Kapitel 1: Der Neue

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Ich sitze in der Vorlesung und versuche wirklich, mich auf das Thema zu konzentrieren. Marktanalyse... Eigentlich hatte ich es mir interessanter vorgestellt. Aber nun muss ich mich echt am Riemen reißen, damit ich nicht wieder Manga Figuren in meinen College Block zeichne.

Tatsächlich gelingt es mir sogar, wenigstens die wichtigsten Schlagworte mitzuschreiben. Dann kann ich später noch nachlesen. Manchmal ist Wikipedia weitaus interessanter als so eine langatmige Vorlesung.

Nachdem ich den Tag an der Uni überlebt habe, gehe ich noch in die Mensa, um dort etwas zu essen. Es ist weitaus günstiger, als unterwegs in einem Imbiss zu essen. Und nach Hause fahren, um zu kochen, habe ich keine Zeit.

Im Gegensatz zu manch anderen Studenten arbeite ich Nachmittags und am Wochenende. Und trotzdem muss ich jeden Cent umdrehen. Aber das ist okay. Bald sind Prüfungen und dann habe ich meinen Abschluss an der Uni endlich geschafft.

Vor einer Weile habe ich mich bei der Zentrale der Drogeriemarktkette beworben, bei der ich jobben. Eigentlich wollte ich in die Personalabteilung, aber Marketing ist auch okay.

Nachdem ich gegessen habe, mache ich mich auf den Weg zum Drogeriemarkt.

Ich mag den Job hier, auch wenn ich nur Regale einräume.

Im Laden gehe ich direkt durch zum Mitarbeiterbereich. Im großen Pausenraum schließe ich meinen Rucksack in den Spind und ziehe das Hemd über, dass wir auf der Arbeit immer tragen sollen. Die Kunden sollen uns schon von weitem erkennen. Schnell noch das Namensschild dran und fertig.

Gerade, als ich den Pausenraum verlassen will, kommt mein Chef, Mr. Hunter, mit einem jungen Mann herein. Mein Chef winkt mich kurz heran und deutet dabei auf den Mann, der Ende 20, Anfang 30 ist. Dunkle, kurze Haare, braune Augen, ein charmantes Lächeln und ein durchaus stattlicher Körperbau.

Mr. Hunter, ein Mann Ende 50 mit ergrautem Haar und einer hochgewachsenen Figur, nickt mir höflich zu. „Juliana, das ist Ethan... Eh..."

„Jones. Ethan Jones. Aber Ethan reicht natürlich", hilft der junge Mann, weil dem Filialleiter offensichtlich sein Nachname entfallen ist. Er hält mir die Hand hin und ich ergreife sie schnell. Sein Händedruck ist kräftig und meine Hand verschwindet fast in seiner.

„Freut mich sehr, Ethan. Ich bin Juliana Woodstock."

Mr. Hunter räuspert sich kurz und ich fürchte, ich habe den jungen Mann einen Moment zu lange angestarrt.„Nun, Juliana, das ist heute Ethans erster Tag hier. Er wird im Lager arbeiten. Also sei doch so gut und zeig ihm alles."

„Natürlich, Mr. Hunter", erwidere ich schnell.

Mein Chef dreht sich um und verlässt den Pausenraum wieder. Ich sehe zu Ethan und schneide eine kurze Grimasse. Der neue Mitarbeiter ist älter als ich. Eigentlich habe ich kein Problem damit, neue Kollegen zu duzen.

Aber bei Ethan fühle ich mich plötzlich unsicher. Er strahlt eine Autorität aus, die ich bisher nur bei wenigen Menschen gesehen habe.

Ich reiße mich zusammen und wende mich an Ethan: „Nun... Zuerst ein passendes Shirt. Und... Arbeitshandschuhe."

„Die habe ich schon bekommen, als Mr.Hunter mir die ArSchU zeigte", erwidert er grinsend.

„Die... Was?", frage ich völlig perplex. Hat er da gerade Arsch gesagt?

„Die Arbeitsschutzunterweisung. Da, wo ich... vorher gearbeitet habe, nennt man sie nur ArSchU", erklärt Ethan und grinst noch immer.

Ich lache kurz auf. Man könnte sie sicher auch ASU nennen, aber gut. Irgendwie gefällt mir die Abkürzung. „Und wo war das?", frage ich neugierig.

Kurz mustere ich seinen Oberkörper, um seine Größe zu schätzen. Breite Schultern, kräftige Oberarme... Er geht bestimmt regelmäßig in ein Fitnessstudio und hat einen Traumkörper.

„Ach... Nur ein langweiliger Bürojob."

„Wirklich? Wenn ich mit dem Studium fertig bin, bekomme ich einen dieser langweiligen Bürojobs", entgegne ich.

Ich gehe zu den Regalen und ziehe für Ethan ein Oberteil in L heraus, das ich ihm direkt reiche.

„Also ist das für dich nur ein Studentenjob hier? Was studierst du?"

Er duzt mich, als wäre es selbstverständlich. Also werde ich auch das Du nehmen. Immerhin bot er mir ja auch an, ihn beim Vornamen zu nennen.

Ethan zieht sein Langarmshirt aus. Das T-Shirt, das er darunter trägt, rutscht dabei leicht mit hoch und ich sehe sofort einen Teil von seinem Sixpack. Schnell senke ich den Blick. Calvin Klein Unterwäsche schaut ein wenig aus seiner Jeans heraus. Wow... Sexy, der Anblick.

„Ich studiere Wirtschaftspsychologie und bin damit fast fertig", antworte ich und reiße meinen Blick von ihm los.

„Psychologie? Kannst du mir also in die tiefsten Tiefen meiner Seele schauen?" Er kommt mir plötzlich ganz nahe und unsere Nasen berühren sich fast.

Ich rieche sein gutes Aftershave und schaue ihm in die Augen. Unglaublich schöne Augen. „Ähm..."

Schnell wende ich meinen Blick ab und spüre nur beiläufig, dass Ethan mir das Oberteil aus der Hand zieht. „Der Hauptaspekt liegt auf der Wirtschaft... Natürlich hat es auch viel mit Psychologie zu tun... Aber nicht in der Art, die du im Sinn hast."

Bevor er weitere Fragen stellen kann, verlasse ich den Pausenraum und bedeute ihm, mir zu folgen. Es ist im Pausenraum bestimmt ein paar Grad wärmer geworden und etwas Ablenkung tut mir sicherlich gut.

Es ist schon fast unverschämt, dass der Neue so verdammt gut aussieht. Dieses Lächeln, diese Stimme, diese selbstbewusste Haltung... Wow!

Der erfundene FreundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt