»Du?«, fauchte Wildherz ungläubig und peitschte mit dem Schweif. Sie musste sich beherrschen, um diesem respektlosen Fellbündel nicht erneut die Krallen überzuziehen.
»Hast du keinen eigenen Clan, den du belügen kannst?«»Ich war nie eine echte FlammenClan-Katze...«, gestand er und blickte ihr in die zweifarbigen Augen. Seine eigenen waren grün und warm wie die Milch einer Königin. Etwas Aufrichtiges lag darin, etwas, das Wildherz dazu brachte, ihm zu glauben. Warum sollte er sie auch anlügen?
Lass das, du naives Kätzchen!, fauchte sie sich innerlich selbst an. Er ist unser Feind! Was würde Eis sagen, wenn er wüsste, dass du einfach so einem Feind vertraust?!»Und das soll ich dir glauben?«
»Jap. Das sollst du.« Noch immer blitzten seine Augen schelmisch, Wildherz konnte förmlich das Schnurren hören, dass er unterdrückte, und Wut kochte in ihr hoch.
»Komm mit, du dämlicher Fellball«, befahl sie und zerrte ihn am Nackenfell auf die Beine.
»Was weißt du überhaupt so Wichtiges, dass Windstern dich anhören soll?«»Ach, und das soll ich dir sagen, jetzt, nachdem du mir ein Bein zertrümmert hast?« Empört peitschte er mit dem Schweif und zuckte vor Schmerz zusammen, als sie sich in Richtung Lager in Bewegung setzten.
»Jap. Das sollst du«, wiederholte sie seine eigenen Worte, was ihn kurzzeitig zum Schweigen brachte. Die Schildpattfarbene knurrte ein »Stell dich nicht so an«, als Echopfote schon wieder ein Winseln ausstieß, stützte ihn widerwillig und musste beinahe losprusten, als sie Blitzsprungs Gesicht sah. Ihre Schwester stand nur da am Lagereingang und glotzte fassungslos auf das Bild, das sich ihr bot: Wildherz, die jedem Fremden am liebsten die Krallen überzog, stützte einen fluchenden grauen FlammenClan-Schüler.
»A-als du gesagt hast, du hättest etwas gesehen, dachte ich eigentlich nicht, dass...«, miaute ihre Schwester perplex, blickte dann sorgenvoll auf Echopfotes Bein, als die Katzen nahe genug waren. Ihre Augen schimmerten im Mondlicht.
»Das sieht nicht gut aus! War es ein Fuchs? Oder bist du von einem Baum gefallen?« Da begann ihre Nase, zu zucken und Misstrauen schlich sich in ihre Stimme. »FlammenClan! Was machst du hier?«»Er ist auf unserem Territorium herumgeschlichen und behauptet, wichtige Informationen für Windstern zu haben. Wer's glaubt!«
»Und sie war das mit meinem Bein«, wandte der Graue in einer Mischung aus Belustigung und schmerzverzerrtem Knurren ein.
Der Kater hinkte ohne Wildherz weiter, die sich angewidert schüttelte. Er humpelte einfach so ins SturmClan-Lager hinein - war das zu glauben?
Mit glühender Wut stellte sie sich ihm entgegen.»Was denkst du eigentlich, wer du bist?«, fauchte sie ihm ins Gesicht.
»Schleichst einfach so in unserem Territorium herum und jetzt marschierst du einfach in unser Lager? Am liebsten würde ich dir dieses erbärmliche Grinsen aus dem Gesicht kratzen!«Ihr Fauchen war zu einem Jaulen geworden und hatte scheinbar jemanden geweckt, denn eine kleine, hauchfeine Stimme von hinter ihnen wisperte: »Wer... wer ist das? Der ist nicht aus unserem Clan.«
Es war die kleine Falterjunges, eine Kätzin aus Ahornsprungs zweitem Wurf. Zugegeben, Wildherz war das mickrige Kätzchen nie wirklich wie eine Schwester vorgekommen, im Gegenteil, seit Ahornsprung geworfen hatte, drehte sich alles nur noch um sie und ihren Bruder, der sogar noch kleiner war. Für ihr junges Alter war sie eine kluge Katze, doch bei der Geburt hatte es Schwierigkeiten gegeben und seitdem wuchsen die Jugnen nicht richtig.»Ein Eindringling«, knurrte Wildherz, im selben Herzschlag, in dem Blitzsprung sanft meinte: »Gar nichts, geh ruhig wieder schlafen.«
»Was ist hier los, Wildherz? Du solltest schweigen!«, donnerte es aus dem Kriegerbau und ein gutaussehender haselnussfarbener Kater schob sich ins Morgenlicht. Eine Stimme, die Wildherz nur zu gut kannte - auch wenn sie wünschte, sie würde es nicht tun.
»Ich habe einen Eindringling gestellt. Hast du Ohren?«, fuhr sie ihn an.
»Ich muss dich enttäuschen, Falkenfeder, aber du kannst mich nicht mehr herumkommandieren. Ich bin jetzt Kriegerin, genau wie du, du überhebliches Stück Mäusedung!«»Pass auf, was du sagst, oder du wirst es bereuen«, grollte Falkenfeder mit flammendem Blick.
»Wer ist der da? FlammenClan. Was will der hier?«Der Graue zuckte beim Versuch, sein Bein zu belasten, vor Schmerz kurz zusammen und erzählte dann: »Sei gegrüßt. Echopfote mein Name, ich möchte mich diesem Clan anschließen und habe eventuell Informationen, die eure Anführerin interessieren könnten.«
Mit diesen Worten schob er sich an dem getigerten Krieger einfach vorbei und hinkte in die Lagermitte.»Ich gehe Windstern wecken. Nicht, dass er es zuerst tut«, sagte Blitzsprung schnell und huschte zum Bau der Anführerin, einem ausgehöhlten Hügel, der schützend von Heide umgeben war.
Das leise Miauen ihrer Schwester war zu hören, wie sie Windstern weckte. Falkenfeder und Wildherz taten nichts, starrten nur mit angespannten Muskeln abwechselnd einander und Echopfote an, der seelenruhig in der Lagermitte unter dem Hochstamm saß.Immer mehr Krieger waren von den regen Gesprächen aufgewacht, Falterjunges steckte ihre Schnauze aus der Kinderstube heraus und Aschenschwinge und Hasensturm trotteten nebeneinander her.
»Und ich habe dieses Kaninchen mit so einem großen Sprung...«, prahlte Hasensturm gerade, bevor er von Aschenschwinge unterbrochen wurde.
»Klappe. Da ist eine fremde Katze in unserem Lager.«Die noch recht verschlafen wirkende Windstern tappte mit verstrubbeltem hellbraunem Fell auf den grauen Schüler zu und wollte etwas unsicher wissen, was ihn hergeführt hatte. Echopfote wiederholte erneut seine Worte und fügte noch ein »Habt ihr hier einen Heiler? Eine Kriegerin hat mein Bein fast zertrümmert« hinzu. Wildherz brodelte innerlich. Was bildete dieser Fellball sich ein? Einfach so ins Lager zu spazieren!
In ihrer Frustration bekam sie kaum mit, wie die beiden Katzen sich in irgendeinen Bau zurückzogen. Wie konnte es sein, dass Windstern ihn nicht einmal getadelt hatte? Keine Fragen gestellt hatte? Wolkennacht hätte ihn bestraft oder gleich zu seinem Clan geschickt. Zurück in den Wald, zu all den anderen Mäusefressern, bei deren Geruch sich ihr Nackenfell schon aufstellte.
Dorthin, wo er hingehörte! Ja, es wäre ihr viel lieber, wenn er gleich im Wald geblieben wäre.Oder?
Ja, du Hasenhirn!, schalt sie sich selbst und bemerkte erst jetzt, wie schwer ihre Glieder, wie müde ihre Augenlider waren. Sie trottete mit einem letzten finsteren Blick auf Aschenschwinge, Falkenfeder und Echopfote in den Kriegerbau, wohin Blitzsprung ihr auf der Pfote folgte.
Es war endlich wieder Zeit, an den Ort zurückzukehren, an dem sie sein konnte, wer sie sein wollte. An dem sie ernst genommen und trainiert wurde. Ja, der Ort ohne Sterne war finster und stank.
Aber dort war Eis. Eis, der ihr beigebracht hatte, nicht jeder dahergelaufenen Katze zu vertrauen.
Eis, ihrem zweiten Mentor.
Und er hatte ihr in der letzten Nacht erzählt, er habe noch Großes mit ihr vor.
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Warrior Cats - Sternenpfade || Band I-III
Fanfiction»Das Blut des Falken sickert in den Wüstensand und tropft auf die Felsen aus Flammen. Das dunkle Feuer, es wandelt bereits auf finsteren Pfaden. Wo selbst der Boden tödlich ist, dort entspringt das Licht, das Leben ohne Tod. Nur gemeinsam können sie...