Epilog

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E I N E (N I C H T G A N Z) U N B E K A N N T E K A T Z E

Langsam versank die Sonne als glühender Feuerball am goldenen Horizont, an dem sich ein Meer aus Wolken auftürmte wie ein drohender Sturm.
Ein Hügel aus Wüstensand teilte zwei Welten: Eine grüne, fruchtbare Oase voller fetter Beute und eine karge, unerträglich heiße Wüste mit flimmernder Luft.
Auf dem Hügelkamm trohnte ein einzelner, abgestorbener Baum ohne Blätter oder sonst auch nur ein einziges Lebenszeichen.

Links und rechts dieses Baumes saßen zwei Katzen, den Blick auf die undendliche Weite der Wüste gerichtet, die Schweife ineinander verschlungen.
Eine von ihnen, eine Kätzin mit rotem Fell, das von der untergehenden Sonne wie ein Feuerbrand loderte, hatte lange, kräftige Beine. Ihr Gegenüber war ein kräftiger Kater mit Fell, das schwarzer war als die Nacht selbst. Doch trotz seines Körperbaues strahlte er eine gewisse Eleganz aus. Mit dem schwingenden Licht waren die Katzen zunehmend nur noch als schemenhafte Schatten zu erkennen.

Die Flammenfarbene erhob wie aus dem Nichts das Wort.
"Die Zeit ist gekommen, mein Freund, um sich zu verabschieden."

Mit schmerzerfülltem Blick antwortete der Dunkle: "Warum können wir nicht einfach umkehren? Zurück zu denen, mit denen wir gekommen sind?"

"Sie haben keinen Platz für uns." Sie senkte den Kopf.
"Der SternenClan will es so."

"Der SternenClan!", brauste der Kater auf. "Sie sind Verräter, genauso wie die Vier! Wir hätten..."

"Dafür ist es zu spät! Du weißt, dass ich niemals aufgeben würde, wenn es noch eine Chance geben würde!"

"Wenn wir nur...", hob der Schwarze an.

"Nein! Wir werden die Clans nicht hintergehen! Glaube mir, ich fühle mich genauso verraten wie du, aber ich werde meinen Gefährten nichts tun", knurrte die Kätzin nachdrücklich.

"Und warum sollten wir hinnehmen, dass sie uns verraten haben und uns nicht rächen?" Hinterlist funkelte in den Augen des Katers.

"Vergiss es. Versuche es doch allein, aber du weißt, wohin ich gehen werde. Und, bevor du fragst, ich muss alleine gehen. Wir beide müssen das." Sie hob den Kopf zum Himmel, an dem nicht ein einziger Stern zu sehen war.

"Aber es wird nicht für immer sein." Der Dunkle schien sich ganz sicher bei seinen Worten.

"Für eine lange Zeit. Zu lang. Aber du hast recht, wir werden uns wiedersehen.
Wenn die Mächte des Himmels zusammentreffen.
Leb wohl, mein Freund."

"Leb wohl."

Die beiden Katzen blickten sich einen Moment lang tief in die Augen, berührten dann kurz zärtlich ihre Nasen, bevor sie einander traurig zunickten.

Als jede Katze sich umdrehte und der Kater durch die grüne Oase trottete, während die Kätzin sich der Wüste zuwandte, wagte keiner von ihnen, dem anderen den Segen des SternenClans zu wünschen.
Verloren hatten sie das Vertrauen in ihre Kriegerahnen.

Die Flammenfarbene ertappt sich dabei, wie sie einen sehnsüchtigen Blick zurückwarf und zwang sich dazu, weiterzulaufen.

Eine Himmelslänge wanderte sie oder mehr, und schon bald schrie ihre ausgetrocknete Kehle nach Wasser, doch sie durfte nicht aufgeben!
Nach einer schier unendlichen Wanderung ragten vor ihr am Horizont Felsen auf, die selbst im Mondlicht leuchteten wie Flammen.

Dort war es. Dort lag ihre neue Heimat. Dort, an den Felsen aus Flammen. Und so sehr sie sich auch nach ihrem ehemaligen Gefährten sehnte, etwas trieb sie vorwärts.
Und ihre eigenen Worte hallten in ihr wider:

"Wenn die Mächte des Himmels sich treffen."

Warrior Cats - Sternenpfade || Band I-IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt