Ich wähle auf meinem Handy die Nummervon Charlotte. Es klingelt nur zwei Mal, ehe sie das Gesprächannimmt. „Hey Juliana. Danke für deinen Rückruf. Wegen heuteAbend..."
Innerlich mache ich einenFreudenhüpfer, weil Charly mir nun sicher sagen wird, dass es leidernicht klappt und ich bedauernswerter Single einen Abend alleine aufmeiner Couch verbringen muss.
„...eigentlich wollte ich mit dirzusammen hingehen und dir zeigen, wo du dich am besten hinsetzt."Charly macht eine dramatische Kunstpause und ich verdrehe kurz dieAugen. „Aber ich schaffe das zeitlich bedauerlicherweise nicht. Können wir unsdirekt vor Ort treffen? Vielleicht komme ich auch ein paar Minutenspäter."
„Ja, kein Problem. Ich weiß ja, wodie Kunstschule ist."
„Hör zu, Owen, dieser heißeStudent, sitzt meistens ganz vorne rechts."
„Alles klar, dann werde ich auch soweit rechts sitzen, wie möglich", entgegne ich mit einemaufgesetzten Lächeln.
„Fang am besten schon bei der Sessionan, mit ihm zu reden. Er malt meistens mit einem Bleistift. Dukönntest ihn nach einem Radiergummi fragen", schlägt Charlottevor.
Ich fange kurz an zu lachen, halte mirdann aber schnell die Hand vor den Mund. „Charly, lass mich einfachmachen. Ich weiß schon, wie man flirtet."
„Ich will nur bei der Modeagenturunter Vertrag. Wenn er dir gefällt, dann kannst du gerne öfter mitihm ausgehen."
„Bestimmt nicht, Charly. Dieses eineDate und du nutzt dabei deine Chance", erkläre ich, um ihr direktklarzumachen, dass es eine einmalige Sache bleibt.
„Owen ist echt ein Leckerbissen. Ichgarantiere dir, wenn du ihn erst gesehen hast, dann willst duhäufiger mit ihm daten."
„Ja, mal sehen. Ich muss nun aberecht wieder rein. Meine Schicht fängt bald an", würge ich sie ab,da sie sonst nie locker lassen würde. Außerdem wartet meineWahrscheinlichkeitsrechnung noch auf mich.
„Aber doch erst in einer dreiviertelStunde. Hör mal, July... Owen wird irgendwann die Firma seinesVaters leiten. Vielleicht könntest du ja dort nach deinem Studiumarbeiten."
„Ich habe schon einen Job, Charly.Einen wirklich guten Job."
„Ja, im Marketing. Aber du wolltestins Personalwesen. Wenn es um den zukünftigen Job geht, sollte mansich nicht mit dem erstbesten Angebot zufriedengeben."
„Der Job ist wirklich gut und dieBezahlung ist super", halte ich dagegen.
„Stell dir vor, dein Job ist deinFreund. Dann willst du doch auch jemanden haben, mit dem du glücklichbist. Und nicht so einen doofen Kompromiss eingehen, nur weil es aufden ersten Blick praktisch ist."
„Charly... Müssen wir das jetztwirklich wieder durchkauen?"
Charlotte seufzt am Telefon und ichhöre ihre Unzufriedenheit deutlich aus dem Laut heraus. „Also,sehen wir uns heute Abend am Campus?"
„Klar."
„Ach... Und wegen Owen. Du wirst ihnmögen. Und ich wette mit dir, du wirst die nächsten Tage überniemand anderen reden."
„Ja, aber denk dran, dass da nochder..." Ich schaue mich kurz um. Natürlich steht ein Kollege ausdem Verkauf nur ein paar Meter weiter. Also kann ich nun schlechtüber Ethan reden. „Da ist noch der heiße Typ, von dem ich dirgestern erzählt habe. Ich werde also mal gucken, ob er einen Eheringträgt."
„Wenn nicht, musst du unbedingt einDate klarmachen!"
„Das... Wir haben noch nicht malNummern getauscht."
„Frag ihn einfach. Und heute Abendmusst du mir alles erzählen!"
„Später, Charly. Ich muss noch einwenig was für die Uni machen und gleich arbeiten."
„Hauptsache, du erzählst mir heuteAbend jedes Detail." Dabei höre ich deutlich, dass Charly bis überbeide Ohren grinst.
„Nach der Sache mit Owen.Versprochen."
Was habe ich da gerade nur getan? Inder Hoffnung, sie lässt endlich locker, habe ich nur eine weitereSchublade aufgemacht. Owen und Ethan also... Dabei bin ich wirklichnicht der Typ, der zweigleisig fährt.
Wir verabschieden uns schnell und ichgehe wieder rein in den Pausenraum. Ich habe viel zu lange mitCharlotte telefoniert und die Rechnung werde ich jetzt nicht mehrschaffen.
Ich greife nach dem Block und will ihngerade schließen, als ich sehe, dass die Rechnung bereits gelöstwurde. Verwundert setze ich mich an den Tisch und gehe die Zahlendurch. Selbst die Zwischenrechnungen wurden gründlich notiert,sodass ich einfach jeden Rechenweg nachvollziehen kann.
Die Zahlen erscheinen logisch und dieRechnung sieht weniger kompliziert aus, als ich sie angehen wollte.Es ist viel simpler, als es in der Uni erklärt wird, indem dieRechnung aufgefächert wird. Mehrere kleine Rechnungen, die am Endezusammen greifen.
Trotzdem rechne ich alles nochmal nachund komme natürlich auf dasselbe Ergebnis. Also lege ich meineSachen zusammen und schließe alles in meinen Spind. Danach nehme ichmein Oberteil aus dem Rucksack und ziehe es darüber.
Pünktlich zu Beginn meiner Schichtgehe ich ins Lager, wo Ethan bereits dabei ist ein paar Kartonsauszupacken. Also gehe ich zu ihm und helfe ihm dabei. Anschließendnehmen wir die kleinen Scanner und gehen in den Laden. Ich führe ihndurch die einzelnen Gänge und wir scannen die Produkte, wo wirRegale auffüllen müssen.
Obwohl ich Ethan das System nur einmalerkläre, versteht er es auf Anhieb und ich nehme meinen eigenenScanner. Wir arbeiten uns durch die Regale und führen dabeiSmalltalk.
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Der erfundene Freund
RomanceIch stehe kurz vor meinem Abschluss an der Uni, jobbe nebenbei und habe einfach keine Zeit für einen Freund. Trotzdem versucht meine beste Freundin mich immer wieder zu verkuppeln. Und dann ist da noch der neue Lagerarbeiter, der mir den Kopf verdre...