13. Kapitel

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S C H A T T E N P F O T E

Nur ein Schlag der mächtigen Krallen und er lag am Boden, Schmerz durchzuckte seine Flanke. Wie konnte eine so kleine, dürre Katze so stark und aggressiv sein?

Er heulte auf, als ihn die Kätzin auf die Pfoten stieß und ihre schwarzen, dornenscharfen Krallen sich in sein Fell bohrten.
Gnadenlos stieß sie ihn vorwärts, durch den modrigen Wald, er stolperte über Wurzeln, blieb mit den Pfoten hängen. Doch er hatte keine Chance.

Schließlich erblickte er dieselbe Lichtung wie noch vor so wenigen Herzschlägen, mit demselben hohlen Baum. Er gab den Widerstand gegen die starke Kätzin auf, als auch die anderen Wachen in Sicht kamen.

"Wer ist das?", murrte die kräftige braune Kätzin mit dem vernarbten Fell.

"Nur so ein neugieriger Schüler. Keine Ahnung, wer ihn alleingelassen hat."

"Der sieht aber nicht aus, als würde er hier trainieren. Wenn doch, dann hatte er einen verdammt schlechten Mentor!", grollte die Katze mit dem vernarbten Fell.

Schattenpfote ignorierte den Kommentar; er musste hier weg! Aber wie?

"Tut er auch nicht. Ich kenne ihn. Gut gemacht, Schlangenfeuer!"
Ein schlanker grauer Kater hatte etwas zögernd die Stimme erhoben und der dürren Katze, die ihn gefangen hatte, einen anerkennenden Blick zugeworfen.

Die Vernarbte unterbrach ihn:"Wie oft muss ich dir noch sagen, dass wir dich nicht mehr brauchen! Geh lieber wieder Kaninchen jagen!"

Der Graue sträubte drohend das Fell.
"Ich denke, es ist mehr als nur eine frisch ernannte Schülerin nötig, um den Clan zu retten! Ich habe euch geholfen, wann immer ich konnte. Ich habe euch vertraut! Habe für euch Windsterns Geheimnisse weitererzählt! Und was tut ihr? Ihr stempelt mich ab, weil ihr eine Bessere gefunden habt! Aber wisst ihr was? Ihr werdet das noch bereuen. Ihr und eure ach-so-tolle Katze, die mich nun ersetzt. Ihr habt es mir versprochen! Verräter!"

"Stell dich nicht so an!", fuhr sie ihn an. "Du hast keine Ahnung, was hier überhaupt los ist. Verschwinde einfach."

Wie unter Krallenhieben zuckte der Graue, dann wandte er sich ab und trottete durch den finsteren Wald davon.
"Es ist noch nicht vorbei, Knochenfang!", war das Letzte, was man von ihm hörte.

"Und was machen wir jetzt mit dem da?"
Schlangenfeuer zeigte verächtlich mit der Spitze ihres schmalen Schweifes auf ihn.
"Sollen wir ihn töten?"

"Das sollen wir doch nicht allein. Wir müssen auf-", wollte ein goldbrauner Kater einwenden, doch blitzschnell war Schlangenfeuer auf ihn gesprungen und stemmte ihm die Pfoten auf die Schnauze.

"Nenne seinen Namen nicht, Steppenklang!", zischte sie wie das Tier, nach dem sie benannt war. "Nicht solange dieser Schüler hier ist!"

"Bringt ihn erst einmal zu den anderen Gefangenen!", ordnete Knochenfang an.

Gefangene? In Schattenpfote breitete sich Panik aus. Schlangenfeuer stieß ihn durch die Öffnung des hohlen Baumes; er schlug unsanft gegen ein hartes Fellbündel.

"Wer ist das?", knurrte etwas über ihm. Er sortierte seine Pfoten und blickte in zwei in der Dunkelheit wie kleine Sonnen leuchtende goldene Augen. Erschrocken fuhr er zusammen und presste sich gegen das Holz.

"Bist du stumm?", murrte der Kater wieder.

"N-nein, ich b-bin Schattenpfote", stotterte er. Wer war dieser Kater.

"Sei nicht so unhöflich! Er hat nichts getan", mischte sich eine helle, klare Stimme ein. Eine hellsilberne Kätzin wollte sich an den breiten Schultern des mürrischen Katers vorbeischieben.
"Woher kommst du? Und was machst du hier?"

"Ich weiß es nicht! Ich war... auch einer großen Versammlung und dann auf e-einmal hier." Musste er sich rechtfertigen? Er wagte nicht, die Katzen nach ihren Namen zu fragen oder wie sie hierhergekommen waren.

"Das heißt, er kommt von den Clans. Bist du Heilerschüler, Kleiner?", miaute eine dritte, sehr ruhige und tiefe Stimme.
Schattenpfote nickte stumm.
"Kannst du deinem Mentor etwas überbringen?"
Nun erkannte Schattenpfote im dämmrigen Licht einen dunklen, graubraunen Kater und nickte wieder, zu eingeschüchtert, um etwas zu sagen.
Von hinter den drei Katzen erklang ein frustriertes Fauchen.
"Wir haben keine Zeit. Sag es ihm! Sag ihm, dass die Vier am Ort ohne Sterne gefangen sind! Erzähl ihm von der Prophezeiung!"

"Die Vier?" Er konnte die Frage nicht zurückhalten. Wovon redete diese Katze?

"Dein Mentor wird es wissen." Der graubraune Kater blickte ihn an, dann fuhr er fort:"Es wurde uns eine Prophezeiung überbracht, von der selbst der SternenClan nicht weiß. Niemand weiß es. Du musst es dem SternenClan sagen, verstanden? Also-"

Er wurde von der fauchenden Katze hinten unterbrochen:"Komm zum Punkt, er kann nicht mehr lange bleiben!" Sie zwängte sich zwischen den beiden Katern hindurch, ihre grünen Augen blitzten auf, als sie ihm eindringlich zuwisperte:
"Das Blut des Falken sickert in den Wüstensand und tropft auf die Felsen aus Flammen.
Das dunkle Feuer, es wandelt bereits auf finsteren Pfaden. Wo selbst der Boden tödlich ist, dort entspringt das Licht, das Leben ohne Tod.
Nur gemeinsam können sie das Eis brechen lassen!"

Vollkommen verwirrt nickte er, ohne auch nur das Geringste zu verstehen.
Etwas packte seine Flanke, er fuhr erschrocken herum, seine Sicht verschwamm, bevor er unter seinen Pfoten weiches, etwas feuchtes Moos fühlte. Der graue Kater hob den Kopf und ihm fiel ein gewaltiger Stein vom Herzen, als er sich im Heilerbau des NebelClans wiederfand. Rings um ihn herum ragten Schilfstängel in die Höhe; Honigwolke blickte ihn besorgt an.

"Es geht dir gut, SternenClan sei Dank!", miaute die rot-weiße Heilerin erleichtert.

"Ist er aufgewacht?"
Er erkannte die arlamierte Stimme.

"Kleepfote! Ja, es geht mir gut!"
Schnurrend stürmte seine Schwester an Honigwolke vorbei und rieb sich an seiner Wange.

"Ich hatte solche Angst um dich! Wir alle! Wie du da einfach umgekippt bist! Ich dachte schon, du hättest dich dem SternenClan angeschlossen."

Nein, dachte er, beim SternenClan war ich nicht. Ihm fuhr ein Schauer über den Rücken.

"Ist was?", wollte die hellbraune Kätzin wissen, die sich allmählich wieder beruhigte. Sie richtete den Kopf in Richtung Himmel und betrachtete das Silbervlies - oder jedenfalls das, was es normalerweise sein sollte. Doch weder der Mond, noch die Sterne waren am finsteren Himmel zu sehen.

"Nein, nein. Alles gut."

"Sag mal, Schattenpfote, alle alten Katzen sagen doch, dass jeder Stern für einen gefallenen Krieger steht und dass für jede Katze ein neuer Stern aufgeht, oder?"

"Ja, wieso?", fragte Schattenpfote. Wie kommt sie da jetzt drauf?

"Wie viele Katzen müssen dann schon gestorben sein, damit der Himmel so voller Sterne ist? Wie viel Blut muss geflossen sein, damit das Silbervlies am Himmel steht?"

Er stutzte. Darüber hatte er noch nie nachgedacht.
"Ich weiß es nicht. Aber warum fragst du mich das?"

"Mit Eulenpfote oder Sonnenglanz kann man über so etwas nicht reden. Du weißt doch, wie sie sind." Kleepfote wirkte etwas verlegen. Aber sie hatte recht. Sonnenglanz gab dem SternenClan die Schuld an Rankenfluss' Tod und Eulenpfote glaubte nicht einmal an die Existenz der Sternenkrieger.

"Was glaubst du, welcher Stern steht für Rankenfluss?", wisperte Kleepfote ihrem Bruder zu.

"Der Hellste. Siehst du ihn? Er wacht über uns", schnurrte der silberne Kater.

So schmiegten sich die Wurfgefährten aneinander, schlossen die Augen und fielen in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

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Wie fandet ihr das neue Kapitel? Ihr könnt gerne mit Theorien um euch werfen, es gab ja in diesem Kapitel viele Andeutungen und Katzen, deren Namen nicht erwähnt wurden...

Warrior Cats - Sternenpfade || Band I-IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt