37. Kapitel

21 9 7
                                    

W I N D S T E R N

Verdammter Mäusedreck!
All ihre Frustration schickte Windstern in ihre wütenden Schläge, die auf die Schnauze des schwarz-weißen Katers zielten.

Wie schaffte Wolkennacht es immer wieder, ihre Autorität derartig zu untergraben? War sie so eine unfähige Anführerin?
Ihr Gegner nutzte ihre Ablenkung aus und grub ihr die Krallen tief in die Schultern, heißes Blut quoll hervor und stechender Schmerz blitzte durch ihre Schultern.
Im Verteidigen war sie nie gut gewesen und das schien der seltsam gefleckte, muskulöse Kater auch bemerkt zu haben, schlug immer wieder zu und stieß sie auf den blutigen Boden, Panik schoss heiß durch ihre Glieder, als sie mit den Beinen strampelte, um freizukommen. Sie schaffte es, sich auf den Rücken zu drehen, und bearbeitete seinen Bauch mit den Hinterkrallen.

Jedes Haar in seinem Pelz schien ihr ins Auge zu springen und seine seltsame Streifenmusterung, die an einen Dachs erinnerte, schürte flammenden Hass, als sie sich an jenen Tag erinnerte.

***

Ein sich windendes Bündel glitt hinaus auf den weichen, mit Heide ausgelegten Boden, wo sofort eine schwarz-weiße Kätzin begann, es gegen den Strich zu lecken, bis ein wimmernder Laut aus seiner Kehle drang. Die Kätzin drückte es zu den anderen Jungen an Windsterns Bauch. Klirrend kalt war die Luft, und so schlang sich die grau-braune Kätzin um ihre Jungen, und ein gewaltiges Glücksgefühl brach als erleichtertes Schnurren aus ihr heraus.

Der dunkelbraune Kater beugte sich zu ihr herunter und leckte ihr liebevoll über das Ohr.
»Sie sind perfekt«, hauchte er. »Wie ihre Mutter.«

Windstern reckte die Schnauze und drückte ihre Nase liebevoll an die Seine, da ertönte ein tiefes Grollen, das die Katzen entsetzt zusammenfahren ließ.
Knurrend schob sich eine schwarze Schnauze durch die Wände der Kinderstube, dann folgte ein schwarz-weiß gezeichneter Kopf, bis der muskelbepackte Dachs bedrohlich grollend im Bau stand.
Panik trat nun an die Stelle der Liebe. Was beim SternenClan konnte einen Dachs so hungrig machen, dass er sich als Beute Katzen aussuchte? Was machte er überhaupt auf SturmClan-Territorium?

Das gefährliche Tier war nur etwas größer als der stattliche Kater, der sich ihm tapfer entgegenstellte, aber viel breiter gebaut-
Und hungriger.
Schon schlug er mit den stumpfen Krallen nach ihrem Gefährten, Windstern heulte panisch auf. Noch immer war sie von der Geburt so geschwächt, dass sie keine Chance hatte, sich zu wehren und während sie ängstlich ihre Jungen umschlang, vor Angst gelähmt, sah sie, wie tödliche Zähne die Kehle des Kriegers umschlossen, seinen schlaffen Körper herumschleuderten als wäre er eine tote Maus. Nun sprang die schwarz-weiße Kätzin mutig vor und zog dem Dachs die Krallen über die Schnauze, doch schon nach wenigen Herzschlägen japste sie nach Luft, drohte, an ihrer Lungenkrankheit zu ersticken-
Doch wurde vorher von den Zähnen des Dachses durchbohrt.

Das schwarz-grau-weiße Tier packte die Kätzin und zerrte ihren schlaffen Körper aus dem Bau. Einige Herzschläge lang starrte Windstern einfach auf das Blutbad, auf den schlaffen Krieger. Nur verschwommen bemerkte sie, wie viel zu spät ihre Clan-Gefährten in die Kinderstube stürzten. Alles, was sie bemerkte, war sie unbeschreibliche Trauer, die ihr das Herz zerfetzte. Sie presste die Schnauze ins Fell ihres mutigen Gefährten, der sich für sie und ihre Jungen geopfert hatte.

Und in ihrem Kopf hallte die Zeichnung des Dachsgesichtes mit blutbefleckten Zähnen nach.

***

Flammend heiß schoss der Hass durch ihr Herz und sie schlug so heftig auf dem dachsartigen Kater ein, dass er nach hinten flog und gegen einen Baumstamm prallte. Ehe er sich wieder aufrichten konnte, stürzte sie sich auf ihn und sobald der Kater taumelnd auf die Pfoten kam, stieß sie ihn zurück in sein eigenes Blut.

Von hinten stieß ihr etwas mit tödlicher Wucht die Krallen ins Fleisch, packte sie und schleuderte sie herum. Als wäre sie nur ein Moosball, flog ihr Körper durch die Luft und landete mit einem dumpfen Laut auf dem Boden. Brennender Schmerz explodierte in ihrem Kopf, schoss durch ihre Rippen und als der neue Gegner ihr die Krallen erneut ins Fleisch bohrte, knirschte eine ihrer Rippen grausig und ihr gequältes Geheul zerfetzte die von Kampfgeräuschen erfüllte Luft.

Sie bemühte sich, ihre Verletzung zu ignorieren und nicht in die eisblauen Augen des Katers zu blicken, die sie zu lähmen schienen. Längst hatte die SturmClan-Kätzin Froststern erkannt, der nun brutal an ihren Gliedern riss, ihr das Fleisch von den Knochen fetzte und nichts als Schmerz und Wut zurückließ.

»Was willst du?«, brachte sie keuchend hervor und strampelte verzweifelt.

»Ich? Ich will einfach, dass ihr Schlangenherzen beginnt, uns als Clan zu akzeptieren!«, fauchte ihr der EisClan-Anführer entgegen.

»Wir? Wir haben alle Pfoten voll zu tun, damit ihr uns nicht umbringt!«

»Ihr wollt ja keine friedliche Lösung!«, schleuderte ihr Froststern entgegen.
»Ihr habt uns nie auch nur eine Chance gegeben!«
Immer tiefer gruben sich seine Krallen in ihre Eingeweide, sie wehrte sich verzweifelt, doch war einfach viel schwächer als der Weiße.

Tief beugte sich Froststern über sie, wisperte ihr ein »Ich weiß es« ins Ohr.
Windstern erstarrte. Was wusste er? Doch nicht etwa...
Doch. Er wusste es. Das wurde ihr klar, als seine blitzenden Zähne sich in ihre Kehle gruben.

Nein! Der flammende Hass ließ sie wild um sich schlagen, ihre Krallen Fell, Haut, Fleisch durchbohrten und heißes Blut auf ihre Pfoten tropfte.
Die Anführerin befreite sich aus den Schraubzwingen seiner Zähne, sprang trotz der glühenden Schmerzen zurück und sah, wie Froststern taumelte, in zuckenden Krämpfen zu Boden ging. Sein wütender Schrei wurde zu einem dumpfen Gurgeln und verstummte schließlich ganz. Wie aus einer unerschöpflichen Quelle sprudelte das Blut aus seiner Kehle, durchtränkte Windsterns Pfoten.
Selbst im Tode waren seine Augen hasserfüllt zusammengekniffen.

Sie hatte Froststern umgebracht.

Jaulen zerschnitt die Luft. Eine kleine, grau-weiße Kätzin sprang an die Seite des Katers, vergrub die Schnauze in seinem dichten Pelz.
Dann hob sie langsam den nachtblauen Blick. Und in diesem spiegelte sich kaltes, von Hass geschürtes Feuer.

»EisClan! Rückzug!«, heulte sie, bevor sie sich zu der keuchenden Windstern drehte.
»Das wirst du büßen. Ich werde meinen Bruder rächen und ihr alle werdet euch wünschen, niemals geboren worden zu sein!«

Mit diesen Worten drehte sie sich um und blutverschmierte Krieger jagten ihr hinterher.
Der Kampf war vorbei. Der EisClan besiegt.
Doch etwas sagte ihr, dass es noch nicht zuende war.

Warrior Cats - Sternenpfade || Band I-IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt