Kapitel 41: Frischer Wind

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Es fühlt sich irgendwie gut an, dieAkte von Ethan Jones zu schließen. Ich will mir auch gar nicht mehrden Kopf darüber zerbrechen, warum er schon von achtzehn Jahrenangelegt wurde. Wahrscheinlich ein Tippfehler. Aber damit muss ichmich nicht mehr befassen. Das Thema Ethan ist endgültig vorbei. Ich werde ihn niewieder sehen und das ist gut so.

Nach der Mittagspause ist diese Listewieder da. Die mit den 150 Namen, die zum Monatsende dieZutrittskarten gesperrt bekommen. Ich schaue zu Jacob und Nina. „Sollich die Liste bearbeiten?"

Nina nicht kurz. „Ja, mach ruhig. Ichglaube, wenn ich mich dran setze, fließen nur Tränen."

„Echt? Kennst du ein paar von denMitarbeitern?"

„Eher indirekt", antwortet sie.„Ich war aber bei dem einen oder anderen Einstellungsgesprächdabei."

Ich nicke langsam und schaue Ninaverständnisvoll an. Das ist sicher nicht einfach für sie. Zum Glückhabe ich als neue Mitarbeiterin genug Abstand und kenne die Personennicht. „Und sie werden alle bis zum Monatsende gekündigt?"

Jacob zuckt mit den Schultern. „Oderbis zum Ende freigestellt. Kann durchaus sein, dass die Verträgenoch 1 oder 2 Monate länger gehen. Aber es ist günstiger, sie jetztschon aus dem Unternehmen zu werfen."

„Verstehe. Auf diese Weise zahlt dieFirma kein Zuschuss zum Essen und dergleichen."

„Soweit ich gesehen habe, betrifft esin der ersten Welle nur die Mitarbeiter in den einzelnen Filialen",entgegnet Jacob.

Nina hebt einen Finger. „Wart's ab,Jacob. Die Zentrale wird von der Kündigungswelle nicht verschont bleiben."

„Ja, die Leute in der Produktion undim Lager. Aber unsere Abteilung ist safe."

Ich sehe das anders. Je weniger Leutein der Firma beschäftigt sind, je weniger Leute braucht es in derPersonalabteilung. Aber das werde ich Jacob nun sicher nicht sagen.Soll er denken, was er will.

Während Nina und Jacob weiter reden,schaue ich über die Liste und bin entsetzt, dass ich fünf Namendavon kenne. Also werden auch fünf Mitarbeiter aus der Filialeentlassen, in der ich vier Jahre lang gejobbt habe. FünfMitarbeiter, die noch auf dem Foto dabei waren, um mir ein schönesAbschiedsgeschenk zu machen. Und nun sperre ich ihre Zugänge.

Ich schlucke schwer, scrolle wiedernach oben und fange an, die Liste zu bearbeiten und dasAustrittsdatum in den Akten zu vermerken. Nachdem ich das ersteDrittel geschafft habe, strecke ich mich ausführlich und schaue aufdie Uhr. „Oh Mist, ich hätte fast dieses Treffen verschwitzt!"

Ich speichere schnell meine Arbeit,nehme den Zettel mit der Zimmernummer und der Uhrzeit und fahremeinen Laptop runter.

Nina schmunzelt kurz. „Viel Spaß,Juliana. Und sag mir später, mit wem von der GF du ausgehen würdest."

„Mit keinem", antworte ich direkt.Natürlich kann ich über diesen Scherz nur lachen. Als wenn ich michan einen Chef ranmachen würde... Da kann er noch so gut aussehen.Außerdem kommt eh niemand an Ethan ran.

Seufzend gehe ich zum Fahrstuhl undschimpfe innerlich mit mir, weil ich schon wieder an Ethan denke. Ambesten flirte ich einfach mit einem Kollegen und schaue mal, wasdaraus wird. Dann vergesse ich auch endlich Ethan.

In der obersten Etage stehen bereitsein paar Personen vor einer geschlossenen Tür und ich stelle michdazu. „Hey. Hier ist gleich der Sitzkreis der anonymen Neulinge?"

Ich ernte ein paar Lacher und ein Mannreicht mir sogar direkt die Hand und lächelt freundlich. „Hi, ichbin Ryan. Bin ich jetzt immer noch anonym?"

„Solange ich deinen Nachnamen unddeine Abteilung nicht kenne", erwidere ich scherzend. Mir gefälltseine offene Art, daher ergreife ich die Hand.

Der erfundene FreundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt