Funkenpfote saß, in Gedanken versunken, am Waldrand und beobachtete ein paar SturmClan-Katzen in der Ferne, die schmalen Körper mit den langen, sahnigen Beinen. Sie erkannte nur die Silhouetten der drahtigen Krieger, doch sie sah zwei junge Kätzinnen, die sich vielleicht unterhielten. Eine viel massigere, größere Gestalt trottete heran und eine der beiden tappte zurück ins Lager. Die riesige Katze, vermutlich ein Kater, beugte sich zu der Kleineren hinab und schien ihr etwas zuzuwispern - doch das konnte Funkenpfote nicht genau erkennen, zu viele Baumlängen lagen zwischen ihnen. Die Luft schien vor ihren Augen zu flimmern und ein riesiger Fels in ihrer Kehle stecken, der ihr die Luft abschnürte.Am Himmel kreiste ein Falke, und erst fühlte sie einen Funken Hoffnung in ihr aufleuchten, bis sie erkannte, dass dieser viel größer war als jenes Tier, das dem Geist ihrer Mutter in sich zu tragen schien. Enttäuscht ließ sie den Kopf sinken.
Ob wohl Echopfote jetzt mit einer SturmClan-Katze jagte?Die kleine rote Kätzin erinnerte sich daran, dass sie ihre Bestimmung erfüllen wollte und sie war sich sicher, dass es der EisClan war, den sie irgendwie besiegen musste - zusammen mit den anderen Auserwählten. Wenn sie doch nur eine Ahnung hätte, wie!
»Vielleicht«, überlegte sie laut, während sie noch immer unverwandt die sanften Hügel beobachtete, die schützenden Baumkronen über ihr, »könnten wir uns treffen. Wir drei. Heute Nacht beim Mondfall vielleicht. Aber wie soll ich ihnen das sagen? Ich habe schließlich keine Ahnung, nach wem ich suchen soll! Es könnten genauso gut irgendwelche Hauskätzchen von unfassbar weit weg gemeint sein mit der Prophezeiung. Der SternenClan müsste mir dabei helfen... aber sie haben mit mir noch nie gesprochen.«
Sie seufzte und blickte auf das Muster von spielenden Lichtern auf dem weichen Waldboden, tappte auf weichen Pfoten durch den Wald. Wellensplitter hatte sie hart trainieren lassen die letzten Sonnenaufgänge - vielleicht dachte sie, das würde sie von Echopfotes Verrat ablenken. Nein. Wellensplitter denkt nicht so. Wahrscheinlich will sie einfach, dass ich meine Kriegerprüfung schaffe und sie nicht wie eine unfähige Idiotin dasteht!
Nicht, dass das Training irgendetwas gebracht hätte - im Gegenteil, immer häufiger lag sie nachts wach im Schülerbau, aus Angst, einzuschlafen. Denn jedes Mal durchlebte sie wieder diesen Horror, Falkenfrosts letzte Worte und diese schreckliche Einsamkeit.
Es war unfassbar ungewöhnlich für Funkenpfote, dass sie allein sein wollte, doch irgendetwas war anders als sonst. Es war, als säße da etwas in ihrem Nacken fest, das sich unermüdlich in ihr Fell klammerte. Es hielt immer fester, grub seine unsichtbaren Zähne tiefer in ihre Haut, doch sie konnte es nicht fassen.Etwas würde in dieser Nacht passieren, da war sie sich so sicher, wie dass am nächsten Morgen die Sonne aufgehen würde. Sie wusste nur nicht, was.
Aber ich muss wissen, wer die anderen Auserwählten sind!»Funkenpfote?«
Sie zuckte bei der Stimme kurz zusammen und rechnete erst mit Wolkenpfote, Fuchsflamme oder Sonne, doch der schwarze Pelz, unter dem kräftige Muskeln spielten, gehörte eindeutig zu Nachtfluss.»W-was ist los?«, miaute sie vollkommen perplex den Zweiten Anführer an. Was machte der denn hier?
»Ich... ich meine, nicht, dass das ein Problem wäre, aber du...«»Ich habe gehört, du willst ein Treffen der Auserwählten organisieren? Diese Nacht?«
SternenClan, hat der mich etwa belauscht?
»Verzeih mir, wenn das unhöflich von mir war. Aber ich glaube, ich kann dir versichern, dass nächste Nacht ein ausgezeichneter Zeitpunkt dafür wäre - es ist fast Vollmond und ich habe zufällig die Information erhalten, dass die beiden anderen Auserwählten ebenfalls diese Nacht am Mondfall sein werden. Den Grund dafür kann ich dir leider nicht verraten, der SternenClan würde das nicht gutheißen.«Es war verdammt seltsam. Nachtfluss war nie so freundlich, außer, wenn er sich bei Kätzinnen einschleimen wollte. Aber sie war eine Schülerin und weder besonders hübsch noch sonst irgendwie herausragend. Aber warum diese übertrieben förmliche Sprache? Was würde der SternenClan Nachtfluss mitteilen, aber nicht Dämmerschwinge oder zumindest Sonnenpfote?
»Was ist hier los?«, forderte die junge Schülerin zu wissen. »Woher weißt du das alles?«
Diese Katzen scheinen alle mein Leben besser zu kennen als ich selbst!»Ach, nichts. Aber eine Katze hat mir zukommen lassen, dass die anderen Auserwählten ebenfalls eine Botschaft bekommen haben. Ich will ja nichts sagen, aber ebendiese Katze hatte Sterne im Pelz...«
Nachtfluss zwinkerte verschwörerisch und spitzte kurz darauf die Ohren, als hätte er etwas gehört. Dann nickte er, wie zu sich selbst, und drehte den Kopf wieder zu Funkenpfote.Fragen schwirrten ihr im Kopf herum, viel zu viele, um sie alle zu stellen. Was war nur mit dem Zweiten Anführer los?
Verlegen trippelte sie von einer Pfote auf die andere.
»Ich... ich gehe dann mal, denke ich.«
Funkenpfote drehte sich weg, bedankte sich noch im Vorbeilaufen und machte sich auf den Weg Richtung Mondfall, nicht minder verwirrt als noch vor einigen Herzschlägen.Die Sonne versank schon zwischen dem grüngoldenen Blättern, das Spiel von Hell und Dunkel auf dem Boden verblasste und die Schatten wurden immer länger. Schon bald erklang leise, so leise, dass sie es kaum hören konnte, das leise, sanfte Plätschern des Mondfalles.
In ihr schien ein Fels heranzuwachsen, der ihre Kehle brutal zuschnürte. Panik quoll in ihr hoch, all die Angst und die Erwartungen der letzten Monde.
»Funkenpfote?«, sagte Nachtfluss noch und redete einfach weiter, ohne sich darum zu kümmern, ob die Schülerin zuhörte. Leise fluchte er etwas wie »ich mache das nicht mehr mit, Drossel!« und peitschte mit dem Schweif.
»Ich kann dir nichts Großes verraten... aber lass dir eines gesagt sein: Nach dieser Nacht wirst du entweder eine Heldin sein oder tot. Wahrscheinlich Letzteres.«
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Warrior Cats - Sternenpfade || Band I-III
Fanfiction»Das Blut des Falken sickert in den Wüstensand und tropft auf die Felsen aus Flammen. Das dunkle Feuer, es wandelt bereits auf finsteren Pfaden. Wo selbst der Boden tödlich ist, dort entspringt das Licht, das Leben ohne Tod. Nur gemeinsam können sie...