Kapitel 17: Sei mein Date!

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Ich habe beschlossen, die Sache mit Owenauf sich beruhen zu lassen. Es ist besser, wenn ich da keine weitereZeit hineinstecke. Weder freundschaftlich noch sonst wie. Also habeich ihm eine Nachricht geschrieben, dass ich ihm das Buch wiedergebenmöchte.

Was immer da auch zwischen ihm undCharly läuft, es ist mir egal. Naja, nicht so ganz, um ehrlich zusein, aber es muss mir egal sein. Die Freundschaft zu Charlotte istmir wichtiger als ein Kerl. Außerdem will ich kein Drama haben, sokurz vor dem Abschluss meines Studiums. Das lenkt einfach nur ab undder gestrige Abend zeigt nur allzu deutlich, wie schnell das gehenkann.

Statt zu lernen, habe ich mich denganzen Abend in Selbstmitleid begraben. Selbst, nachdem Charlotteschon weg war, habe ich meinen Arsch nicht mehr hochbekommen. Undich habe noch etwas beschlossen. Ich frage Ethan nach einem Date,damit ich ihn endlich aus meinem Kopf kriege. Entweder ist es einkomplettes Desaster und ich will ihn danach eh nie wiedersehen...

Oder es ist genau das Gegenteil. Dannwerde ich mit ihm ins Bett hüpfen. Aber ich muss ihm von vornherein klarmachen, dass es eine einmalige Sache ist und bleibt. DerKnackpunkt ist nur, was passiert, wenn ich plötzlich erkenne, dassda mehr ist? Sollte ich es darauf ankommen lassen? Oder auf ein ONSbestehen? Nun, erstmal muss er einem Date zustimmen.

Nach der Uni esse ich wieder etwas inder Mensa und fahre danach zur Arbeit. Da ich wieder eine StundeLeerlauf habe, lerne ich im Pausenraum. Mein Handy piept kurz, alsohole ich es aus der Tasche und schaue auf den Text. Owen hat mirgeantwortet. >>Also hat Charlotte dir mittlerweile die Wahrheit erzählt?Ich hole das Buch heute Abend ab.<<

Ich starre auf den Text und lese ihnimmer wieder. Keine Entschuldigung, nix. Es tut ihm nicht einmalleid. Und es ist feige von ihm, alles auf Charlotte abzuwälzen. ZumSex gehören nun mal zwei Leute.

Eilig wische ich mir die Tränen weg.Ich sollte froh sein, dass ich den Kerl endlich los bin. Ich suche inmeinen Hosentaschen nach einem Taschentuch und wische mir mit demHandrücken über das Gesicht.

Ein Taschentuch schiebt sich in meinSichtfeld und ich hebe überrascht meinen Kopf, während ich dasTaschentuch greife. „Danke", sage ich leise.

Ausgerechnet Ethan steht vor mir undsieht mich völlig betreten an. Schnell wische ich mir die Tränenweg und putze meine Nase. Wie peinlich.

„Ist bei dir alles in Ordnung?",fragt er ehrlich besorgt.

„Ja... Alles okay." Ich räumemeine Sachen zurück in den Rucksack und packe alles in den Spind.Danach ziehe ich mein Oberteil über.

Ethan steht immer noch da und mustertmich kritisch. „Willst du darüber reden?"

Ich seufze kurz. Dasselbe Angebot,welches ich ihm gestern gemacht habe. Aber das Gespräch ist mirvöllig entglitten und am Ende habe ich es nur noch schlimmergemacht. „Ich habe mich ausnutzen lassen. Halb so wild", weicheich seiner Frage aus.

„Wenn du privat nur halb so nett undhilfsbereit bist, wie auf der Arbeit, dann verstehe ich, was dumeinst."

„Oh, du hast leichtgläubigvergessen", erwidere ich mit einem leichten Grinsen.

„Und gefangen in deiner eigenenKomfortzone", kontert Ethan schmunzelnd.

Obwohl das Thema nicht lustig ist,fange ich kurz an zu lachen. Wahrscheinlich habe ich es Owen viel zuleicht gemacht. „Ja, absolut. Wird Zeit, dass ich über denTellerrand schaue."

Wir gehen zusammen ins Lager und räumendie neuen Paletten aus. Mittlerweile geht alles Hand in Hand. Wirmachen danach unsere Runde im Verkaufsraum und ich bleibe bei denHygieneartikeln für Frauen etwas länger stehen.

Ethan folgt meinem Blick und hebtleicht die Augenbrauen. „Suchst du was Bestimmtes?"

„Oh, ehm... Nein. Ich finde es nurschade, wie die Produkte teilweise einsortiert sind." Ich deutedabei auf die unteren Regalreihen und frage ihn: „Wusstest du, dasswir unsere eigene Produktreihe haben? Sie hat sogar bis zu 40%weniger Verpackungsmüll! Aber natürlich kaufen die Kunden den Karton, der größer aussieht. Dabei ist unser eigenes Produkt so viel günstiger."

Ich rede mit ihm über die Vorteileunserer eigenen Produkte und wie schade es ist, dass sie ganz untenim Regal landen. Ethan hört mir dabei wirklich interessiert zu, alswenn er das Thema unglaublich spannend findet. Er fragt mich sogarnach meiner Meinung, wie ich die Produktplatzierung machen würde.Und wieder spüre ich die Chemie zwischen uns. Sein Lächeln, seineStimme... Ich mag es, wie das Lächeln seine Augen erreicht. „Willstdu mit mir gehen?", höre ich mich plötzlich fragen und stocke inder Bewegung. Himmel, was habe ich da nur gesagt? „Auf ein Date!Heute Abend?", erkläre ich mich hastig.

Oh Gott... Ich hoffe, er hat die Pausenicht gemerkt. Ich könnte im Erdboden versinken. Habe ich ihnernsthaft gefragt, ob er mit mir gehen will?

„Ein Date? Heute Abend kann ichleider nicht.

„Morgen...?", frage ich beinaheschon verzweifelt.

Ich sehe diesen nachdenklichen Blick.Sucht er gerade eine Ausrede? Oder eine Möglichkeit, mir schonend zuerklären, dass er in einer festen Beziehung ist? Allerdings hatte ermich in der ersten Woche doch auch gefragt, ob ich den Abend Zeithätte. Ich verneinte... Ist das nun eine Revange?

„Ich habe momentan nicht besondersviel Zeit, Jules."

Zuerst verstehe ich nicht, wieso ernicht viel Zeit haben soll. Er arbeitet hier nur als Aushilfe. Aberdann dämmert es mir langsam. Natürlich! Das ist nicht sein einzigerJob. Wie soll er sonst über die Runden kommen? „Ja, klar. KeinProblem. Ich muss auch fürs Studium lernen."

Ich versuche mir meine Enttäuschungnicht anmerken zu lassen und rede mir sogar ein, dass es vermutlicham besten so ist.

Der erfundene FreundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt