mit kalten Klauen. Wie konnte das sein? Das durfte nicht sein!
Zitternd beobachtete er, wie der Kater, der gesprochen hatte, auf den kleinen Heilerschüler zutrat. In seinem Maul baumelte eine wohlgenährte Maus und sofort stieg Mitleid in ihm hoch. Aber war diese Maus überhaupt echt? War das alles hier überhaupt echt?
Und warum hatte dieser Kater ihn so angesprochen?

Der große mittelbraune Kater hatte ihn nun erreicht, und wie ein Blitz fuhr die Erkenntnis in Schattenpfote. Er erinnerte sich an den Kater, den er als erstes gesehen hatte, als er seine blauen Augen geöffnet hatte, an den, der stets mit ihm und seinen Geschwistern gespielt hatte, als sie noch Junge gewesen waren und der sich geopfert hatte, um eine junge Katze aus den Fängen des Sumpfes zu retten.
»Rankenfluss? Bist du es?«

Schnurrend nickte der Krieger, ließ die Maus fallen und sagte: »Möchtest du noch etwas fressen, bevor du zurückkehrst?«

Überrascht spitzte Schattenpfote die Ohren. Was? Zurückkehren? Wohin?
»W-wovon redest du?«

»Ach, stimmt, du weißt es ja nicht. Schattenpfote, wir können dich im SternenClan nicht aufnehmen. Es ist noch zu früh für dich, verstehst du? Wir haben lange nachgedacht, auch wenn es für dich kaum mehr als ein Herzschlag war, und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir dich zurückschicken müssen. Das Schicksal der Clans liegt in deinen Pfoten und deshalb werden wir dir eine zweite Chance geben.

Doch natürlich können wir nicht einfach jede beliebige Katze wiederbeleben, denn auch der SternenClan ist nicht allmächtig. Dieses eine Mal haben wir einen Weg gefunden. Doch wenn du erneut stirbst, können wir dich nur noch im SternenClan aufnehmen. Du wirst geschwächt sein, doch ruhe dich nicht aus. Du wirst reden wollen, aber schweige. Du wirst bleiben wollen, aber gehe zurück zum NebelClan. Wir werden Dämmerschwinge und Falkenstern alles erklären, was passiert ist, und den anderen Heilern werden wir von der Prophezeiung erzählen, von der wir selbst nicht wissen, welchen Pfad sie für dich vorgesehen hat. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«

Völlig überrumpelt sagte er einige Augenblicke lang gar nichts, als hätte jemand ihm die Schnauze zugehalten. »W-wenn ihr mich zurückschicken könnt... warum kannst du nicht mitkommen? Wir könnten gemeinsam zum NebelClan zurückkehren, zu Sonnenglanz und meinen Geschwistern!«
Hoffnung glänzte in seinen Augen.

Rankenfluss schüttelte nur den Kopf.
»Glaub mir, du willst nicht wissen, was dafür nötig ist. Ich kann dir nicht folgen, aber ich kann dich schicken, dir den Weg leiten. Du wirst mich nicht wiedersehen, aber glaube mir, ich werde immer da sein.
Es ist Zeit, mein Sohn.
Zeit, dein Schicksal zu erfüllen.«

Mit diesen Worten trat er vor, ehe Schattenpfote weitere Fragen stellen oder protestieren konnte, und legte ihm die Schnauze auf den Kopf, wie ein Anführer einem neuen Krieger. Gleißend helles Licht explodierte vor seinen Augen, unbändige Kraft schien in ihn hineinzufahren und gedämpft hörte er die Worte:
»Lebe wohl, Schattenpfote.
Rette die Clans.«

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Und wieder ein unfassbar kurzes Kapitel xD
Leute, es ist übrigens nicht verboten, zu kommentieren, ihr dürft gerne spammen. Je mehr Kommis, desto besser xD

Warrior Cats - Sternenpfade || Band I-IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt