Kapitel 37: Der neue Job

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Seit einer Woche arbeite ich nun in der Personalabteilung. Und ich scanne immer noch die alten Akten ein. Eine Arbeit, die mich mittlerweile wirklich nervt. Täglich gehe ich zu April und erinnere sie daran, dass ich immer noch keinen Laptop habe.

Meine Chefin seufzt leise. „Heute wird die EDV vorbeikommen. Das hatte ich Ihnen gestern per Mail geschrieben."

„Per Mail", wiederhole ich und hebe dabei beide Augenbrauen. Wie soll ich ohne meinen Laptop eine Maillesen?

Die Mundwinkel von April zucken kurz, als ihr das wohl auch bewusst wird. „Oh, stimmt. Die Zugänge sind aber noch nicht alle eingerichtet."

„Alles klar. Dann warte ich mal auf die EDV. Danke, April." Ich gehe wieder runter in die Personalabteilung und gebe Nina Bescheid, dass die EDV heute noch kommt, um mir meinen Laptop zu bringen.

„Oh, das wurde aber auch echt Zeit", kommentiert Nina.

Jacob mischt sich natürlich sofort wieder ein. „Denk an Mika, der hat fast drei Wochen auf seinen Laptop gewartet."

Die zwei reden weiter über Mika, also gehe ich wieder in den Nebenraum und scanne wieder Akten ein. Bis zur Mittagspause ist niemand von der EDV da gewesen, also gehe ich runter in die Kantine, um dort etwas zu essen. Es schmeckt viel besser als der Fraß in der Uni und ist auch nur geringfügig teurer, dadurch, dass die Firma einen guten Teil davon übernimmt.

Auf jeder Etage gibt es sogar eine eigene Küche mit Mikrowelle, Kaffeeautomaten, Wasserkocher, sowie Teebeutel und einen Wasserspender. Alles kostenlos, sogar laktosefreie Milch. Jedes Mal, wenn ich mein Glas am Wasserspender auffülle, denke ich an Ethan und seinen ersten Arbeitstag in der Filiale. Obwohl ich mittlerweile weniger an ihn denke. Aber es schmerzt noch immer, dass aus uns nie etwas geworden ist.

Am schlimmsten daran ist die Tatsache, dass ich Charlotte beinahe jeden Tag erzähle, ich würde mit Ethan telefonieren oder wir würden uns treffen. Gestern erst fragte sie, wann Ethan denn mal wieder zu mir zu Besuch kommt und mittlerweile fällt es mir immer schwerer, sie davon zu überzeugen, dass mein erfundener Freund tatsächlich existiert.

„Ich sage ihr die Wahrheit... Direkt heute Abend", murmele ich zu mir selbst.

Zurück in der Personalabteilung ist die EDV gerade da und stellt einen großen Monitor auf den Schreibtisch. Tastatur, Maus, eine Dockingstation und alles, was dazugehört. Erleichtert darüber, dass ich nun endlich arbeiten kann, schaue ich dem ITler zu, wie er alles aufbaut. Und danach muss mein Laptop noch Updates fahren.

Also gehe ich doch wieder rüber ins Archiv und scanne die scheiß Dokumente ein, damit ich nicht untätig herumsitzen muss. Dabei stoße ich ausgerechnet auf die Akte von Ethan Jones. Die Akte

wurde bereits vor sechzehn Jahren angelegt. Aber sie enthält nur seinen Namen. Keine Adresse, kein Geburtsdatum, keine Steuernummer, keine Bankverbindung, nichts.

Seit sechzehn Jahren im Unternehmen. Irgendwie seltsam. Ich hätte Ethan auf Anfang 30 geschätzt. Aber er kann ja wohl kaum als Teenager im Unternehmen angefangen haben. Es steht auch da, wann er angefangen hat, aber es wurde nie ein Austrittsdatum vermerkt. Ein Dummy? Dann würde es Ethan Jones 2x geben.

Ich scanne das Blatt ab, werfe es danach allerdings nicht in den Aktenvernichter, sondern lege das Blatt bei Seite. Danach schaue ich mal wieder ins Büro und frage denITler nach einem Zwischenstand. Immerhin habe ich schon auf eine handvoll der Systeme Zugriff, unter anderem meinen Mailaccount. Was die anderen Programme angeht, würde ich per Mail die Zugangsdaten erhalten. Und kurz darauf ist der Mann von der EDV auch schon weg.

Nina schaut zu mir herüber. „Oh, das wurde aber auch echt Zeit. Zeig mal, kommst du an alle Mails dran?" Sie rollt mit ihrem Drehstuhl zu mir rüber und sie zeigt mir die einzelnen Ordner, in denen die Mails eingehen.

In einem Ordner sind +999 E-Mails. Und ausgerechnet diesen Ordner öffnet Nina. Die Büchse der Pandora und mit Sicherheit weitere ABM für mich. Arbeit, die ich verrichten soll, weil ich die Neue bin und eigentlich eh nicht in dieser Abteilung gebraucht werde. Das ist echt bitter.

Derweil erklärt mir Nina alles: „Hier kommen die eingescannten Dokumente hin. Die müssen nun alle einzeln aufgerufen und verschlagwortet werden." Meine Kollegin öffnet eine Mail, klickt den Anhang an und geht auf „Druck DAS". Danach sucht sie auf meinem Desktop ein Symbol. „DAS" Sie klickt es an, allerdings öffnet sich ein Anmeldefenster. Benutzername und Passwort sind leer.

„Hm, normalerweise wird das automatisch ausgefüllt", murmelt Nina und zuckt dann mit den Schultern. „Wahrscheinlich bist du im D.A.S. noch nicht angelegt."

„Und was ist das DAS?", frage ich neugierig.

„Das ist die Kurzform für Dokumenten-Ablage-System. Darüber ordnen wir die Dokumente den Mitarbeitern zu." Nina rollt wieder zu ihrem Schreibtisch und öffnet das Programm an ihrem Laptop, wie ich so halb aus meinem Blickwinkel erkennen kann. „Es hat aber geklappt. Das Dokument ist im DAS. Schau mal."

Also stehe ich auf, gehe zu ihr und schaue Nina über die Schulter. Sie öffnet das Dokument und klickt auf „Schlagwort", dort gibt sie die Personalnummer von dem Mitarbeiter ein und schon ist das Dokument weg. Nina öffnet ein weiteres Programm, gibt dort unter der Suche die Personalnummer ein und dort sehe ich nun auch das Dokument, das ich eingescannt habe.

„Wir ordnen im DAS vor, damit wir die Daten auch im richtigen Ordner haben. Allgemeines, Verträge, Zusatzvereinbarungen, Stammdaten, Bankverbindung, Abteilung, Vorgesetzter, ..."

Ich überfliege die einzelnen Positionen und nicke kurz. Soweit alles verständlich und gut strukturiert. Gepflegte Daten sind wirklich wichtig. „Also gebe ich die Personalnummer an und in welche Rubrik das Dokument soll. Alles klar."

Wir gehen wieder zu meinem Arbeitsplatz. Ich öffne bei mir das Icon für HR Works und komme auch problemlos rein.

„Oh je, du hast nur abgespeckte Rechte..." Nina nimmt mir die Maus aus der Hand und klickt so schnell in dem System herum, dass ich ihr kaum folgen kann.

Aber ich sehe zumindest, dass ich nur meine Daten sehe, aber nicht die der Mitarbeiter. „Naja, zumindest kann ich die Mails schon mal an das D.A.S. schicken."

„Ja, dann haben wir bald alles digital und können das Zimmer nebenan endlich umräumen."

Bis zum Ende meiner Schicht gehe ich in das besagte Zimmer und scanne noch einige Akten ein. Unglaublich anspruchslose, eintönige und langweilige Arbeit.

Der erfundene FreundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt