18. Kapitel

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W I L D P F O T E

Wie Echos drangen ferne Stimmen an ihre Ohren, sie riefen ihren Namen. Ihren und noch so viele Weitere.

Was ist passiert?

Da fiel es ihr auf einen Schlag wieder ein. Das Erdbeben. Schon wieder. Und dieses Mal hatte Löwenmut sie nicht retten können, er lag selbst noch verletzt im Nest.

Und was ist mit Schattenpfote?
Mittlerweile war sie sich fast sicher, dass Seepfote etwas mit dem Angriff auf seine Schwester zu tun hatte. Sie fühlte sich, als gäbe es etwas so naheliegendes, doch sie kam einfach nicht darauf.

Wer würde ihr so etwas antun wollen?
Bestimmt keine SturmClan-Katze. Außer, Seepfote hat...

Nein! Er würde seiner eigenen Schwester nie etwas antun...

Oder doch?

Als sie auch nur eine Pfote rühren wollte, fuhr ihr ein beißender Schmerz durch den Körper, sie war umringt von Erde und Steinen, die ihren Atem fast erstickten.

Hilfe!, hallte es in ihrem Kopf, verzweifelt ruderte sie mit den Pfoten durch die Erde. Sie hatte keine Ahnung, wo sie war, schaufelte nur Pfote für Pfote voller Erde aus dem Weg, hustete Klumpen aus und ignorierte die Erde in ihren Augen.
Hoffnung stieg in ihr auf, als über ihr ein schmaler Lichtstrahl durch die Erdschicht drang.

Mit einem letzten, gewaltigen Kraftaufwand schob sie die letzte Pfotevoll Erde zur Seite und brach, endlich, durch die Oberfläche.
Nach Luft schnappend sah sie sich um.

Wo bin ich?

Der Boden vor ihr war zertrümmert und aufgewühlt, Würmer krochen über die frisch nach oben beförderte Erde. Risse durchzogen die Erde und alle paar Schwanzlängen ragten zerrupfte Heidebüschel aus dem Boden hinaus.

Mit einem Schlag wurde ihr klar, dass diese Einöde vor ihr das SturmClan-Territorium war. In Trümmern.

Eine seltsame Taubheit überkam ihren Körper, sie spürte ihre Pfoten nicht mehr. Und das lag bestimmt nicht nur an der Kälte.
Sie fühlte sich unfassbar verloren, als sie über das zerwühlte, felsige Moor hinwegblickte. Dichter Nebel waberte um ihre Pfoten und sie rief panisch:
"Ist da jemand?"

Ein felsengroßer Stein fiel ihr vom Herzen, als vor ihr eine ferne Stimme erklang: "Wildpfote! Du lebst!"

Blind stolperte sie vorwärts, einfach immer weiter, bis sich vor ihr langsam schemenhafte Silhouetten vom Dunst abzeichneten.
Eine schlanke, dunkle Gestalt trat näher und sie hätte am liebsten laut geschnurrt, als sie ihren Vater erkannte.

"Flussecho! SternenClan sei Dank! Wo sind die Anderen?"

"Wir haben uns beim Himmelsfels versammelt, aber Mohnschimmer, Aschenschwinge und Rosenknospe mit ihren Jungen fehlen noch immer, obwohl schon Tage seit dem Erdbeben vergangen sind."

Tage? Wie konnte das sein? Hatte sie so lange geschlafen? Oder war sie ohnmächtig gewesen?
Und was war mit den Katzen, die noch nicht wieder aufgetaucht waren?

"Komm erstmal mit! Nicht, dass wir dich noch einmal verlieren!

Erleichtert zitternd tappte sie dem dunkelgrauen Kater hinterher, durch die Trümmer ihres Territoriums. Ängstlich wanderte ihre erdverschmierten, verschiedenfarbige Augen über die Steine und die Erde, als plötzlich ein winziger, goldener Fellfetzen zwischen zwei Brocken hervorblitzte.

"Flussecho, sieh mal! Ist das eine Katze?"

Sofort wollte der drahtige graue Kater losspurten, wartete dann jedoch auf Wildpfote. Das könnte sein, hoffte er.

Warrior Cats - Sternenpfade || Band I-IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt